Mo, 28. April 2025
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Theaterzeit im Zelt:
Großes Haus ab Mai für 14 Monate geschlossen

Mit ausverkauften Vorstellungen und neuen Projekten startet das Mecklenburgische Staatstheater in eine spannende Zukunft – jetzt mit einem spektakulären Theaterzelt.

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  • Veröffentlicht Februar 27, 2025
Die aktuelle Spielzeit übertrifft alle Erwartungen. Doch große Veränderungen stehen bevor, Foto: maxpress/Steffen Holz
Die aktuelle Spielzeit über­trifft alle Erwartun­gen. Doch große Verän­derun­gen ste­hen bevor. Foto: maxpress/Steffen Holz

Wer Hans-Georg Weg­n­er über das Meck­len­bur­gis­che Staat­sthe­ater reden hört, erlebt einen Mann voller Begeis­terung und Taten­drang. Der Inten­dant hat allen Grund zur Freude: Die aktuelle Spielzeit über­trifft alle Erwartun­gen. Doch große Verän­derun­gen ste­hen bevor. Ab Mitte Mai wird das Große Haus für 14 Monate geschlossen. Die Lösung ist so ungewöhn­lich wie char­mant: Ein spek­takuläres The­aterzelt im Küchen­garten wird zur neuen Heimat für Oper, Schaus­piel, Bal­lett und Konz­erte. Mit 500 Plätzen und mod­ern­ster Tech­nik ver­spricht es ein ganz beson­deres The­ater­erleb­nis zu wer­den.

SNO: Betra­cht­en wir zunächst die laufende Spielzeit. Sind Sie zufrieden?

Hans-Georg Weg­n­er: Unsere Erwartun­gen wur­den defin­i­tiv übertrof­fen! Beson­ders in den Win­ter­monat­en Novem­ber und Dezem­ber kon­nten wir uns über ausverkaufte Vorstel­lun­gen freuen. Das Wei­h­nachtsmärchen, der zweite Teil des Räu­ber Hotzen­plotz, kam beim Pub­likum her­vor­ra­gend an. Wer weiß – vielle­icht wagen wir uns auch noch an den drit­ten Teil, der eine beson­ders span­nende Wen­dung nimmt: Hotzen­plotz wird plöt­zlich zum Guten, aber nie­mand will ihm das glauben.
Ein weit­eres High­light ist unsere Oper „Don Gio­van­ni“ in ein­er außergewöhn­lichen Road­movie-Inter­pre­ta­tion. Diese unge­wohnte Ästhetik zieht beson­ders junges Pub­likum an. Regis­seurin Franziska Kro­n­foth hat für jede Szene ein neues Bild geschaf­fen, das sich durch schnelle Wech­sel und schaus­pielerische Finesse ausze­ich­net. Erst kür­zlich, am 7. Feb­ru­ar, feierte außer­dem das Stück „Stran­drecht“ unter der Regie von Daniela Ker­ck Pre­miere – und das ist wirk­lich große Oper!

SNO: Ist Ihnen die Beto­nung der Macherin­nen, also der weib­lichen Regie, wichtig?

Hans-Georg Weg­n­er: Eigentlich sollte man das gar nicht mehr beson­ders her­vorheben müssen. Die Hälfte der Men­schheit sind schließlich Frauen! Aber tat­säch­lich sind sie in vie­len Gew­erken noch nicht so repräsen­tiert wie Män­ner – auch nicht in der Kun­st. Deshalb zeigen wir gerne: Es wird nicht alles von Män­nern gemacht! Das zieht sich durch unser gesamtes Pro­gramm. Bei jedem Sin­foniekonz­ert beispiel­sweise wer­den unsere Besuch­er min­destens eine Kom­pon­istin ken­nen­ler­nen.

SNO: Lässt sich die Zufrieden­heit mit der laufend­en Spielzeit auch in Zahlen bele­gen?

Hans-Georg Weg­n­er: Dafür ist es noch zu früh, wir bilanzieren tat­säch­lich erst am Ende der Spielzeit, zumal uns noch einige echte Pub­likums­mag­nete bevorste­hen: die Bal­let­top­er „Dido und Aeneas“, „Die lustige Witwe“ und unsere Bal­lettgala. Dazu kön­nen sich die Schw­er­iner auf die Schloss­fest­spiele freuen. Es passiert also noch einiges, bevor die Zahlen erhoben wer­den. Aber eines kön­nen wir jet­zt schon sagen: Die Zeit­en von Coro­na und deren Auswirkun­gen liegen ein­deutig hin­ter uns. Die Schw­er­iner wollen wieder ins The­ater – und sie kom­men!

SNO: Gilt das auch für die M*Halle, Kul­tur­müh­le und Fritz-Reuter-Bühne?

