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Nach vereinbartem Haushaltskompromiss:
Haushaltspläne treffen auf Widerstand aus Politik und Wirtschaft

Die geplante Gewerbesteuererhöhung spaltet Schwerins Politik: FDP und Wirtschaftsverbände üben scharfe Kritik, während ein Haushaltskompromiss unter Zeitdruck um Zustimmung ringt.

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  • Veröffentlicht Mai 23, 2025
Gewerbesteuer Schwerin
Blick auf den Indus­triepark in Sack­tan­nen (Archiv). Foto: ZGM Kraus

 

Die geplante Erhöhung der Gewerbesteuer um acht Prozent­punk­te sorgt in Schw­erin für heftige Debat­ten. Während sich die Frak­tio­nen in der Stadtvertre­tung unter Auss­chluss der AfD auf einen Haushalt­skom­pro­miss geeinigt haben, kommt nun Kri­tik an den Plä­nen.

Mit deut­lichen Worten meldet sich die FDP Schw­erin zur laufend­en Haushalts­de­bat­te der Lan­deshaupt­stadt zu Wort. Der vorgelegte Kom­pro­miss zur Nachbesserung des städtis­chen Haushalts stößt bei den Lib­eralen auf scharfe Kri­tik – sowohl inhaltlich als auch hin­sichtlich des poli­tis­chen Ver­fahrens.

FDP wird Haushaltskompromiss nicht zustimmen

Man habe mit „großer Ver­wun­derung” zur Ken­nt­nis genom­men, dass auch die UB/FDP-Frak­tion sich auf den vorgelegten Kom­pro­miss geeinigt hat. Man sei als Koali­tion­spart­ner von den Unab­hängi­gen Bürg­ern (UB) nicht in die Gespräche zu diesem Kom­pro­miss ein­be­zo­gen wor­den, so der FDP-Vor­wurf.  „Teils wur­den unsere Stadtvertreter nicht ein­mal über diesen Antrag informiert”, heißt es in der Pressemit­teilung der FDP weit­er. „Das Vorge­hen unseres Koali­tion­spart­ners irri­tiert uns sehr und wider­spricht jeglichen Vorstel­lun­gen eines kon­struk­tiv­en Miteinan­ders. ” Die Partei kündigte an, dem Haushalt­skom­pro­miss nicht zuzus­tim­men.

Beson­ders prob­lema­tisch sei die darin vorge­se­hene Erhöhung des Gewerbesteuer­hebe­satzes. Bere­its jet­zt zäh­le Schw­erin zu den Städten mit einem über­durch­schnit­tlich hohen Gewerbesteuer­satz im Bun­desver­gle­ich, so die FDP. „Eine weit­ere Belas­tung der Unternehmen ist das falsche Sig­nal zur falschen Zeit. Wir set­zen damit die wirtschaftliche Zukun­ft unser­er Stadt aufs Spiel.“

Auch in der Ver­wal­tung sieht die FDP erhe­blich­es Einspar­poten­zial. Laut der Partei leis­tet sich Schw­erin bezo­gen auf die Ein­wohn­erzahl die teuer­ste Stadtver­wal­tung in ganz Meck­len­burg-Vor­pom­mern – eine struk­turelle Reform sei über­fäl­lig.

CDU-Wirtschaftsflügel gegen Erhöhung Gewerbesteuer

Rück­endeck­ung erhält die FDP vom Kreisver­band der Mit­tel­stands- und Wirtschaft­sunion (MIT) Schw­erin.  Auch der Wirtschafts­flügel der CDU lehnt die geplante Steuer­erhöhung ab und warnt ein­dringlich vor den Fol­gen für kleine und mit­tlere Unternehmen in der Region.

„Ger­ade jet­zt, wo viele Betriebe noch mit den Nach­wirkun­gen der Energiekrise und der hohen Infla­tion kämpfen, ist es das völ­lig falsche Sig­nal, die Steuer­last weit­er zu erhöhen“, betont MIT-Kreisvor­sitzen­der Chris­t­ian Graf. Die MIT sieht darin eine akute Gefährdung der Wet­tbe­werb­s­fähigkeit des Wirtschafts­stan­dorts Schw­erin. Unternehmerin­nen und Unternehmer dürften nicht länger als „Haushalt­slück­en­füller“ her­hal­ten.

Stattdessen fordert die MIT alter­na­tive Maß­nah­men zur Haushalt­skon­so­li­dierung. Dazu gehören unter anderem der Abbau von Dop­pel­struk­turen in der Ver­wal­tung, eine gezielte Dig­i­tal­isierung kom­mu­naler Dien­stleis­tun­gen sowie die kri­tis­che Über­prü­fung frei­williger Leis­tun­gen und Sub­ven­tio­nen. Auch städtis­che Beteili­gun­gen sollen auf Effizien­zpoten­ziale unter­sucht wer­den.

„Es geht nicht darum, alles zu stre­ichen – aber Pri­or­itäten müssen klar geset­zt wer­den“, so Graf weit­er. Nur so könne eine tragfähige und wirtschafts­fre­undliche Haushalt­spoli­tik entste­hen.

