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Eigentlich sollten heute die Spritpreise spürbar sinken

Heute ist der 1. Juni 2022. Der Tag an dem, so das Versprechen der Bundesregierung, die Spritpreise deutlich sinken sollen. Vorübergehend. Vermutlich aber klappt das mit dem heutigen Tag allerdings

  • Veröffentlicht Juni 1, 2022
Tanken bleibt zu teuer. | Foto: pri­vat

Viel zu oft war es in der jüng­sten aber auch ferneren Ver­gan­gen­heit so, dass die Vor­freude nach gut klin­gen­den Ver­sprechun­gen der Poli­tik groß, das erwachen dann aber um so schmerzhafter war. Ähn­lich dürfte es heute so manchem Aut­o­fahrer beim Tanken gehen. Denn ab heute tritt die auf drei Monate befris­tete Senkung der Energi­es­teuer auf Ben­zin und Diesel in Kraft. Will heißen: Die Bun­desregierung nimmt einen Teil ihres dur­chaus hohen Steuer- und Abgabenan­teils zurück, so dass die Preise an den Zapf­säulen sinken sollen.

 

Diesel-Unterstützung nur halb so hoch wie bei Benzin

Konkret spricht das Bun­des­fi­nanzmin­is­teri­um dabei von einem Rück­gang bei Ben­zin um 35,2 Cent, bei Diesel um 16,7 Cent. Damit dürfte bei Diesel-Fahrern schon das erste böse Erwachen kom­men, wenn sie fest­stellen, dass ihr Preis deut­lich weniger gesunken ist, als der von Super. Das war zwar angekündigt, aber viele hat­ten das so gar nicht reg­istri­ert. Hin­ter­grund ist, dass die Bun­desregierung eben allein die auf Sprit erhobene Energi­es­teuer reduziert. Diese beträgt beim Diesel 45,04 Cent und bei Ben­zin 65,45 Cent je Liter. Da es ein entsprechen­des EU-Min­dest­s­teuer­maß gibt, sei nach Aus­sage der Bun­desregierung beim Diesel nur eine halb so hohe Absenkung wie beim Ben­zin möglich. Bedenkt man allerd­ings, dass es dur­chaus noch mehr Abgaben gibt, die der Staat auf den Sprit erhebt, wäre da sicher­lich auch für Die­selfahrer noch Luft gewe­sen. Das aber wollte man in Berlin wohl nicht. Vielfahrer, die häu­fig Die­selfahrzeuge nutzen, sind damit die Geknif­f­e­nen. Zahlre­iche Pendler beispiel­sweise.

 

Experten erwarten heute keine erkennbaren Preisveränderungen

Die unter­schiedliche Reduzierung allein aber dürfte das böse Erwachen nicht begrün­den. Denn der Blick auf die Preistafeln dürfte sowohl Ben­zin- als auch Diesel-Fahrern zumin­d­est heute – eventuell auch in den kom­menden Tagen – einen weit­eren Schreck ein­ja­gen. Denn es ist davon auszuge­hen, dass sich die Preise kaum bis gar nicht verän­dert haben. Im schlimm­sten Fall liegen sie sog­ar über denen des Vortags. Die Hin­ter­gründe dafür sind mehrschichtig. Haupt­grund allerd­ings dürfte sein, dass in den Tanks der Tankstellen noch der teure Treib­stoff ist. Denn die Energi­es­teuer, die die Bun­desregierung mit dem heuti­gen tag senkt, fällt bere­its beim Kauf des Treib­stoffs durch die Tankstellen an. Wer heute tankt, dürfte also noch den nicht steuerre­duzierten Sprit bekom­men. Da die Mar­gen der Tankstellen selb­st – nicht zwin­gend der Konz­erne – aber alles andere als hoch sind, kön­nen die Pächter nicht das teure Kraft­stoff für den reduzierten Preis verkaufen.