Hans-Georg Weg­n­er: Abso­lut! In der M*Halle haben wir sehr guten Zus­pruch – immer­hin find­et die Hälfte unseres Pro­gramms dort statt. Allerd­ings wollen wir kün­ftig noch stärk­er das Pub­likum direkt aus den umliegen­den Quartieren ansprechen. Auch am gas­tronomis­chen Ange­bot feilen wir noch. Wir wis­sen, dass es da noch Luft nach oben gibt. Aber eine punk­tuelle Gas­tronomie – also auss­chließlich zu den Vorstel­lungszeit­en mit unter­schiedlichen Aus­las­tun­gen und Stück­en, die teil­weise keine Pause haben – hat es nicht leicht. Eine Bar haben wir aber bere­its einge­baut. Ein weit­eres wichtiges Ziel ist außer­dem der Aus­bau des Kinder- und Jugendthe­aters.
An der Fritz-Reuter-Bühne erleben wir ger­ade einen tollen Lauf mit „Charleys Tante“ und haben allein im ver­gan­genen Jahr mehr als 150 Vorstel­lun­gen gegeben. Auch die Kul­tur­müh­le Parchim ist zu einem echt­en Anziehungspunkt gewor­den. Derzeit spie­len wir dort unter anderem „Lot­ta kann fast alles“ in Anlehnung an Astrid Lind­grens „Lot­ta aus der Krach­mach­er­straße“. Hier ist es beson­ders schön, die angegliederte Gas­tronomie und das Muse­um zu haben. Und das Ensem­ble hat mit spiel­freudi­gen, frischen Men­schen das Pub­likum regel­recht erobert.

SNO: Nun wird bald das Große Haus wegen Umbaus geschlossen. Was genau passiert dann?

Hans-Georg Weg­n­er: Das stimmt. Zum 19. Mai müssen wir hier nahezu kom­plett ausziehen, nur wenige Büros bleiben davon unberührt. Zunächst ste­hen umfan­gre­iche Arbeit­en am Orch­ester­graben an. Die ver­al­tete Maschiner­ie lässt sich nicht mehr mit Ersatzteilen ver­sor­gen. Wir benöti­gen eine neue Boden­plat­te, und es sind Bohrun­gen nötig, die auch die Pfahlanlage unter dem The­ater betr­e­f­fen. Die Brand­meldean­lage wird kom­plett erneuert, eben­so die Inspizien­te­nan­lage – sozusagen das Cock­pit des The­aters, in der alle tech­nis­chen Abläufe ges­teuert wer­den. Auch die Dim­mer­an­lage wird neu instal­liert und die Büh­nen­beleuch­tung auf LED umgestellt. Das ist ein enormer Fortschritt, was den Energiebe­darf bet­rifft. Der Umbau erfol­gt in Abschnit­ten, Probe­büh­nen wer­den geschlossen, Stim­mz­im­mer und Büros müssen umziehen.

„Es war absolut beeindruckend, weil die Zuschauer immer Kontakt zur Bühne haben“, sagt Hans-Georg Wegner über das Theaterzelt, Foto: maxpress/Steffen Holz
„Es war abso­lut beein­druck­end, weil die Zuschauer immer Kon­takt zur Bühne haben“, sagt Hans-Georg Weg­n­er über das The­aterzelt. Foto: maxpress/Steffen Holz

SNO: Eine enorme planer­ische Her­aus­forderung. Was heißt das für die Insze­nierun­gen und für die Zuschauer?

Hans-Georg Weg­n­er: Hier in Schw­erin spie­len wir dann in der M*Halle und in einem grandiosen The­aterzelt. Die Kasse bleibt aber im Großen Haus als Anlauf­stelle geöffnet. Wieder­auf­nah­men aus dem Großen Haus wird es kaum geben, weil wir sie im Zelt kom­plett neu insze­nieren müssten. Aber wir feiern einige schöne Pre­mieren dort und bieten mit dem Zelt ein beson­deres The­ater­erleb­nis, das sicher­lich reizvoll ist – zum einen durch die Loca­tion an sich, zum anderen, weil es etwas Vergänglich­es ist, das man gese­hen haben sollte.

SNO: Wie müssen sich die Zuschauer das Zelt vorstellen und wie bew­erk­stel­li­gen Sie alles Logis­tis­che?

