Mo, 17. November 2025
Close

Fehlende Stoffe in neuer Trinkwasserrichtlinie:
Drohen auch in Schwerin bald kalte Duschen? EU-Fehler gefährdet Warmwasserversorgung

Ab 2027 tritt eine neue EU-Trinkwasserrichtlinie in Kraft. Weil zwei bewährte Materialien fehlen, droht ein Warmwasser-Problem – auch in Schwerin könnten Verbraucher bald teurer oder kalt duschen.

Avatar-Foto
  • Veröffentlicht Oktober 17, 2025
EU-Trinkwasserrichtlinie 2027
Sollte die EU nicht umlenken, kön­nte kaltes Wass­er in älteren Gebäu­den, auch in Schw­erin, Stan­dard wer­den.
Foto: Hans from Pix­abay

Kön­nte in deutschen Haushal­ten und öffentlichen Gebäu­den schon bald nur noch kaltes Wass­er aus der Leitung kom­men? Laut einem Bericht der „Finan­cial Times” (hin­ter ein­er Pay­w­al) dro­hen ab 2027 mas­sive Prob­leme bei der Warmwasserver­sorgung – auch in Städten wie Schw­erin. Grund ist ein Ver­säum­nis in der europäis­chen Bürokratie: In der über­ar­beit­eten EU-Pos­i­tivliste (EUPL) für Mate­ri­alien, die mit Trinkwass­er in Kon­takt kom­men dür­fen, fehlt das Met­all Hafni­um, das für den Emaille-Schutz von Warmwasserg­eräten entschei­dend ist.

Fehlendes Metall gefährdet Zulassungen

Nach Angaben des Branchen­ver­bands Figawa (Bun­desvere­ini­gung der Fir­men im Gas- und Wasser­fach e.V.) kön­nten dadurch Mil­lio­nen Warmwasser­spe­ich­er, Boil­er und Druck­be­häl­ter ihre Zulas­sung ver­lieren. „Fehlt Hafni­um in der Liste, kön­nen keine neuen email­lierten Pro­duk­te für den Trinkwasserkon­takt mehr zuge­lassen oder ver­mark­tet wer­den“, erk­lärte ein Figawa-Sprech­er. Betrof­fen seien Boil­er, Trinkwasser­puffer, Druck­be­häl­ter in Fer­n­wärme sowie alle Warmwasser­spe­ich­er für Haushalte, Woh­nun­gen, Kliniken, Sport­stät­ten und öffentliche Gebäude.

Auch beste­hende, bere­its zer­ti­fizierte Pro­duk­te ger­at­en laut Ver­band in Gefahr, weil bei notwendi­gen Änderun­gen – etwa auf­grund neuer EU-Energie- oder Nach­haltigkeitsvor­gaben – eine erneute Zulas­sung­sprü­fung dro­hen kön­nte. Her­steller stün­den damit vor einem Dilem­ma: Entwed­er sie passen ihre Pro­duk­te an und riskieren ihre Zulas­sung, oder sie hal­ten an älteren, weniger effizien­ten Mod­ellen fest.

Hafni­um, ein beson­ders hitzebeständi­ges Met­all, und sein Schwest­erele­ment Zirko­ni­um. Bei­de Stoffe wer­den seit Jahrzehn­ten für Emaille-Beschich­tun­gen in Warmwasser­spe­ich­ern und Wärmepumpen ver­wen­det.

Über 90 Prozent der Geräte betroffen

Die EU-Kom­mis­sion hat­te bei der Anpas­sung der Vorschriften ver­säumt, Hafni­um – das in der Prax­is immer gemein­sam mit Zirko­ni­um-Oxid ver­wen­det wird – aufzunehmen. Laut Branchen­vertretern wer­den damit über 90 Prozent aller Warmwasser­spe­ich­er in der EU fak­tisch von der Zulas­sung aus­geschlossen. Ein Wech­sel zu Alter­na­tiv­en wie Kupfer oder Stahl wäre für Ver­brauch­er vier- bis fünf­mal so teuer, scheibt die „Finan­cial Times”.

Betrof­fen wären nicht nur Haustech­nik und Wärmepumpen in pri­vat­en Woh­nun­gen, son­dern auch öffentliche Gebäude, Kranken­häuser und Fer­n­wärme. Die EU-Kom­mis­sion ver­weist auf nationale Zulas­sun­gen, die jedoch teuer und lang­wierig sind. Zudem kön­nten toxikol­o­gis­che Gutacht­en der Indus­trie Jahre dauern und hohe Kosten verur­sachen. Her­steller wie Aris­ton und Groupe Atlantic sprechen von „enor­men Auswirkun­gen“ und mas­siv­en Wet­tbe­werb­snachteilen für die europäis­che Indus­trie.

Industrie fordert schnelle Lösung

Für Deutsch­land, wo email­lierte Trinkwasser­spe­ich­er prak­tisch über­all einge­set­zt wer­den – von der Woh­nungswirtschaft bis zur Indus­trie, von Schulen bis Pflege­heimen – hätte die fehlende EU-Genehmi­gung laut Figawa immense Fol­gen. „Wenn keine schnelle EU-Lösung kommt, gibt es spür­bare Inno­va­tions- und Investi­tions­brem­sen“, warnte der Ver­band.

Die Europäis­che Kom­mis­sion erk­lärte laut „Finan­cial Times”, dass es Sache der Mit­glied­staat­en sei, Brüs­sel über die Notwendigkeit ein­er Auf­nahme von Hafni­um in die Pos­i­tivliste zu informieren. Bis­lang habe dies jedoch kein Land getan. Unternehmen kön­nten zwar auch selb­st eine Analyse des toxikol­o­gis­chen Risikos beantra­gen, doch dieser Prozess würde nach Ein­schätzung der Indus­trie zu lange dauern.

In der Zwis­chen­zeit wären Her­steller gezwun­gen, ihre Pro­duk­tion­slin­ien kost­spielig umzustellen. Eine mögliche Lösung wäre, dass Mit­glied­staat­en wie Deutsch­land die Ver­wen­dung von Hafni­um und Zirko­ni­um auf nationaler Ebene erlauben. Auch diese Option wäre allerd­ings zeitaufwändig.

Ob es rechtzeit­ig zu ein­er Lösung kommt, bleibt offen. Doch wer in Schw­erin und ander­swo in Europa weit­er­hin warm duschen möchte, darf darauf hof­fen, dass die Poli­tik in Brüs­sel oder Berlin bald reagiert.