Nach vereinbartem Haushaltskompromiss:
Haushaltspläne treffen auf Widerstand aus Politik und Wirtschaft
Die geplante Gewerbesteuererhöhung spaltet Schwerins Politik: FDP und Wirtschaftsverbände üben scharfe Kritik, während ein Haushaltskompromiss unter Zeitdruck um Zustimmung ringt.

Die geplante Erhöhung der Gewerbesteuer um acht Prozentpunkte sorgt in Schwerin für heftige Debatten. Während sich die Fraktionen in der Stadtvertretung unter Ausschluss der AfD auf einen Haushaltskompromiss geeinigt haben, kommt nun Kritik an den Plänen.
Mit deutlichen Worten meldet sich die FDP Schwerin zur laufenden Haushaltsdebatte der Landeshauptstadt zu Wort. Der vorgelegte Kompromiss zur Nachbesserung des städtischen Haushalts stößt bei den Liberalen auf scharfe Kritik – sowohl inhaltlich als auch hinsichtlich des politischen Verfahrens.
FDP wird Haushaltskompromiss nicht zustimmen
Man habe mit „großer Verwunderung” zur Kenntnis genommen, dass auch die UB/FDP-Fraktion sich auf den vorgelegten Kompromiss geeinigt hat. Man sei als Koalitionspartner von den Unabhängigen Bürgern (UB) nicht in die Gespräche zu diesem Kompromiss einbezogen worden, so der FDP-Vorwurf. „Teils wurden unsere Stadtvertreter nicht einmal über diesen Antrag informiert”, heißt es in der Pressemitteilung der FDP weiter. „Das Vorgehen unseres Koalitionspartners irritiert uns sehr und widerspricht jeglichen Vorstellungen eines konstruktiven Miteinanders. ” Die Partei kündigte an, dem Haushaltskompromiss nicht zuzustimmen.
Besonders problematisch sei die darin vorgesehene Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes. Bereits jetzt zähle Schwerin zu den Städten mit einem überdurchschnittlich hohen Gewerbesteuersatz im Bundesvergleich, so die FDP. „Eine weitere Belastung der Unternehmen ist das falsche Signal zur falschen Zeit. Wir setzen damit die wirtschaftliche Zukunft unserer Stadt aufs Spiel.“
Auch in der Verwaltung sieht die FDP erhebliches Einsparpotenzial. Laut der Partei leistet sich Schwerin bezogen auf die Einwohnerzahl die teuerste Stadtverwaltung in ganz Mecklenburg-Vorpommern – eine strukturelle Reform sei überfällig.
CDU-Wirtschaftsflügel gegen Erhöhung Gewerbesteuer
Rückendeckung erhält die FDP vom Kreisverband der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT) Schwerin. Auch der Wirtschaftsflügel der CDU lehnt die geplante Steuererhöhung ab und warnt eindringlich vor den Folgen für kleine und mittlere Unternehmen in der Region.
„Gerade jetzt, wo viele Betriebe noch mit den Nachwirkungen der Energiekrise und der hohen Inflation kämpfen, ist es das völlig falsche Signal, die Steuerlast weiter zu erhöhen“, betont MIT-Kreisvorsitzender Christian Graf. Die MIT sieht darin eine akute Gefährdung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts Schwerin. Unternehmerinnen und Unternehmer dürften nicht länger als „Haushaltslückenfüller“ herhalten.
Stattdessen fordert die MIT alternative Maßnahmen zur Haushaltskonsolidierung. Dazu gehören unter anderem der Abbau von Doppelstrukturen in der Verwaltung, eine gezielte Digitalisierung kommunaler Dienstleistungen sowie die kritische Überprüfung freiwilliger Leistungen und Subventionen. Auch städtische Beteiligungen sollen auf Effizienzpotenziale untersucht werden.
„Es geht nicht darum, alles zu streichen – aber Prioritäten müssen klar gesetzt werden“, so Graf weiter. Nur so könne eine tragfähige und wirtschaftsfreundliche Haushaltspolitik entstehen.