Hans-Georg Weg­n­er: Das The­aterzelt ist ein Unikat und bietet eine hochw­er­tige Kulisse. Die amphithe­atrale Zuschauer­tribüne und eine elf Meter bre­ite Bühne – wie im Großen Haus – schaf­fen opti­male Voraus­set­zun­gen, auch wenn die Tiefe mit eben­falls elf Metern geringer ist als gewohnt. Für die Zuschauer gibt es ein repräsen­ta­tives Emp­fangszelt mit Foy­er, Gas­tronomie und Garder­obe, im hin­teren Bere­ich das Back­stage-Zelt mit Kün­st­ler­garder­oben, Maske, Lager­möglichkeit­en und Aufen­thalt­sräu­men. Logis­tisch ist es eine Her­aus­forderung – bis zu 150 Men­schen sind an ein­er Insze­nierung beteiligt. Da muss alles wie ein Uhrw­erk funk­tion­ieren. Büh­nenum­baut­en müssen neu gedacht wer­den. Belüf­tung, Heizung, san­itäre Anla­gen – wir müssen alles bedenken.
Ich habe mir das Zelt selb­st in München angeschaut. Es war abso­lut beein­druck­end, weil die Zuschauer immer Kon­takt zur Bühne haben. Das Orch­ester ver­schwindet nicht im Graben, son­dern sitzt vor der Bühne. Und wir kön­nen 500 Plätze bieten – das sind ger­ade ein­mal 30 weniger als im Großen Haus.

SNO: Wann und wo begin­nen die Arbeit­en und wann kommt das erste Stück auf die Bühne?

Hans-Georg Weg­n­er: Mitte März begin­nt der vier­wöchige Auf­bau. Das The­aterzelt wird auf dem Küchen­garten ste­hen – ein Ort, der sich bei der Bun­des­garten­schau bewährt hat. Anfang Juni begin­nen die Proben im Zelt und nach Pfin­g­sten, am 27. Juni, feiern wir Pre­miere mit „Die lustige Witwe“.
Ab Sep­tem­ber mit der neuen Spielzeit geben wir immer zwei Stücke „en suite“, das heißt: Wir begin­nen mit einem, dann kommt ein zweites hinzu. Dann läuft das erste aus und ein drittes startet par­al­lel zum zweit­en. Das ist son­st mit den Umbaut­en nicht real­isier­bar – und es ist auch ein Anreiz zu kom­men, denn jedes Stück ist nur für kurze Zeit zu sehen.
Wir freuen uns, wenn die Schw­er­iner bere­its beim Auf­bau vor­beis­chauen und sind überzeugt, dass auch der Spazier­gang durch den Schloss­garten bis zum Zelt zukün­ftig Teil des The­ater­erleb­niss­es sein wird.

SNO: Das The­aterzelt ist also ein Anziehungspunkt auch schon für die Schloss­fest­spiele. Was erwartet die Besuch­er bei den Fest­spie­len noch?

Hans-Georg Weg­n­er: Die Schloss­fest­spiele wer­den dieses Jahr beson­ders vielfältig! Ein absolutes High­light wird das Konz­ert „From Vien­na with Love“ auf der Freilicht­bühne mit Con­chi­ta Wurst und unserem Artist in Res­i­dence Nils Wan­der­er sein. Ich kenne Nils noch zu seinen Stu­dien­zeit­en – er ist ein Kün­stler, der The­ater lebt. Er ist im besten The­atersinne extro­vertiert. Er will spie­len, er will wirken und fasziniert sein Pub­likum. Dabei ist er nicht auf Barock­op­er fest­gelegt. Diese Offen­heit macht ihn zu einem span­nen­den Kün­stler. Gemein­sam mit Con­chi­ta Wurst, die mit ihrem fan­tastis­chen Gesang und begleit­et von der Meck­len­bur­gis­chen Staatskapelle, große Hits zum Besten geben wird – von Pop bis Klas­sik – ver­spricht das ein außergewöhn­lich­er Abend zu wer­den.

Danach fol­gen die Meck Proms mit „Feuer! Lebenslust“ auf der Freilicht­bühne, wobei unsere Gäste mit Pick­nick­ko­rb ein buntes Galapro­gramm genießen kön­nen.
Ein beson­der­er Vorteil in diesem Jahr: Mit dem The­aterzelt sind wir bei „Die lustige Witwe“ und der Bal­lettgala „Con­nex­ion #4“, die wir noch im Großen Haus zeigen, wet­terun­ab­hängig, anders als beim Open Air. Aber es gibt es auch noch ein High­light unter freiem Him­mel, näm­lich im Freilicht­mu­se­um Mueß: Unsere Fritz-Reuter-Bühne präsen­tiert dort „De Moorkatenop­er“ – ein pub­likum­sna­h­es Erleb­nis in niederdeutsch­er Sprache.

Das kom­plette The­ater­pro­gramm, auch mit dem Link zu den Schloss­fest­spie­len, gibt unter https://www.mecklenburgisches-staatstheater.de/programm.html

 

 

 

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