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Steuern, Wettbewerb und Marktmechanik:
Warum Tanken in Schwerin so teuer bleibt

Trotz sinkender Ölpreise bleibt Tanken in Schwerin teuer. Steuern, internationale Märkte und lokale Wettbewerbsmuster bestimmen den Preis – Entlastung für Autofahrer ist kaum in Sicht.

  • Veröffentlicht August 19, 2025
Benzinpreise Schwerin
Hohe Steuern, glob­ale Märk­te und lokaler Wet­tbe­werb hal­ten den Ben­z­in­preis in Schw­erin sta­bil hoch, trotz sink­ender Ölpreise. Foto. Sym­bol­bild

 

Wer derzeit in Schw­erin an die Zapf­säule fährt, wun­dert sich. Ein Liter Super E10 kostet im Stadt­ge­bi­et aktuell zwis­chen 1,66 und 1,75 Euro, je nach Tankstelle und Tageszeit. Diesel ist nur ger­ingfügig gün­stiger. Viele Aut­o­fahrer fra­gen sich: Wieso schwanken die Preise so stark? Und warum bleiben sie trotz gesunken­em Ölpreis im inter­na­tionalen Markt auf einem ver­gle­ich­sweise hohen Niveau? Ein genauer Blick auf die Zusam­menset­zung des Ben­z­in­preis­es, die Mech­a­nis­men des Wet­tbe­werbs und Stim­men aus der Branche gibt Antworten.

Steuern als größter Kostentreiber

Der wichtig­ste Fak­tor für die hohen Sprit­preise in Schw­erin, wie auch im Rest der Repub­lik, sind die staatlichen Abgaben. Nach Berech­nun­gen des ADAC ent­fall­en rund 61 Prozent des End­preis­es auf Steuern. Dazu gehören die Energi­es­teuer von 65,45 Cent pro Liter Ben­zin, die CO₂-Abgabe, die 2025 bei 45 Euro pro Tonne liegt und etwa 1,5 Cent pro Liter aus­macht, sowie die Mehrw­ert­s­teuer von 19 Prozent.

 

Die Zusam­menset­zung des Ben­z­in­preis­es. Grafik: Bun­desver­band freier Tankstellen e. V.

 

Der Bun­desver­band freier Tankstellen (bft) rech­net dies konkret vor: Bei einem Verkauf­spreis von 1,76 Euro pro Liter Super E10 ent­fall­en 1,02 Euro auf Abgaben, während der reine Waren­wert für Rohöl, Raf­finierung, Trans­port und Ver­trieb lediglich 74 Cent beträgt. Auch wenn der Ölpreis also am Welt­markt fällt, bleibt ein Sock­el­be­trag beste­hen, den der Staat durch Steuern vorgibt. Für Ver­brauch­er in Schw­erin bedeutet das: Der Spiel­raum für Preis­senkun­gen ist begren­zt.

Marktmechanik: Rotterdam wichtiger als Rohöl

Ein weit­er­er Grund, warum die Preise in Schw­erin rel­a­tiv hoch bleiben, liegt in den inter­na­tionalen Mark­t­mech­a­nis­men. Der Preis an den Tankstellen fol­gt nicht direkt dem Rohöl­preis, son­dern dem Großhan­del­spreis in Rot­ter­dam, wo Ben­zin und Diesel für den europäis­chen Markt gehan­delt wer­den. Dieser Preis wird nicht nur durch das Rohöl bes­timmt, son­dern auch durch Raf­finer­ieka­paz­itäten, Trans­portkosten und inter­na­tionale Nach­frage.

Hinzu kommt der Wech­selkurs: Da Öl in US-Dol­lar gehan­delt wird, ver­teuert ein schwach­er Euro die Kraft­stof­fim­porte nach Europa. So erk­lärt sich, warum sink­ende Ölpreise nicht automa­tisch in Schw­erin ankom­men. Auch Verzögerungsef­fek­te spie­len eine Rolle: Tankstel­len­be­treiber kaufen Kraft­stoff oft über länger­fristige Verträge ein, sodass Preis­senkun­gen erst Wochen später durch­schla­gen.

