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Klimaziel 2035 in Gefahr?:
Geplantes Holzheizkraftwerk klimafreundliche Lösung oder Fehlentscheidung?

Das geplante Holzheizkraftwerk in Schwerin sorgt für Streit: Die Grünen sehen darin eine Klimabremse, die Stadtverwaltung verteidigt es als klimafreundliche Lösung.

  • Veröffentlicht November 8, 2024
Arndt Müller, Vorsitzende der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/DIE PARTEI in Schwerin. | Foto: privat

 

In Schwerin-Wüstmark plant die Alexander Marquardt GmbH den Bau eines Biomasseheizkraftwerks, das Holz als Hauptbrennstoff nutzen soll. Dieses Projekt stößt auf erheblichen Widerstand der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Die PARTEI, die die Anlage als einen „Rückschritt für den Klimaschutz“ betrachtet. Die Fraktion fürchtet, dass das Vorhaben den klimapolitischen Zielen der Stadt widerspricht und den Wandel zu erneuerbaren Energien wie Geothermie, Wind- und Solarenergie behindert. Die Stadtverwaltung sieht die Anlage jedoch als weitgehend CO₂-neutral und im Einklang mit den Klimazielen Schwerins.

 

Bedenken der Grünen-Fraktion

Arndt Müller, der Vorsitzende der Fraktion, erklärt in einer Stellungnahme, dass Holzverbrennung fälschlicherweise als klimaneutral angesehen werde. Während Bäume beim Wachsen CO₂ aus der Atmosphäre aufnehmen und über Jahre hinweg speichern, wird dieser Kohlenstoff bei der Verbrennung freigesetzt und trägt unmittelbar zur Erhöhung der Treibhausgaskonzentration bei. „Für eine echte Klimaneutralität müsste das abgeholzte Holz in gleicher Menge sofort wieder nachwachsen – das ist schlichtweg nicht realistisch“, so Müller. Damit trage die Holzverbrennung akut zum Treibhauseffekt bei und gefährde das erklärte Ziel der Stadt, bis 2035 klimaneutral zu werden.

Ein weiterer Kritikpunkt der Grünen betrifft die Folgen eines wachsenden Holzbedarfs für die regionale Umwelt. Mit steigender Nachfrage nach Holz als Brennstoff könnte der wirtschaftliche Druck auf Wälder steigen, sie energetisch zu nutzen, was dem natürlichen CO₂-Speicher Wald langfristig schaden würde. Die Grünen warnen davor, dass die ökologische Funktion der Wälder als Kohlenstoffsenken durch den Ausbau von Biomassekraftwerken bedroht wird und fordern deshalb eine Konzentration auf alternative Energiequellen.

„Mit der Nutzung der Geothermie wurde bereits ein wichtiger, zukunftsweisender Schritt eingeleitet“, so Müller weiter. Auch die Solarenergie, die in Schwerin aufgrund der jährlich rund 1.600 Sonnenstunden über ein erhebliches Potenzial verfüge, werde bislang nicht ausreichend gefördert. Ein Ausbau dieser wirklich regenerativen Energien sei notwendig, um den Herausforderungen der Klimakrise gerecht zu werden und die CO₂-Bilanz der Stadt nachhaltig zu verbessern.

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Einschätzung der Stadtverwaltung

Die Stadtverwaltung Schwerin teilt die Auffassung der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/DIE PARTEI nicht und verteidigt das geplante Biomasseheizkraftwerk als grundsätzlich klimafreundlich. Laut einer schriftlichen Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion betrachtet die Verwaltung die Anlage als nahezu CO₂-neutral. Beim Wachstum von Bäumen werde CO₂ aufgenommen und in der Biomasse gespeichert, was bei der Verbrennung lediglich wieder freigesetzt werde und somit ein geschlossener Kohlenstoffkreislauf entstehe. Die Verwaltung geht davon aus, dass die Anlage insgesamt eine positive Wirkung auf die Treibhausgasbilanz der Stadt haben könnte, insbesondere, da sie auch regionale Biomasse verwenden würde.

Zudem bewertet die Stadtverwaltung die Anlage als wirtschaftlich sinnvoll. Geplant ist, die erzeugte Wärme ins städtische Fernwärmenetz einzuspeisen, um den Anteil von Erdgas im Wärmemix zu verringern und so die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern zu senken. „Der Standort Wüstmark ist aufgrund der Nähe zum bestehenden Heizkraftwerk Süd optimal“, heißt es in der Stellungnahme. Die Stadtwerke müssten allerdings noch technische und wirtschaftliche Fragen klären, bevor eine Integration in das Fernwärmenetz tatsächlich umgesetzt werden könnte.

 

Offener Planungsstand und formales Verfahren

Das Vorhaben befindet sich noch in der Planungsphase und ist noch nicht genehmigt. Für die Anlage ist eine formelle Genehmigung nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz erforderlich, wobei das Staatliche Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg als zuständige Behörde fungiert. Bislang laufen zwischen dem Vorhabenträger und der Genehmigungsbehörde lediglich informelle Abstimmungsgespräche; ein formeller Antrag liegt derzeit noch nicht vor. Sollte das Projekt genehmigt werden, erwartet die Stadtverwaltung jedoch hohe immissionsschutzrechtliche Auflagen, um mögliche negative Auswirkungen auf Anwohner und Umwelt zu minimieren.

 

Fazit und Ausblick

Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen/Die PARTEI hat angekündigt, sich weiterhin für eine energiepolitische Ausrichtung einzusetzen, die auf wirklich nachhaltige und emissionsfreie Energiequellen wie Solar- und Geothermie setzt. Die Fraktion kritisiert, dass das Biomasseheizkraftwerk den Wandel zu zukunftssicheren Energien blockiere und nicht nur dem Klima, sondern langfristig auch der regionalen Biodiversität schaden könnte. Die Stadtverwaltung hält dagegen und sieht in der Anlage eine sinnvolle Ergänzung zur Energieversorgung, die die Abhängigkeit von fossilen Energien reduziert und durch die Nutzung regionaler Ressourcen zur lokalen Wertschöpfung beiträgt.

 

 

Written By
Dario Rochow

ist Videoredakteur bei SNO | Schwerin-Lokal. Kontakt unter redaktion@sn-o.de

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