Das klingt logisch. Man darf aber abwarten, ob sich alle dann auch am 1. Sep­tem­ber noch an diese Argu­men­ta­tion erin­nern, wenn näm­lich die Energi­es­teuer wieder steigt. Dann müssten ja die Tanks noch mit dem preiswerten Kraft­stoff gefüllt sein. Somit wäre die Logik, dass sich die Zeit des gün­stigeren Tankens ein wenig nach hin­ten ver­schiebt.

 

Konzerne nutzen Krieg zur Gewinnmaximierung

Dieser Grund ist es aber nicht allein, der für ein gerin­geres Sinken der Preise als erhofft ver­ant­wortlich sein dürfte. Denn die Min­er­alölkonz­erne – nicht die Pächter der Tankstellen – nutzen die Zeit des Ukraine-Kriegs erkennbar, um sich die Taschen noch mehr zu füllen als ohne­hin schon. „Gemessen am Rohölkurs ist Tanken immer noch deut­lich zu teuer“, hieß es beispiel­sweise bere­its am 11. April von Seit­en des ADAC. Und auch eine Green­peace-Analyse zeigt, dass die Ölkonz­erne allein von Kriegs­be­ginn bis Anfang April etwa drei Mil­liar­den zusät­zlichen Prof­it aus den Sprit­preisen erwirtschaftet hät­ten. Wieder­holt hat­ten Medi­en­berichte vor allem in den let­zten Tagen zudem darauf hingewiesen, dass die Sprit­preise vielerorts erneut nur die Rich­tung nach oben kan­nten. Vielfach deutete man dies bere­its als eine prof­it­max­imierende Vor­bere­itung auf die kom­mende Energi­es­teuer-Absenkung. Die Konz­erne trieben, so der Vor­wurf, die Preise zusät­zlich hoch, so dass eine Absenkung noch immer zu deut­lich zu hohen Spritkosten an den Tankstellen führt.

 

Die kommenden Tage zeigen, wohin die Reise geht

Sich­er erscheint, dass es in den kom­menden Tagen zu sink­enden Preisen kom­men wird. Anzunehmen aber ist auch, dass die Konz­erne let­ztlich eben nicht die voll­ständi­ge Steuersenkung an die Kun­den weit­ergeben. Hier dürfte das Bun­deskartel­lamt gefordert sein, genau die Lage zu beobacht­en und vor allem schnell und kon­se­quent durchzu­greifen. Da von eben einem solchen Ein­greifen aber in den ver­gan­genen Monat­en, in denen die Konz­erne wieder­holt die Preise erkennbar kün­stlich hoch hiel­ten, nichts zu merken war, dürften die Aut­o­fahrerin­nen und Aut­o­fahrer auch weit­er­hin die Zeche zahlen. Den Staat freuen let­ztlich möglichst hohe Preise, denn er ver­di­ent kräftig mit.

  • Stephan Haring

    Stephan Har­ing ist freier Mitar­beit­er unser­er dig­i­tal­en Tageszeitung. Er hat ein Bach­e­lor-Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften an der Uni­ver­sität Erfurt mit den Neben­fäch­ern Sozial­wis­senschaften & Poli­tik absolviert. Im Nach­hinein arbeit­ete er in lei­t­en­den Funk­tio­nen der Presse- & Öffentlichkeit­sar­beit, im Leitungs­bere­ich eines Unternehmens sowie als Rek­tor ein­er pri­vat geführten Hochschule. Zudem entwick­elte, organ­isierte und real­isierte er mit der durch ihn entwick­el­ten LOOK ein Fash­ion­event in Schw­erin. Heute arbeit­et er freiberu­flich als Tex­ter, Press­esprech­er und Tex­tko­r­rek­tor sowie als Berater in ver­schiede­nen Pro­jek­ten. In einem Schw­er­iner Orts­beirat ist er zudem ehre­namtlich als Vor­sitzen­der kom­mu­nalpoli­tisch aktiv.

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