Wettbewerb in Schwerin: teuer am Morgen, günstiger am Abend

 

 

Ein Blick auf die Preis­di­a­gramme für Schw­erin zeigt ein klares Muster. Früh­mor­gens zwis­chen 5 und 7 Uhr liegen die Preise fast immer am höch­sten. Im Laufe des Tages sinken sie schrit­tweise und erre­ichen meist zwis­chen 18 und 20 Uhr ihr Tagestief. Der Unter­schied kann bis zu zehn bis zwölf Cent pro Liter betra­gen, bei ein­er 50-Liter-Tank­fül­lung also bis zu sechs Euro.

Die Erk­lärung dafür ist ein­fach: Mor­gens, wenn Pendler zur Arbeit fahren, ist die Nach­frage hoch. Aut­o­fahrer acht­en weniger auf Preise, weil sie tanken müssen. Tankstellen nutzen das, um höhere Preise durchzuset­zen. Abends hinge­gen ist die Nach­frage niedriger, der Wet­tbe­werb zwis­chen den Anbi­etern inten­siv­er und die Preise sinken.

Das Bun­deskartel­lamt überwacht diesen Prozess seit Jahren über die Mark­t­trans­paren­zstelle für Kraft­stoffe (MTS‑K). Jede Tankstelle in Schw­erin muss Preisän­derun­gen in Echtzeit melden. Die Behörde hat in mehreren Bericht­en bestätigt, dass es sich dabei nicht um ille­gale Absprachen han­delt, son­dern um ein typ­is­ches Muster des Wet­tbe­werbs.

Stimmen aus der Branche

Auch die Min­er­alölkonz­erne selb­st äußern sich zu den Preis­de­bat­ten. Aral-Chef Achim Bothe sagte im Som­mer 2025 in einem Inter­view mit der „Auto-Zeitung”, dass alter­na­tive Kraft­stoffe stärk­er unter­stützt wer­den müssten:

„Wir brauchen poli­tis­che Steuer­an­reize für emis­sion­särmere Kraft­stoffe. HVO und unsere Futu­ra-Pro­duk­te sparen bis zu 85 Prozent CO₂ im Ver­gle­ich zu fos­silen Kraft­stof­fen. Das kön­nte schon heute ein wichtiger Hebel für mehr Kli­maschutz im Straßen­verkehr sein.“

Gle­ichzeit­ig kri­tisierte Bothe das abrupte Ende der staatlichen Förderung für Elek­troau­tos als „falsches Sig­nal“, weil es die Investi­tions­bere­itschaft schwäche.

Shell hinge­gen geri­et 2024 in die Schlagzeilen, als das Landgericht Ham­burg dem Konz­ern unter­sagte, mit „CO₂-neu­tralem Fahren“ zu wer­ben. Die Begrün­dung: Die zugrunde liegen­den Kom­pen­sa­tion­spro­jek­te seien nicht aus­re­ichend über­prüf­bar. Umweltver­bände war­fen Shell zudem vor, frag­würdi­ge Klimagutschriften in seine Strate­gie einzubauen.

Diese Stim­men zeigen: Während Aral den Fokus auf kli­mafre­undlichere Pro­duk­te legt, ste­ht Shell stärk­er in der Kri­tik, was Trans­parenz und Glaub­würdigkeit bet­rifft.

Fazit: Schweriner Autofahrer bleiben belastet

Für Aut­o­fahrer in Schw­erin bedeutet all das: Bil­lig wird das Tanken auch kün­ftig nicht. Der Großteil des Preis­es geht auf staatliche Abgaben zurück, der Rest hängt von inter­na­tionalen Märk­ten und tageszeitlichen Schwankun­gen ab. Zwar kön­nen Ver­brauch­er durch geschick­tes Tanken, am besten abends, etwas sparen, doch die generelle Belas­tung bleibt.

Wer am Mor­gen auf dem Weg zur Arbeit tankt, zahlt fast immer drauf. Wer abends tankt, kann immer­hin ein paar Cent sparen. Doch am Grund­prob­lem ändern auch diese Tipps nichts: Der Ben­z­in­preis in Schw­erin bleibt hoch und er ist ein Spiegel­bild aus Steuer­poli­tik, inter­na­tionalen Märk­ten und lokalem Wet­tbe­werb. Wer derzeit in Schw­erin an die Zapf­säule fährt, muss tief in die Tasche greifen. Ein Liter Super E10 kostet im Stadt­ge­bi­et aktuell zwis­chen 1,66 und 1,70 Euro, je nach Tankstelle und Tageszeit. Diesel ist nur ger­ingfügig gün­stiger.