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Abstimmungsverhalten zu Ukraine-Hilfen bleibt in Kritik

Noch Ende Februar hatte Ministerpräsidentin Manuela Schwesig nicht ausgeschlossen, dass die 20 Millionen Euro aus der umstrittenen Klimaschutzstiftung des Landes, die einstmals aus Russland kamen, in humanitäre Zwecke fließen könnten.

  • Veröffentlicht März 15, 2022
Blau-gelb beleuchtet wurde das Schloss Schwerin, Landtagssitz in MV, als Zeichen der Anteilnahme mit der Ukraine. | Foto: privat

Wenn es um Russland und die Ukraine geht, hat die Regierungskoalition – speziell die SPD unter Führung ihrer Parteivorsitzenden Manuela Schwesig – derzeit ein goldenes Händchen, für bundesweite Aufmerksamkeit zu sorgen. Bleibt Mecklenburg-Vorpommern sonst doch eher unter dem Radar der bundespolitischen Beachtung, sieht es anders aus, wenn es um die Russlandbeziehungen speziell der SPD und um das Handeln in der aktuell von Russland heraufbeschworenen Kriegssituation in der Ukraine geht. Nachdem erst vor kurzem ein Post von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig den Unmut des ukrainischen Botschafters und Teilen der Landes- und Bundespolitik auf sich zog, ist es nun die Debatte um 20 Millionen Euro, die einem Antrag von CDU, FDP und Grünen im Landtag von M-V zufolge als humanitäre Hilfe in die Ukraine fließen sollten.

 

Russland-Gelder für humanitäre Hilfe in der Ukraine

Die Herkunftsidee des Geldes ist dabei durchaus speziell. Denn CDU, FDP und Grüne fordern nicht etwa, Gelder aus dem Landeshaushalt zu nehmen. Vielmehr handelt es sich um die 20 Millionen Euro, die einst der russische Staatskonzern Gazprom, beziehungsweise dessen Tochterunternehmen Nord Streem AG, in die von Manuela Schwesig mit aller Kraft installierte und vom ersten Tag an bundesweit umstrittene Landesstiftung für Klima- und Umweltschutz schob. Eine Stiftung, die unter dem Deckmantel klimaschützerischer Aktivitäten den Hauptzweck verfolgte, ein Prestigeprojekt des russischen Präsidenten Wladimir Putin und seiner staatliche Gazprom gegen nationale und internationale Widerstände und sogar vorbei an US-amerikanischen Sanktionen zu realisieren. Die Rede ist von der Pipeline Nordstreem 2.

Das Ziel der Antragssteller hat also durchaus ein „Geschmäckle“ wie man im Südwesten Deutschlands wohl sagen würde. Aber im positiven Sinn. Denn es sind Gelder aus dem Portemonnaie derer, die nun Krieg gegen die Ukraine betreiben. Eben diese Mittel wollten die antragstellenden Fraktionen nun zumindest für einen guten Zweck – konkret zugunsten der von Russland in einen Krieg gezwungenen Ukraine einsetzen.

 

Facebook-Post von Manuela Schwesig am 28. Februar 2022 (Auszug) | Screenshot

Schwesig: Prüfung Gelder für humanitäre Zwecke zu nutzen

Damit würden die russischen Gelder also direkt dorthin fließen, wo Russland nun für Zerstörung, Verwüstung, Not und Elend sorgt. In einem Facebook-Post von Ministerpräsidentin Manuela Schwesig am 28. Februar 2022, in dem sie ihre plötzliche, komplette Kehrtwende in ihrer Russlandpolitik darstellte, hatte die SPD-Landesvorsitzende selbst noch davon gesprochen, dass geprüft würde, „die von Nordstream zur Verfügung gestellten Stiftungsgelder für humanitäre Zwecke einzusetzen.“ Und die Zeichen standen offenbar auch ansonsten gut: „Die Forderung zur Umwidmung der Zustiftung des russischen Unternehmens Gazprom in Höhe von 20 Mio. Euro für humanitäre Hilfe in der Ukraine wurde durch die Landesregierung begrüßt“, so Franz-Robert Liskow, CDU-Fraktionsvorsitzender noch am Montag vergangener Woche auf Facebook.

 

SPD, Linke und AfD gegen Ukraine-Antrag

Alles schien also zusammen zu passen. Passte aber nicht, als es zum Schwur kam, wie sich in der entscheidenden, hitzig geführten Landtagsdebatte zeigte. „Verwerflich, niederträchtig und schäbig nennt die Linkskoalition den Antrag von CDU, FDP und Grünen zur humanitären Hilfe für die Ukraine. Das war wirklich ein Tiefpunkt für die politische Kultur in diesem Parlament“, fasste Sebastian Ehlers, Parlamentarischer Geschäftsführer der CDU-Landtagsfraktion, die Sitzung kurz und knapp zusammen. Die Koalitionsfraktionen von SPD und Linke sprachen von rechtlichen Hürden. Zudem würde man mit der Aufnahme von Flüchtlingen aus der Ukraine bereits helfen. Bemerkenswert auch das Argument, die Zuständigkeit für entsprechende Hilfen läge beim Bund. Dass auch die Zuständigkeit für die Außenpolitik beim Bund liegt, und Ministerpräsidentin Schwesig eben nicht Bundesaußenministerin war oder ist, hatte zumindest die SPD bislang großzügig übersehen.

Facebook-Post Sebastian Ehlers, 12. März 2022 | Screenshot

Schon das allein hätte vermutlich ausgereicht, um auch bundespolitisch für Unruhe zu sorgen. Hinzu kam aber, dass SPD und Linke zusätzliche Schützenhilfe von der AfD bekamen. „Bei Putin stehen Manuela Schwesig, SPD MV, die Linke und AfD fest zusammen! Weigern sich, erhaltenes russisches Lobbygeld für humanitäre Zwecke in der Ukraine einzusetzen“, twitterte daraufhin der frühere CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak.

 

Twitter-Tweet Paul Ziemiak | Screenshot
Letztlich offen ist allerdings noch immer, wie es mit der Stiftung weitergeht, deren Auflösung spät aber doch auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig forderte und die der Landtag beschlossen hat. Denn Vorstand und Ex-Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), hatte grundsätzliche, rechtliche Bedenken hinsichtlich einer Auflösung geäußert. Angekündigte Gespräche zwischen Landesregierung und Stiftungsvorstand haben offenbar bislang allerdings noch nicht stattgefunden.
Schwerin, 15.03.2022
Manuela Schwesig
Sebastian Ehlers
Mecklenburg-Vorpommern 
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Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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