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Justiz-Deal bei German Pellets?
Anleger verlieren Millionen, Ex-Chef könnte glimpflich davonkommen

Im Prozess um die Insolvenz von German Pellets aus Wismar zeichnet sich ein Ende ab: Der Ex-Geschäftsführer könnte bei einer Verurteilung eine Bewährungsstrafe erhalten.

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  • Veröffentlicht Januar 9, 2025
Foto: Stefan Rochow

 

Im langwierigen Prozess um die Insolvenz des Holzverarbeiters German Pellets aus Wismar zeichnet sich eine Entscheidung ab. Wie der Vorsitzende Richter am Landgericht Schwerin am Mittwoch mitteilte, könnte die Haftstrafe für den ehemaligen Geschäftsführer zur Bewährung ausgesetzt werden. Dies sei Teil einer geplanten Verständigung zwischen Gericht und Verfahrensbeteiligten, die jedoch noch letzte Details klären müssen. Ein Urteil wird frühestens Ende April erwartet.

Einigung auf Insolvenzzeitpunkt

Grundlage für die Verständigung ist die Bereitschaft der Staatsanwaltschaft, den 15. November 2015 als offiziellen Zeitpunkt der Insolvenz anzuerkennen. Eine Gutachterin hatte ursprünglich eine deutlich frühere finanzielle Schieflage festgestellt. Mit der Einigung auf den November 2015 würden Anklagepunkte, die sich auf frühere Zeiträume beziehen, entfallen. Der Insolvenzantrag für die German Pellets GmbH wurde im Februar 2016 gestellt.

Schwere Vorwürfe gegen Ex-Chef

Dem ehemaligen Geschäftsführer, der aus Hessen stammt, werden zahlreiche Straftaten zur Last gelegt, darunter Insolvenzverschleppung, Betrug, Bankrott und Steuerhinterziehung. Laut der 400 Seiten umfassenden Anklageschrift soll er Anleger durch falsche Angaben beim Verkauf von Unternehmensanleihen geschädigt haben. Die Staatsanwaltschaft spricht von einem Schaden in Höhe von 7,2 Millionen Euro. Medienberichte schätzen die Verluste für die rund 17.000 Kleinanleger jedoch auf weit über 260 Millionen Euro. Nach Angaben der Insolvenzverwalterin gingen diese Anleger nahezu leer aus.

Größter Pelletproduzent Europas

German Pellets, mit Hauptsitz in Wismar, war zum Zeitpunkt der Insolvenz Europas größter Hersteller von Holzpellets für Heizungen. Die Pleite des Unternehmens war nicht nur ein finanzieller Schock für Anleger, sondern auch ein großer Wirtschaftsskandal. Das Pelletwerk im Wismarer Holzhafen wird seit 2016 von einem neuen Eigentümer betrieben. Dort sind heute etwa 60 Mitarbeiter beschäftigt. Der Verkauf der Firmen brachte nach Angaben der Insolvenzverwalterin rund 45 Millionen Euro ein, von denen 36 Millionen an die Banken gingen. Die Gesamtforderungen belaufen sich jedoch auf 427 Millionen Euro.

Ein Mammutprozess

Der Prozess, der im März 2023 begann, hat das Gericht bisher an über 50 Verhandlungstagen beschäftigt. Zahlreiche Zeugen und Sachverständige wurden gehört, um die komplexen Vorwürfe und finanziellen Verstrickungen des einstigen Pellet-Giganten zu beleuchten. Mit dem geplanten „Deal“ könnte sich das Verfahren nun seinem Ende nähern.

Ob die Bewährungsstrafe für den ehemaligen Geschäftsführer tatsächlich Realität wird, bleibt abzuwarten. Die endgültige Entscheidung liegt beim Gericht – und bei der Klärung der noch offenen Details, die bis zum nächsten Verhandlungstermin am 30. Januar erwartet werden.

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