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Bürgerprotest hat Erfolg: Straßenausbaubeiträge sollen fallen

Seit Jahren kocht die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge überall im Land hoch. Auch in Schwerin ist es immer wieder zu Bürgerprotesten gekommen, weil Anlieger von sanierungsbedürftigen Straßen beim Ausbau zur

  • Veröffentlicht November 22, 2018
Archivfoto: Bürgerprotest vor der Staatskanzlei in Schwerin zur Abschaffung der Straßenausbaubeiträge Foto: Dario Rochow

Seit Jahren kocht die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge überall im Land hoch. Auch in Schwerin ist es immer wieder zu Bürgerprotesten gekommen, weil Anlieger von sanierungsbedürftigen Straßen beim Ausbau zur Kasse gebeten werden sollten. Dabei hatten die Betroffenen meistens schon Verständnis dafür, dass sie einen Beitrag zur Sanierung ihrer Straße leisten sollten. Auf Unverständnis stieß vor allem die Höhe der Beiträge. Besonders bei der Diskussion um die Sanierung der Rogahner Straße wurde diese Thema immer wieder in die Öffentlichkeit getragen. Viele Jahre, so der Vorwurf der betroffenen Anwohner, hätte man die Straße verrotten lassen. Nun würde die Sanierung entsprechend teuer werden. Auch erschloss sich den Anwohnern nicht, warum sie sich mit hohen Beiträgen an den Kosten für die Sanierung beteiligen sollten, die Straße aber am Ende von allen Schwerinerinnen und Schwerinern genutzt wird. Der Ärger kochte aber nicht nur in Schwerin hoch. Überall im Land verloren die Straßenausbaubeiträge nach und nach an Akzeptanz. Nun hat sich die Regierungskoaliton aus SPD und CDU im Land auf eine Lösung geeinigt. Spätestens ab 1. Januar 2020 sollen die Beiträge landesweit wegfallen. Die Grunderwerbssteuer soll dann im Gegenzug um einen Prozentpunkt auf dann sechs Prozent angehoben werden. Damit entstehen dem Land Mehreinnahmen von rund 30 Millionen Euro. Diese Mittel sollen an die Kommunen weitergereicht werden.  Damit soll dann langfristig der finanziellen Bedarf für erforderliche Straßensanierungen gedeckt werden.

 

Die Allgemeinheit darf nicht zur Kasse gebeten werden

 

Für SPD-Fraktionschef Thomas Krüger ist die Kompromisslösung, die die SPD und die CDU gefunden haben, eine gute Lösung. „Der SPD-Landtagsfraktion war seit Beginn der Diskussion wichtig, dass keine Mieter und keine Mieterinnen in mit ihren Steuern die Straßensanierung für Immobilienbesitzer bezahlen müssen. Die Allgemeinheit darf nicht zur Kasse gebeten werden wenn nur Einzelne profitieren. „, so Krüger. 

Grundstückserwerber würden langfristig von der neuen Regelung profitieren, weil alle anfallenden Kosten von vornherein offen und transparent seien. „Spätere Überraschungen oder unbillige Härten wird es nicht mehr geben. Gleichzeitig werden kleine und mittlere Einkommen nicht über Steuern zur Aufwertung privaten Immobilienbesitzes herangezogen. Es gilt auch weiterhin: Eigentum verpflichtet.“, so der SPD-Fraktionschef weiter.

 

Direkte Demokratie im Land funktioniert 

 

Die jetzige Einigung in den Regierungsfraktionen ist für CDU-Fraktionschef Vincent Kokert ein Belegt dafür, dass „direkte Demokratie im Land“ funktioniert. „Meine Fraktion hat an ihrer Linie festgehhalten, die Diskussion um die Straßenausbaubeiträge ehrlich und ergebnisoffen zu führen. Am Ende überwogen gute Argumente, die Beiträge abzuschaffen, statt mit willkürlichen Härtefallklauseln am Kommunalabgabengesetz herumzubasteln. Zugleich muss klar sein: Gratis gibt es Straßen nicht. Deswegen werden wir die Grunderwerbssteuer moderat erhöhen, um die Kosten für den Straßenausbau aufzufangen.“, betomnt Kokert.

Diskussionsbedarf besteht noch mit Blick auf die Übergangsphase bis 2020. Hier gibt es im Moment noch keine Lösung. Es sollen aber Gespräche  mit den kommunalen Landesverbänden geführt werden. 

 

Sozialverträgliche Lösungen müssen noch gefunden werden

 

„Es ist wirklich erstaunlich, wer sich jetzt die Abschaffung der Straßenausbaubeiträge alles auf die Fahnen schreiben will.“, heißt es aus der Fraktion Freie Wähler/BMV im Landtag. „Unsere Landtagsfraktion, zum damaligen Zeitpunkt noch BMV hatte als einzige von Beginn an die Forderungen der Freien Wähler im Land und der Volksinitiative ‚Faire Straße‘ umfänglich unterstützt, ohne Einschränkungen.“, sagt eine Fraktionssprecherin. Tatsächlich waren es damals die BMV und die AfD, die immer wieder im Landtag das Thema Abschaffung der Straßenausbaubeiträge auf die Landtags-Agenda setzten. „Die Frage der Gegenfinanzierung wird im Parlament noch ausführlich debattiert werden, um eine sozialverträgliche und gerechte Lösung zu finden. Zudem werden wir uns als Fraktion Freie Wähler/BMV auch für eine vernünftige Regelung für Härtefälle aus den letzten Jahren stark machen.“, kündigt die kleinste Landtagsfraktion in einer Pressemitteilung an. 

 

Anlieger dürfen nicht in die Röhre gucken

 

Auch aus der Stadtvertretung kommt Zustimmung zur Abschaffung der Beiträge.„Das ist eine gute Nachricht für alle Anlieger in Schwerin. Einen großen Anteil an der Entscheidung haben die vielen engagierten Bürgerinitiativen in unserer Stadt und die klare Positionierung der Stadtvertretung. In der konkreten Ausgestaltung wird es jetzt darauf ankommen, dass wir für bereits begonnene Baumaßnahmen wie in der Rogahner Straße Lösungen finden und die Anlieger nicht in die Röhre gucken.“, sagt CDU-Stadtfraktionsvorsitzender, Sebastian Ehlers. 

Die Unabhängigen Bürger, die den Bürgerprotest schon sehr früh unterstützt haben, freuen sich, dass sich nun eine Lösung abzeichnet. „Wir sind glücklich und zufrieden, denn unsere jahrelange Überzeugungsarbeit hat sich endlich ausgezahlt. Die Straßenbaubeiträge abzuschaffen, ist die einzig richtige Entscheidung in der Sache. Denn es war eine durch nichts zu begründende Ungerechtigkeit, dass einzelne Anlieger für die Sanierung der von vielen tausend Bürgern genutzten öffentlichen Infrastruktur zahlen mussten.“, sagt Fraktionschef Silvio Horn. 

Das sei ein langer und teils nervenaufreibender Kampf gewesen. Doch es habe sich gezeigt, dass es sich lohnt, wenn man für seine Interessen eintritt. „Die Unterstützung, die wir als politisch agierende Kraft in der Frage durch die Schweriner Bevölkerung beim Sammeln von über 10.000 Unterschriften allein in Schwerin erhalten haben, war grandios und hat uns immer wieder Kraft gegeben, weiterzumachen und nicht aufzugeben. Es hat sich wieder einmal gezeigt: Bürgerprotest wirkt!“, betont Horn weiter.

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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