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Die Rede ist ganz offen von Preiserhöhungen – Gasversorgung derzeit aber gesichert

Steht uns ein raketengleicher Anstieg der Gaspreise bevor. Der Chef der Bundesnetzagentur schließt dies nicht aus. WEMAG und Stadtwerke Schwerin unterstreichen derweil, dass die Varsorgungssicherheit derzeit gewährleistet sei. Aber beide

  • Veröffentlicht Juli 4, 2022
Jetzt heißt es: Gassparen, wo es geht. | Foto: privat

Bundeswirtswirtschaftsminister Robert Habeck hat am 23. Juni 2022 die zweite Stufe des Notfallplans Gas ausgerufen, die sogenannte Alarmstufe. Das ist eine Reaktion auf die Reduzierung der Gaslieferungen durch Russland seit dem 14. Juni 2022 und das weiterhin hohe Preisniveau am Gasmarkt. Damit ist eine zentrale Voraussetzung dafür geschaffen, dass die Gasversorger binnen kürzester Zeit und gegen jede vertragliche Preisbindung ihren Kunden die massiv gestiegenen Gaspreise „überhelfen“ können.

 

Möglichkeit zur Preis-Rallye erst im Mai geschaffen

Basis für diese Möglichkeit ist eine Regelung im Energiesicherungsgesetz (EnSiG) aus diesem Jahr. Konkret seit dem 21. Mai können die Versorger unter bestimmten Bedingungen ihre Preise bereits eine Woche nach Ankündigung erhöhen, um die gestiegenen Großhandelspreise weiterzugeben. So will man wohl eine Insolvenz des Gasversorgers und eine Gefährdung der Versorgung vermeiden. Ein aktueller Gesetzentwurf der Bundesregierung plant eine Art „Verteilung auf alle Schultern“. Aber auch dies hat zur Folge, dass die massiven Preissprünge die Menschen in Deutschland erreichen. Der Insolvenzschutz der Versorger ist ein nachvollziehbarer Gedanke. Dass zeitgleich aber die Privathaushalte wie auch zahlreiche Unternehmen so zeitversetzt in Insolvenzgefahr geraten, wenn nämlich plötzlich Rechnungen in absehbar mindestens vierfacher Höhe ins Haus flattern, scheint unberücksichtigt.

 

Insolvenz der Gasversorger vermeiden – Drohen dafür Insolvenzen der Gaskunden?

Eben dies hat schon einen Beigeschmack, bedenkt man vor allem, dass das Gesetz mit dem vollen Wissen um die dramatischen Konsequenzen für eine große Zahl an Gaskunden, zu einem Zeitpunkt erlassen wurde, als die Inflation bereits lange ungekannte Höhen erreicht hatte. Schon jetzt ist das Geld vielerorts in den Privathaushalten knapp. Schon jetzt ächzen Unternehmen unter der Last massiver Preissteigerungen auf breiter Front. Bis heute hat niemand aus der Politik den Menschen erklärt, wie es weitergehen soll, wenn tatsächlich 4-, 5- oder 6-fach so hohe Rechnungen wie bisher für den Gasverbrauch eintreffen. Wenn beispielsweise Vermieter entsprechend massiv gestiegene Betriebskosten in Rechnung stellen, und die Mieter diese nicht mehr zahlen können.

 

Ist die „3“ inzwichen schon Luxus? | Foto: privat

 

Was wird, wenn Mieter die extremen Gaspreise nicht mehr zahlen können?

Grundsätzlich würde die Nicht-Zahlung der Nachzahlungsforderung nicht unmittelbar ein Sonderkündigungsrecht des Vermieters zur Folge haben. Anders aber gestaltet sich die Situation, wenn der Nachzahlungsbetrag überdurchschnittlich hoch ist, und dem Vermieter nicht zuzumuten ist, das Mietverhältnis fortzusetzen. Aber selbst wenn Gerichte hier in Einzelfällen oder auch auf breiter Front noch einen Riegel vorschieben würden, droht den Mietern Ungemach. Denn mit massiv steigenden Gaspreisen – und nebenbei erwähnt auch deutlich steigenden anderen Betriebs- und Nebenkosten – dürften sich schon bald auch die monatlichen Vorauszahlungen im Zweifel massiv erhöhen.