Auch der Unternehmerver­band Schw­erin (UV) wurde von der Redak­tion um eine Stel­lung­nahme gebeten. Lei­der blieb eine entsprechende Anfrage unbeant­wortet. Der Ver­band hat­te sich allerd­ings schon Mitte Mai in einem Offe­nen Brief an die Stadtvertreter gewandt und im Zusam­men­hang mit den Haushaltsver­hand­lun­gen vor ein­er zusät­zlichen Belas­tung für Bürg­er und Unternehmen gewarnt.

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Region­allei­t­erin Moni­ka Brün­ing forderte stattdessen struk­turelle Einsparun­gen, mehr Effizienz in der Ver­wal­tung und eine stärkere Nutzung von För­der­mit­teln. Die Erhöhung der Gewerbesteuer sende in wirtschaftlich schwieri­gen Zeit­en das falsche Sig­nal und gefährde den Stan­dort. Steuer­erhöhun­gen soll­ten nur das let­zte Mit­tel sein. Der Ver­band mah­nt zudem mehr Trans­parenz bei Aus­gaben und ein aktives Ein­forderungs­man­age­ment städtis­ch­er Forderun­gen an, um die Haushalt­slage ohne zusät­zliche Steuer­las­ten zu verbessern.

Haushaltslage: Innenministerium fordert Konsolidierung

Hin­ter­grund der Debat­te ist die Zurück­weisung des ursprünglich im März beschlosse­nen Dop­pel­haushalts 2024/2025 durch das Innen­min­is­teri­um Meck­len­burg-Vor­pom­mern. Das Min­is­teri­um bemän­gelte ins­beson­dere, dass die Stadtvertre­tung die vom Finanzdez­er­nat vorgeschla­ge­nen Steuer­erhöhun­gen nicht über­nom­men hat­te. Dadurch fehlten rund drei Mil­lio­nen Euro im Haushalt – eine Summe, die nach Ansicht des Min­is­teri­ums für die Genehmi­gungs­fähigkeit des Haushalts notwendig ist.

Zwar weist der Haushalt für das laufende Jahr einen leicht­en Über­schuss von etwa 500.000 Euro aus, ab 2026 dro­ht jedoch ein Defiz­it von über fünf Mil­lio­nen Euro. Ohne Nachbesserung dro­ht Schw­erin die vor­läu­fige Haushalts­führung – mit weitre­ichen­den Fol­gen: Zahlre­iche frei­willige Aus­gaben wie Zuschüsse für Kul­tur- und Bil­dung­spro­jek­te, Investi­tio­nen in Stad­ten­twick­lung oder Aufwand­sentschädi­gun­gen für Ehre­namtliche wären dann nicht mehr möglich.

In der Folge ver­ständigten sich CDU, SPD, UB/FDP, DIE LINKE sowie BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN/Die PARTEI auf einen gemein­samen Kom­pro­mis­santrag, der am 26. Mai in ein­er Son­der­sitzung der Stadtvertre­tung beschlossen wer­den soll. Der Antrag sieht ein Maß­nah­men­paket zur Haushalt­skon­so­li­dierung vor, das sowohl Kürzun­gen auf der Aus­gaben­seite als auch eine Erhöhung der Gewerbesteuer umfasst.

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Ins­ge­samt ergibt sich daraus ein Kon­so­li­dierungs­be­trag von knapp 2,1 Mil­lio­nen Euro. Das Ziel ist, die vom Innen­min­is­teri­um geforderten drei Mil­lio­nen Euro bis 2025 zu erre­ichen. Weit­ere Maß­nah­men sollen im Rah­men der Nach­tragshaushalts­ber­atung fol­gen.

Nicht einge­bun­den in den Kom­pro­miss: die AfD-Frak­tion, die als größte Frak­tion in der Stadtvertre­tung den Vorschlag entsch­ieden ablehnt. Frak­tionsvor­sitzende Petra Fed­er­au erk­lärte: „Wir wer­den die Anhebung der Grund- und Gewerbesteuer nicht unter­stützen. Diese belas­ten dauer­haft die Ein­wohn­er und Gewer­be­treiben­den.“ Eine vor­läu­fige Haushalts­führung sei in ihren Augen ein legit­imes Mit­tel, um poli­tis­che Kor­rek­turen zu erzwin­gen.

Trotz Kompromiss fehlen 900.000 Euro

Ob der aus­ge­han­delte Kom­pro­miss aus­re­icht, um die Genehmi­gung des Haushalts zu erhal­ten, ist derzeit unklar. Das Innen­min­is­teri­um hat der Stadt einen gewis­sen Entschei­dungsspiel­raum eingeräumt. Den­noch fehlen noch etwa 900.000 Euro im Haushalt­s­plan – weshalb auch eine Erhöhung der Grund­s­teuer mit­tel­fristig nicht aus­geschlossen scheint.

Die kom­menden Wochen wer­den entschei­dend sein für Schw­erins finanzielle Zukun­ft. Der Druck aus der Wirtschaft ist groß, die Mah­nun­gen der Lan­despoli­tik deut­lich – und inner­halb der Stadtvertre­tung bröck­elt der Kon­sens. Während das Ziel, den Haushalt schnell­st­möglich zu beschließen und damit Schw­erin wieder voll arbeits­fähig zu machen, über Frak­tion­s­gren­zen hin­weg geteilt wird, herrscht über den Weg dor­thin keineswegs Einigkeit.