Nach Bundestagsabstimmung:
„Wir sind die Brandmauer!“ – Schweriner demonstrieren vor CDU-Büro
Die CDU gerät auch in Schwerin in die Kritik, nachdem die AfD ihrem Antrag im Bundestag zugestimmt hat. Die Teilnehmer einer Kundgebung forderten gestern eine Brandmauer für Toleranz und Vielfalt.

Nach dem Anschlag in Aschaffenburg platzte Friedrich Merz (CDU) der Kragen. Die Union setzte einen Entschließungsantrag auf die Tagesordnung des deutschen Bundestags, um eine Kehrtwende in der Migrationspolitik einzuläuten. Der Antrag wurde am Mittwoch mit knapper Mehrheit durch die Stimmen der AfD verabschiedet. Das am Freitag diskutierte “Zustrombegrenzungsgesetz” wurde im Bundestag abgelehnt. Die gemeinsame Abstimmung der CDU und FDP mit der AfD sorgt im gesamten Bundesgebiet für Proteste.
100 Menschen versammeln sich am Nordufer des Pfaffenteichs
Der Veranstalter der Mahnwache, Sebastian Hüller, zeigte sich über die rege Teilnehmerzahl erfreut. “Ich dachte, ich stehe hier mit fünf Leuten, aber Schwerin kann doch was.” Laut Angaben des Veranstalters versammelten sich 100 Schwerinerinnen und Schweriner an der Nordseite des Pfaffenteichs, um für die Brandmauer zu demonstrieren. Hüller ist Bundestagskandidat für die Grünen und kandidiert für den Wahlkreis 13.

In seiner Rede kritisierte der Bundestagskandidat das Abstimmungsverhalten der CDU und FDP, die erstmals im deutschen Bundestag einen Entschließungsantrag mit Stimmen der AfD verabschiedet hatten. Schnell kam Hüller von der Bundespolitik auf seine Mahnwache zu sprechen: “Es geht nicht darum, heute Hass zu verbreiten, oder die CDU als “Nazis” zu bezeichnen, sondern ein Zeichen für Toleranz zu setzen und dafür zu sorgen, dass es nicht mehr dazu kommt”, so Hüller.
Schweriner ziehen vor das CDU-Büro
Mit selbstgebauten Transparenten und einem großen Banner zogen die Demonstranten vor das CDU-Büro in der Wismarschen Straße. “Wir sind die Brandmauer” und “Wir haben genug Platz”, riefen vereinzelt ein paar junge Männer. Etwas abgeschlagen erinnerte sich ein Jugendlicher noch an die Oberbürgermeisterwahl, wo die Schweriner FDP vor der Stichwahl keine Wahlempfehlung für den amtierenden Oberbürgermeister Rico Badenschier ausgesprochen hatte. Die Stimmung bei den Teilnehmern ist angespannt. Die meisten Schweriner blicken mit Sorge auf die aktuelle Situation. Kurz bevor sich die Demonstranten in Richtung der Wismarschen Straße bewegten, ergriff ein Freiwilliger das Wort. Ihn stört, dass Menschen nur aufgrund ihrer Einwanderungsgeschichte “aktuell so angearscht werden.” Besorgt zeigte sich auch die 17-jährige Annelie Schwarz: “Ich bin von der CDU enttäuscht. Ziel muss es sein, sich demokratische Mehrheiten in der Mitte des Parlaments zu organisieren und nicht auf Teufel komm raus am rechten Rand nach antidemokratischen Mehrheiten zu fischen.” Sie befürchtet, dass die AfD durch solche Aktionen “mehr und mehr relativiert” wird. Vor der Eingangstür des CDU-Büros zündeten die Schweriner Kerzen an, um der Brandmauer zu gedenken und sie wieder aufzubauen.
Kollegen mit Migrationshintergrund haben Angst
Unter dem Balkon des CDU-Büros kam ein freiwilliger Sprecher auf die Situation in den Betrieben zu sprechen. Viele Kollegen mit Migrationshintergrund bereitet die aktuelle Diskussion zur Verschärfung der Migrationspolitik Sorge. Vor allem, dass die CDU die Stimmen der AfD, die in mehreren Bundesländern als gesichert rechtsextrem eingestuft wird, in Kauf genommen hat, sorgt bei Kollegen mit Einwanderungsgeschichte für Unverständnis.
Besonders perfide findet er den Zeitpunkt des Entschließungsantrags.

Wenige Stunden vor der Abstimmung des Entschließungsantrags hat der Bundestag den Opfern des Nationalsozialismus gedacht. “Der Zeitpunkt ist Menschenverachtend”, warf der Sprecher der Union vor. Er zeigte sich auch schockiert darüber, dass Menschen gestern noch gegen die „Remigrations-Pläne” der AfD demonstriert haben und heute Kerzen vor dem CDU-Büro anzünden müssen.
“Kälte mit Wärme begegnen”
Nach einer Stunde versammelten sich die Schweriner wieder am Nordufer des Pfaffenteichs. “Ich habe das Vertrauen in die Führungspersonen der CDU verloren”, so Hüller. Er appellierte aber an die Parteimitglieder der CDU, die Mitte ihrer Partei zu motivieren, zukünftig die Brandmauer zur AFD einzuhalten und keine “gemeinsamen Sachen im Bundestag zu beschließen.” Die Abstimmung über den Entschließungsantrag ist nicht nur ein politisches Thema, sondern führt auch unter den Schwerinern zu Konflikten. Der Verantwortliche rief dazu auf der “Kälte mit Wärme zu begegnen”, mit seinen Nachbarn ins Gespräch zu kommen und auch nach rechts und links zu gucken. Hüller ermutigte die Teilnehmer, dem Wahllokal am 23. Februar einen Besuch abzustatten und Demonstrationen zu organisieren, um die Brandmauer gegen die AfD wieder aufzubauen.
Nach gut zwei Stunden löste sich die Demonstration am Nordufer des Pfaffenteiches auf. Die Veranstaltung verlief friedlich ohne Gegenproteste. Weitere Demonstrationen sind in Schwerin bereits geplant. Schon morgen kommen Schweriner um 17:00Uhr auf dem Marktplatz zusammen, um gegen den Rechtsruck zu demonstrieren.