Auch der Unternehmerverband Schwerin (UV) wurde von der Redaktion um eine Stellungnahme gebeten. Leider blieb eine entsprechende Anfrage unbeantwortet. Der Verband hatte sich allerdings schon Mitte Mai in einem Offenen Brief an die Stadtvertreter gewandt und im Zusammenhang mit den Haushaltsverhandlungen vor einer zusätzlichen Belastung für Bürger und Unternehmen gewarnt.
»Lesen Sie auch: „Nicht nur an der Steuerschraube drehen“ – Unternehmerverband richtet Appell an Stadtvertretung
Haushaltslage: Innenministerium fordert Konsolidierung
Hintergrund der Debatte ist die Zurückweisung des ursprünglich im März beschlossenen Doppelhaushalts 2024/2025 durch das Innenministerium Mecklenburg-Vorpommern. Das Ministerium bemängelte insbesondere, dass die Stadtvertretung die vom Finanzdezernat vorgeschlagenen Steuererhöhungen nicht übernommen hatte. Dadurch fehlten rund drei Millionen Euro im Haushalt – eine Summe, die nach Ansicht des Ministeriums für die Genehmigungsfähigkeit des Haushalts notwendig ist.
Zwar weist der Haushalt für das laufende Jahr einen leichten Überschuss von etwa 500.000 Euro aus, ab 2026 droht jedoch ein Defizit von über fünf Millionen Euro. Ohne Nachbesserung droht Schwerin die vorläufige Haushaltsführung – mit weitreichenden Folgen: Zahlreiche freiwillige Ausgaben wie Zuschüsse für Kultur- und Bildungsprojekte, Investitionen in Stadtentwicklung oder Aufwandsentschädigungen für Ehrenamtliche wären dann nicht mehr möglich.
In der Folge verständigten sich CDU, SPD, UB/FDP, DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/Die PARTEI auf einen gemeinsamen Kompromissantrag, der am 26. Mai in einer Sondersitzung der Stadtvertretung beschlossen werden soll. Der Antrag sieht ein Maßnahmenpaket zur Haushaltskonsolidierung vor, das sowohl Kürzungen auf der Ausgabenseite als auch eine Erhöhung der Gewerbesteuer umfasst.
»Lesen Sie auch: Fraktionen einigen sich auf Sparmaßnahmen und Steuererhöhungen
Insgesamt ergibt sich daraus ein Konsolidierungsbetrag von knapp 2,1 Millionen Euro. Das Ziel ist, die vom Innenministerium geforderten drei Millionen Euro bis 2025 zu erreichen. Weitere Maßnahmen sollen im Rahmen der Nachtragshaushaltsberatung folgen.
Nicht eingebunden in den Kompromiss: die AfD-Fraktion, die als größte Fraktion in der Stadtvertretung den Vorschlag entschieden ablehnt. Fraktionsvorsitzende Petra Federau erklärte: „Wir werden die Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer nicht unterstützen. Diese belasten dauerhaft die Einwohner und Gewerbetreibenden.“ Eine vorläufige Haushaltsführung sei in ihren Augen ein legitimes Mittel, um politische Korrekturen zu erzwingen.
Trotz Kompromiss fehlen 900.000 Euro
Ob der ausgehandelte Kompromiss ausreicht, um die Genehmigung des Haushalts zu erhalten, ist derzeit unklar. Das Innenministerium hat der Stadt einen gewissen Entscheidungsspielraum eingeräumt. Dennoch fehlen noch etwa 900.000 Euro im Haushaltsplan – weshalb auch eine Erhöhung der Grundsteuer mittelfristig nicht ausgeschlossen scheint.
Die kommenden Wochen werden entscheidend sein für Schwerins finanzielle Zukunft. Der Druck aus der Wirtschaft ist groß, die Mahnungen der Landespolitik deutlich – und innerhalb der Stadtvertretung bröckelt der Konsens. Während das Ziel, den Haushalt schnellstmöglich zu beschließen und damit Schwerin wieder voll arbeitsfähig zu machen, über Fraktionsgrenzen hinweg geteilt wird, herrscht über den Weg dorthin keineswegs Einigkeit.