Zahlt man diese nicht, gibt dies dem Vermieter die Chance zur Sonderkündigung. Gerade dort, wo schon heute überdurchschnittlich hohe Mieten die Haushaltssituationen belasten, können entsprechen massive Anstiege der Vorauszahlungen existenziell bedrohlich oder gar nicht mehr stemmbar sein. Drohen dann Kündigungswellen? Und wohin sollen die Menschen dann ziehen? Denn preiswerteren Wohnraum als den, den man hat, dürften die wenigsten derzeit finden. Egal wo in Deutschland.

 

Noch kein „Grün“ für raketenhaften Preisanstieg binnen Tagen

Noch aber fehlt ein zweiter Schritt, der der Gaspreis-Rallye freien Lauf lässt. Denn die Bundesnetzagentur muss auch eine „erhebliche Reduzierung der Gesamtgasimportmengen nach Deutschland“ feststellen. Noch ist dieser Schritt nicht gegangen. In einem Gespräch mit dem Deutschlandfunk schloss Agenturchef Klaus Müller aber nicht aus, dass es noch zu dieser Situation kommt. „Es hat es viel damit zu tun, wie sich die nächsten Tage entwickeln.“ Er rief die Deutschen daher zu massiven Gaseinsparungen auf.

 

Drohen noch viel stärkere Preisanstiege beim Gas? | Abbildung: Gert Altmann

 

WEMAG und Stadtwerke: „Versorgungssicherheit ist derzeit gewährleistet“

Noch also drehen die ohnehin schon massiv gestiegenen Gaspreise nicht vollkommen durch. Sowohl die WEMAG als auch die Stadtwerke Schwerin unterstreichen, dass auch für die Schwerinerinnen und Schweriner sowie das Umland die Lage angespannt sei. Die Versorgungssicherheit sei derzeit aber gewährleistet. Wie die WEMAG erklärte, sei aber – egal wie es kommt – in der aktuellen Situation davon auszugehen, dass die Preise auf dem Gasmarkt weiter steigen. „Genau wie andere Versorger sind auch wir nicht in der Lage, diese Preisdifferenz vollständig aufzufangen, auch die Gaspreise für unsere Kundinnen und Kunden werden absehbar steigen. Wir beobachten den Markt ständig und bringen die aktuellen Entwicklungen in unsere Kalkulationen mit ein“, sagt Michael Hillmann, Vertriebsleiter der WEMAG.

 

Preise steigen auch in Schwerin weiter

Und auch aus den Stadtwerken Schwerin kommen ähnliche Signale. Von dort heißt es: „Wenn das gesamte Preisniveau untypisch hoch ist, wirkt sich dies auch auf den durchschnittlichen Einkaufspreis und damit letztlich – wenn auch zeitverzögert, aber dennoch leider unvermeidbar – auf unsere Endkundenpreise aus. Die aktuelle Ausnahmesituation stellt daher eine enorm hohe finanzielle Belastung dar – sowohl für uns als Versorger, als auch für unsere Kundinnen und Kunden. Preiserhöhungen geben wir nur im absolut notwendigen Rahmen weiter. Doch leider ist auch dies in der aktuellen Situation schon sehr deutlich spürbar.“

 

Schutz im Fall der Fälle für Privathaushalte

Die derzeitige Alarmstufe als zweite Stufe des Notfallplans sieht keine Abschaltungen oder vergleichbare Markteingriffe vor, darauf weisen in diesen Tagen beide Unternehmen ausdrücklich hin. Diese können jedoch in der dritten Stufe, der Notfallstufe, von der Bundesnetzagentur angeordnet werden. In diesem Zusammenhang verweist Michael Hillmann darauf, dass auch die dritte Stufe des Notfallplans für private Haushalte nach dem Energiewirtschaftsgesetz einen besonderen Schutzstatus vorsieht. „So entfällt in Schwerin übrigens mit 95 Prozent ein sehr hoher Anteil der insgesamt im Stadtgebiet verbrauchten Gasmenge auf gesetzlich geschützte Kunden. Dazu zählen beispielsweise mit Fernwärme versorgte Haushalte, Privathaushalte mit Gasthermen oder soziale Einrichtungen“, heißt es von Stadtwerke-Seite.

 

 

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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