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Einbruch in Schweriner Hyperschale:
Galerist Stephan Schrör stellt Täter selbst – Kunstwerk von Otto Dix zerstört

Einbruch in der FreshEggsGallery: Galerist stellt Täter auf frischer Tat – wertvolle Otto-Dix-Lithografie zerstört, Polizei nimmt Mann nach Handgemenge fest.

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  • Veröffentlicht Mai 18, 2025
    Einbruch Hyperschale Schwerin Vier Polizis­ten führen den Ein­brech­er ab. Foto: Ste­fan Schrör

In den frühen Mor­gen­stun­den des heuti­gen Tages kam es zu einem Ein­bruch in der FreshEg­gs­Gallery (Hyper­schale). Zuerst hat­te das Por­tal „Schwerin.News” über den Ein­bruch berichtet.

Gegen 6 Uhr stellte der anwe­sende Galerist Stephan Schrör den Täter auf frisch­er Tat – und kon­nte ihn dank geis­tes­ge­gen­wär­tigem Ein­greifen sowie der hau­seige­nen Videoüberwachung bis zum Ein­tr­e­f­fen der Polizei fest­set­zen. Der Ein­brech­er wurde unter­halb der markan­ten Dachkon­struk­tion der Galerie nach einem kurzen Handge­menge von den Beamten festgenom­men.

Erheblicher Sachschaden entstanden

Zuvor hat­te der Täter bere­its erhe­blichen Schaden angerichtet. Im Inneren des Ausstel­lungsraums wur­den mehrere Kunst­werke beschädigt, darunter eine Bronze­büste des let­zten Vor­sitzen­den der Kom­mu­nis­tis­chen Partei Deutsch­lands (KPD) vor dem Ver­bot durch die Nation­al­sozilis­ten, Ernst Thäl­mann. Der Ein­brech­er warf die Büste um. Nach Angaben des Gal­leris­ten gegenüber SNO hält sich der Schaden an der Bronze­büste allerd­ings in Gren­zen.

Tragis­ch­er ist die Zer­störung ein­er wertvollen Orig­i­nal-Lith­o­grafie von 1938: Otto Dix‘ Werk „Heiliger Christopho­rus“ wurde mit­samt Rah­men von der Wand geris­sen und dabei stark beschädigt.

Werk in der „inneren Emigration” entstanden

Zwis­chen 1938 und 1944 schuf Otto Dix sechs unter­schiedliche Darstel­lun­gen des Heili­gen Christopho­rus. Der Leg­ende nach trug Christopho­rus, ein riesen­hafter Mann, das Jesuskind auf seinen Schul­tern durch einen Fluss. Während der Über­querung wurde das Kind immer schw­er­er, bis die Last kaum noch zu ertra­gen war. Am anderen Ufer erk­lärte das Kind: „Ich bin der Hei­land – und wie du weißt, trägt der Hei­land die Last der ganzen Welt.“

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Nach der Machtüber­nahme durch die Nation­al­sozial­is­ten zog sich Otto Dix zunehmend aus dem öffentlichen Leben zurück. In Hem­men­hofen am Bodensee konzen­tri­erte er sich auf Land­schafts­darstel­lun­gen und religiöse The­men. Die Christopho­rus-Bilder ent­standen in dieser Zeit und zeigen unter­schiedliche for­male und inhaltliche Aus­prä­gun­gen.

Einbruch Hyperschale Schwerin
Otto Dix‘ Werk „Heiliger Christopho­rus“ wurde zer­stört, Thäl­mann-Büste umgeschmis­sen.
Foto: Stephan Schrör

Eine der bedeu­tend­sten Fas­sun­gen befind­et sich im Geburtshaus des Kün­stlers in Gera. Dieses Werk gilt als beson­ders aus­sagekräftig im Hin­blick auf die Zeit­geschichte, da es im Jahr 1939, zum Beginn des Zweit­en Weltkriegs, ent­stand. Das Motiv des Christopho­rus, der das Kind sich­er durch eine unruhige Umge­bung trägt, lässt sich als sinnbildlich­er Ver­weis auf die dama­lige gesellschaftliche Lage deuten.

Ein weit­eres Gemälde aus dieser Serie ist heute Teil der Samm­lung der Vatikanis­chen Museen in Rom.

Die Christo­pherus-Lith­o­grafie von Otto Dix ist in ein­er Auflage von 100 Stück weltweit gedruckt wor­den. Zwölf davon hat­te Galerist Schrör vor einiger Zeit erwor­ben gehabt. Das nun zer­störte Werk war das let­zte Exem­plar, das sich noch im Besitz des Kun­st­sam­mm­lers befind­et. Den ent­stande­nen Sach­schaden schätzt Schrör auf etwa 5.000 Euro.

Blinde Zerstörungswut häuft sich in der Stadt

Für Schrör, der vor­raus­sichtlich in Kürze für die Aktion Stadt- und Kul­tiurschutz (ASK) in die Stadtvertre­tung rück­en wird, ist die Zer­störungswut eine alarmieren­des Zeichen. Im Gespräch mit SNO spricht Schrör davor, dass sich die Vör­fälle von „blind­er Zer­störungswut” in der let­zten Zeit häufen wür­den. So berichtet der Galerist von abge­broch­enen Anten­nen und abge­trete­nen Spiegeln in der Innen­stadt, wie ihm gute Fre­unde berichteten.  Solche Tat­en sind laut Schrör „Frus­tak­tio­nen”, aus­gelöst durch Per­spek­tivlosigkeit und man­gel­ndes Selb­stver­trauen, die nicht sel­ten unter Alko­hol- oder Dro­gene­in­fluss stat­tfind­en.

Kri­tisch sieht Schrör, dass es nur noch wenige Anlauf­punk­te für junge Men­schen in der Stadt gibt. Es sei Auf­gabe der Poli­tik, diese Sig­nale aufzunehmen und Lösungsan­sätze zu entwick­eln.

Die Ermit­tlun­gen zu Motiv und Hin­ter­grund der Tat von heute Mor­gen dauern allerd­ings noch an. Die Polizei prüft derzeit, ob der Täter bere­its durch ähn­liche Delik­te in Erschei­n­ung getreten ist.