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Debatte um Umgang mit der AfD:
Brandmauer überparteilich beenden – FDP-Stadtvertreter Paul Bressel fordert ein Umdenken

FDP-Stadtvertreter Paul Bressel fordert ein Ende der „Brandmauer“ zur AfD und warnt vor gesellschaftlicher Spaltung. Warum er FDP und CDU zu einem neuen Kurs aufruft – jetzt im Interview.

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  • Veröffentlicht Februar 6, 2025
Paul Bressel
Der FDP-Poli­tik­er Paul Bres­sel fordert ein Umdenken im Umgang mit der AfD. Foto: Dario Rochow

 

In einem Post, das am ver­gan­genen Dien­stag auf dem Insta­gram-Kanal des Bünd­niss­es „Allianz für Frei­heit” (AFF) veröf­fentlicht wurde, schrieb Paul Bres­sel, AFF-Vor­standsmit­glied und FDP-Stadtvertreter, dass „die Brand­mauer drin­gend über­parteilich been­det wer­den” müsse.

Im Inter­view mit SNO|Schwerin Lokal spricht er darüber, warum er die „Brand­mauer” gegenüber der AfD infrage stellt. Ist sie wirk­lich ein Schutz der Demokratie – oder eher ein tak­tis­ches Machtin­stru­ment?  Bres­sel fordert ein Umdenken im Umgang mit der Partei und betont, dass Aus­gren­zung zur Radikalisierung führen könne. Doch wo zieht er selb­st die Gren­ze, und unter welchen Bedin­gun­gen wäre eine Zusam­me­nar­beit für ihn denkbar?

Sie kri­tisieren die „Brand­mauer“, also den Beschluss Ihrer Partei und der CDU nicht mit der AfD in ein­er Koali­tion oder ähn­lichen Kon­stel­la­tio­nen zusam­men­zuar­beit­en. Was genau ver­ste­hen
Sie unter Demokratie, und inwiefern wider­spricht eine Abgren­zung zu bes­timmten Parteien diesem Prinzip?

Ich kri­tisiere nicht den Beschluss mein­er Partei. Ich möchte lediglich, dass wir anfan­gen, neu zu denken. Die Ver­gan­gen­heit hat uns gelehrt, dass wir die AfD nicht mit Lichter­ket­ten und Brand­mauern klein machen kön­nen. Daher soll­ten wir uns schnell­stens über­legen, welche Wege es
noch gibt. Hier im Land liegt die AfD aktuell bei über 30 Prozent – das hat seine Gründe.

Zumal wir auch bedenken müssen, dass die Brand­mauer ein Instru­ment der wok­en links-grü­nen Parteien­land­schaft ist, um sicherzustellen, dass frei­heitliche Koali­tio­nen und lib­er­al-kon­ser­v­a­tive Poli­tik nicht umge­set­zt wer­den kön­nen. Mit ihr sich­ern sich die genan­nten Parteien stets eine Regierungs­beteili­gung und ver­hin­dern frei­heitlich-kon­ser­v­a­tive Regierun­gen.

Aber ist die „Brand­mauer“ nicht  viel mehr eine poli­tis­che Entschei­dung als ein anti­demokratis­ches Instru­ment? Parteien haben doch das Recht, Koali­tio­nen nach ihren inhaltlichen Überzeu­gun­gen zu gestal­ten.

Das ist abso­lut kor­rekt! Das Prob­lem liegt vielmehr darin, dass wir das Sou­verän langfristig ignori­eren, gesellschaftliche Mehrheit­en moral­isieren und aus­gren­zen. Das funk­tion­iert nur so lange, bis sich die bürg­er­lichen Mehrheit­en radikalisieren und den Glauben an die Demokratie
ver­lieren. Das müssen wir ver­hin­dern!

Andern­falls gefährden wir die Demokratie in unserem Land.

Zumal wir auch bedenken müssen, dass die Brandmauer ein Instrument der woken links-grünen Parteienlandschaft ist, um sicherzustellen, dass freiheitliche Koalitionen und liberal-konservative Politik nicht umgesetzt werden können.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Paul Bressel, FDP-Stadtvertreter 

Bedeutet Ihr State­ment, dass Sie für eine Aufwe­ichung oder gar eine Abschaf­fung der Brand­mauer gegenüber der AfD ein­treten?

Ja, genau! Das State­ment ruft dazu auf, aktiv nach neuen Wegen zu suchen, um den gesellschaftlichen Zusam­men­halt zu stärken und die Demokratie zu schützen. Wenn das Sou­verän ignori­ert und Mehrheit­en moral­isiert oder aus­ge­gren­zt wer­den, kann das zu Radikalisierung führen.

Daher ist es wichtig, offen für Dia­log zu bleiben, unter­schiedliche Mei­n­un­gen ernst zu nehmen und kon­struk­tive Lösun­gen zu find­en.

 

 

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Ein Beitrag geteilt von Allianz Für Frei­heit (@allianzff)

 

Die FDP gren­zt sich offiziell von der AfD ab. Wider­sprechen Sie hier der Parteilin­ie?

