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Krise in der Gastronomie:
Experte erklärt warum Hausmannskost jetzt die Rettung bringen kann

Gestiegene Kosten, höhere Mehrwertsteuer und weniger Gäste: Viele Gastronomiebetriebe, auch in Schwerin, geraten zunehmend in Not. Ein Experte erklärt, welche Wege jetzt aus der Misere führen könnten.

  • Veröffentlicht September 12, 2025
Gastronomie Schwerin
Hohe Kosten, Steuer­last und weniger Gäste: Die Gas­tronomie steckt tief in der Krise. Grafik: SNO

 

Die Gas­tronomie in Deutsch­land steckt weit­er tief in der Krise. Nach Angaben des Deutschen Hotel- und Gast­stät­ten­ver­bands (Dehoga) wird 2025 voraus­sichtlich das sech­ste Ver­lust­jahr in Folge. Steigende Kosten, fehlen­des Per­son­al und eine zunehmende Zurück­hal­tung der Gäste machen vie­len Betrieben zu schaf­fen.

„Preis­sensi­bil­ität und Kon­sumzurück­hal­tung nehmen spür­bar zu“, betonte Dehoga-Präsi­dent Gui­do Zöl­lick. Viele Gäste gin­gen sel­tener essen, wählten gün­stigere Gerichte und verzichteten auf Extras wie Vor­speisen oder das zweite Getränk. Beson­ders kleinere und mit­tlere Fam­i­lien­be­triebe lit­ten unter dieser Entwick­lung. Dies sei auch in der Gas­tronomie in Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schw­erin zu verze­ich­nen bestätigt die Dehoga MV auf Anfrage unser­er Redak­tion. „Die Sit­u­a­tion ist trotz Hoch­sai­son die Lage anges­pan­nt. Steigende Kosten für Per­son­al, Energie, Lebens­mit­tel und Dien­stleis­tun­gen tre­f­fen auf sink­ende Umsätze.”

Ein wichtiger Fak­tor ist die seit Anfang 2024 wieder gel­tende Umsatzs­teuer von 19 Prozent auf Speisen. Während der Coro­na-Pan­demie galt ein ermäßigter Satz von sieben Prozent. Die Bun­desregierung plant, die Steuer ab 2026 erneut abzusenken. Für viele Gas­tronomen kommt die Ent­las­tung jedoch zu spät. Im Juni 2025 lagen die Umsätze infla­tions­bere­inigt 5,9 Prozent unter dem Vor­jahreswert.

Experte: Anpassung und Innovation entscheidend

Der Heil­bron­ner Pro­fes­sor für Hotel- und Restau­rant­man­age­ment, Michael Otten­bach­er, sieht die Branche in einem Teufel­skreis, wie er  dem Fernsehsender  ntv  sagte. Viele Betriebe hät­ten während der Pan­demie Per­son­al ver­loren. Gle­ichzeit­ig seien Energie, Lebens­mit­tel und Löhne teur­er gewor­den. „Die Gewin­n­marge ist heute bei den meis­ten Betrieben sehr klein“, so Otten­bach­er.

Nach sein­er Ein­schätzung ist die Krise nicht nur Folge äußer­er Umstände, son­dern auch haus­gemacht: Gas­tronomen müssten ihr Ange­bot stärk­er an die verän­derten Bedürfnisse der Gäste anpassen. So sei es etwa sin­nvoll, gün­stigere Gerichte oder kleinere Menüs anzu­bi­eten. „Ger­ade in der Sterne­gas­tronomie ärg­ern sich Gäste über hohe Preise, wenn sie nur ein Sechs- oder Sieben-Gänge-Menü bestellen kön­nen“, erk­lärt Otten­bach­er.

Während die Spitzen­gas­tronomie mit sink­ender Nach­frage kämpft, erleben klas­sis­che Gasthäuser und Wirtshäuser eine Renais­sance. Gut zubere­it­ete, bezahlbare Haus­man­nskost – etwa für 14 bis 35 Euro pro Haupt­gericht – ziehe derzeit viele Gäste an. Vorteil­haft sei zudem, dass in solchen Betrieben die Tis­che mehrfach am Abend belegt wer­den kön­nten, während in Gourme­trestau­rants jed­er Platz nur ein­mal verkauft werde.

Digitalisierung und neue Konzepte nötig

Neben steuer­lich­er Ent­las­tung und Bürokratieab­bau sieht Otten­bach­er die Dig­i­tal­isierung als Schlüs­sel für die Zukun­ft. Viele kleinere Betriebe hät­ten wed­er dig­i­tale Waren­wirtschaft noch Online-Reservierungssys­teme. Auch der pro­fes­sionelle Umgang mit sozialen Medi­en und Gäste­be­w­er­tun­gen sei heute unverzicht­bar.

Langfristig erwartet der Experte ein Wach­s­tum der Sys­tem­gas­tronomie: Ket­ten mit stan­dar­d­isierten Abläufen, hoher Automa­tisierung und weniger Per­son­albe­darf kön­nten erfol­gre­ich­er sein. Küchen­ro­bot­er und dig­i­tale Bestell­sys­teme wür­den die Branche in den kom­menden Jahren verän­dern.

Immer­hin zeigt sich im Aus­bil­dungs­bere­ich ein leicht pos­i­tiv­er Trend. Nach einem starken Ein­bruch während der Pan­demie begin­nen inzwis­chen wieder mehr junge Men­schen eine Aus­bil­dung in Küche und Ser­vice. Allerd­ings fordern sie höhere Gehäl­ter und bessere Arbeit­szeit­en, was für viele Betriebe eine Her­aus­forderung bleibt.