Nein, ich gren­ze mich auch von der AfD ab! Solange ein Björn Höcke, der für mich ein absoluter Antikap­i­tal­ist und völkisch­er Sozial­ist ist, sein Unwe­sen in dieser Partei treibt, ist mit dieser Partei nichts anz­u­fan­gen. Wenn die AfD es wirk­lich ernst meint, muss sie anfan­gen, sich von den völkischen, antikap­i­tal­is­tis­chen und sozial­is­tis­chen Flügeln und Per­so­n­en zu tren­nen.

Warum betra­cht­en Sie Koali­tio­nen zwis­chen FDP, CDU und AfD als „frei­heitlich“, obwohl ger­ade die AfD vielfach als illib­er­al eingestuft wird?

Die AfD ist aktuell keine frei­heitliche Partei. Allerd­ings würde sie, rein the­o­retisch betra­chtet, in ein­er Koali­tion mit zum Beispiel der FDP und der CDU unter Kon­trolle ste­hen und demokratis­che Poli­tik mit­gestal­ten. Das kön­nte zur Kon­se­quenz eine Entradikalisierung bedeuten. Dies wäre wün­schenswert, um langfristig wieder frei­heitlich-kon­ser­v­a­tive Regierun­gen zu etablieren.

Welche konkreten Inhalte der AfD wür­den Sie als mit der lib­eralen DNA der FDP vere­in­bar anse­hen?

Beim The­ma Wirtschaft haben wir in unseren Wahl­pro­gram­men, also die der FDP, CDU und der AfD dur­chaus Über­schnei­dun­gen.

Wie ste­hen Sie zu den Posi­tio­nen der AfD in Bezug auf Bürg­er­rechte, Rechtsstaatlichkeit und Mark­twirtschaft – klas­sis­che lib­erale Kern­the­men?

Nein, wenn man den Aus­sagen einiger AfD-Poli­tik­er fol­gt, erken­nt man eine absolute Unvere­in­barkeit mit Bürg­er­recht­en und Rechtsstaatlichkeit. Auch beim The­ma freie Mark­twirtschaft gibt es in der AfD Aus­sagen von Poli­tik­ern, die eher sozial­is­tis­che und antikap­i­tal­is­tis­che Ten­den­zen aufweisen.

Wäre eine Koali­tion mit der AfD für Sie denkbar, falls diese sich „mod­er­ater“ gibt oder ihre radikalen Strö­mungen abspal­tet?

Abso­lut, ja! Unter der Voraus­set­zung, dass die AfD endlich anfängt, bei sich aufzuräu­men und sich von anti­demokratis­chen, völkischen sowie antikap­i­tal­is­tis­chen Strö­mungen tren­nt.

Auch beim Thema freie Marktwirtschaft gibt es in der AfD Aussagen von Politikern, die eher sozialistische und antikapitalistische
Tendenzen aufweisen.
                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                                 Paul Bressel, FDP-Stadtvertreter 

Die FDP ver­ste­ht sich als Partei der indi­vidu­ellen Frei­heit und des Rechtsstaats. Glauben Sie, dass eine Zusam­me­nar­beit mit der AfD diese Prinzip­i­en gefährden kön­nte?

Nein, das glaube ich nicht. Die FDP ste­ht im Kern für ihre eige­nen The­men. In unser­er par­la­men­tarischen Demokratie ist es jedoch üblich, Debat­ten über ver­schiedene The­men zu führen und die best­mögliche Lösung im Sinne der Men­schen zu find­en. Das sollte das Ziel aller sein!

Welche Werte hal­ten Sie für unver­han­del­bar in der Zusam­me­nar­beit mit anderen Parteien?

Die Wahrung der indi­vidu­ellen Men­schen­rechte, die Gle­ich­heit vor dem Gesetz, die Frei­heit, die Sicher­heit und das Eigen­tum sind grundle­gende Prinzip­i­en ein­er demokratis­chen Gesellschaft und sind nicht ver­han­del­bar. Sowie die Wahrung der freien Mark­twirtschaft.

 

»Lies auch: Auch Schw­er­iner Poli­tik­er in Ver­gan­gen­heit von radikalen Mus­li­men bedro­ht

 

Wie reagieren Sie auf Vor­würfe, dass eine Aufwe­ichung der „Brand­mauer“ der AfD Legit­im­ität ver­schafft und somit indi­rekt deren radikale Posi­tio­nen nor­mal­isiert?

Das halte ich für puren Pop­ulis­mus der Linken. Ich frage mal umgekehrt: Wäre die AfD so radikal, wenn sich die CDU und die FDP in der Ver­gan­gen­heit den The­men der Migra­tion gestellt hät­ten? Ich denke nicht. Das The­ma Migra­tion hätte schon vor Jahren ein The­ma der Mitte sein müssen – nur so hät­ten wir den mas­siv­en Auf­stieg der AfD ver­hin­dern kön­nen.

Falls die FDP in Ihrem Kreisver­band mit der AfD zusam­me­nar­beit­en würde – glauben Sie, dass dies bun­de­spoli­tis­che Kon­se­quen­zen für Ihre Partei hätte?

Auf kom­mu­nal-par­la­men­tarisch­er Ebene gibt es keine Brand­mauer. Hier geht es um die Sache – und das ist auch gut so! Nach wie vor gilt, dass wir keine Anträge mit der AfD umset­zen. Allerd­ings werde ich auch keine Anträge mit den Linken – der Ex-SED und den Grü­nen gemein­sam stellen.

Vie­len Dank für das Inter­view!

 

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