Do, 10. Juli 2025
Close

Frühverbindung nach Hamburg wackelt:
Bahn plant Streichung der ICE-Frühverbindung

Die ICE-Frühverbindung von Schwerin nach Hamburg steht vor dem Aus. Pendler sind alarmiert, die Stadt zeigt sich besorgt – doch Bahn und IHK reagieren bislang nicht auf Nachfragen.

Avatar-Foto
  • Veröffentlicht Juni 13, 2025
„ICE Frühverbindung Schwerin Hamburg“
Beruf­spendler aus Schw­erin nach Ham­burg kön­nten eine böse Über­raschung erleben. Foto: Las­z­lo Biro auf Unsplash

Beruf­spendler aus Schw­erin nach Ham­burg kön­nten ab dem kom­menden Jahr auf eine zen­trale Verbindung verzicht­en müssen. Nach derzeit­igem Pla­nungs­stand der Deutschen Bahn sollen die bei­den mor­gendlichen ICE-Züge um 6:41 Uhr und 7:20 Uhr, die Schw­er­iner bis­lang rechtzeit­ig zu Arbeits­be­ginn nach Ham­burg brin­gen, ab dem Fahrplan­wech­sel 2026 weg­fall­en. Die Infor­ma­tio­nen wur­den durch eine Anfrage des frak­tion­slosen Stadtvertreters Hen­ning Förster an die Stadtver­wal­tung bekan­nt und sorgten umge­hend für poli­tis­che Reak­tio­nen und Besorg­nis in der Lan­deshaupt­stadt.

Erste Verbindung künftig erst kurz vor neun

Laut Förster, der sich auf Gespräche zwis­chen der Deutschen Bahn (DB) und der Verkehrs­ge­sellschaft Meck­len­burg-Vor­pom­mern (VMV) bezieht, würde nach aktuellem Pla­nungs­stand der erste ICE aus Schw­erin Ham­burg kün­ftig erst um 8:50 Uhr erre­ichen – für viele Pendler schlicht zu spät. Auch die erste west­wärts gerichtete Abfahrt aus Schw­erin würde dem­nach erst um 7:55 Uhr erfol­gen. Die Kon­se­quenz: Zahlre­iche Schw­er­iner­in­nen und Schw­er­iner kön­nten ihren Arbeit­splatz in Ham­burg nicht mehr rechtzeit­ig erre­ichen.

„Diese Entwick­lung hätte mas­sive Auswirkun­gen auf Beruf­spendler, Geschäft­sreisende und damit let­ztlich auf die gesamte regionale Wirtschaftsstruk­tur“, warnt Förster. In sein­er Anfrage an Ober­bürg­er­meis­ter Dr. Rico Baden­schi­er (SPD) stellt er konkrete Fra­gen zum Umgang der Stadt mit der dro­hen­den Stre­ichung und fordert eine koor­dinierte poli­tis­che Antwort, gemein­sam mit dem Land und anderen regionalen Part­nern.

Stadt reagiert mit deutlicher Kritik

Die Reak­tion der Stadt ließ nicht lange auf sich warten. In sein­er Antwort macht Ober­bürg­er­meis­ter Baden­schi­er deut­lich: Offizielle Infor­ma­tio­nen von der Deutschen Bahn zur Stre­ichung der Frühverbindun­gen liegen der Lan­deshaupt­stadt nicht vor. Die Hin­weise stam­men auss­chließlich aus informellen Kon­tak­ten über die Arbeit­sebene des Lan­des.

Die Stadt bew­erte die bekan­nten Pla­nun­gen jedoch „äußerst kri­tisch“, so Baden­schi­er. Rund 1.428 Men­schen pen­deln laut Pendler­at­las regelmäßig aus Schw­erin nach Ham­burg oder arbeit­en für dort ansäs­sige Unternehmen. Fie­len die Frühverbindun­gen weg, wäre die Folge möglicher­weise ein Umstieg auf den pri­vat­en Pkw – mit neg­a­tiv­en Effek­ten für Umwelt, Verkehr und Leben­squal­ität.

Beson­ders besorgt zeigt sich die Stadt über die mögliche Abw­er­tung des Wohn­stan­dorts Schw­erin. „Ger­ade Ham­burg stellt ein wichtiges Pen­delziel dar“, so Baden­schi­er. Um den dro­hen­den Ein­schnitt abzuwen­den, habe man sich bere­its schriftlich und tele­fonisch an Alexan­der Kacz­marek, den Konz­ern­bevollmächtigten der Deutschen Bahn für die Region, gewandt. Auch das Wirtschaftsmin­is­teri­um sei um Unter­stützung gebeten wor­den.

Die Deutsche Bahn ver­weist auf die laufend­en Pla­nun­gen und betont, dass noch keine endgülti­gen Fahrpläne für das Jahr 2026 existieren. Der neue Fahrplan werde erst im Mai 2026 nach Abschluss der Gen­er­al­sanierung der Strecke Berlin–Hamburg in Kraft treten. Bis dahin existieren lediglich Entwürfe und soge­nan­nte mKoK-Pla­nun­gen – ein mit­tel­fristiges Konzept zur opti­mierten Kapaz­ität­snutzung. Diese sehen aktuell einen ICE-Takt von zwei Stun­den vor, mit Abfahrten um 5:56 Uhr und 7:56 Uhr ab Schw­erin. Eine Ankun­ft in Ham­burg vor 8 Uhr wäre damit nicht mehr gewährleis­tet.

Keine Antwort von Bahn und IHK

Unsere Redak­tion bat sowohl die Deutsche Bahn als auch die Indus­trie- und Han­del­skam­mer (IHK) um Stel­lung­nah­men. Wir woll­ten wis­sen, ob die Stre­ichung der Frühverbindung tat­säch­lich geplant ist, wie die Bahn die Inter­essen der Pendler berück­sichtigt und welche Ersatz­maß­nah­men während der Bauzeit von August 2025 bis April 2026 geplant sind. Auch die Ein­schätzung der IHK zur Bedeu­tung der Verbindung für die regionale Wirtschaft war Gegen­stand unser­er Anfrage. Doch wed­er die Deutsche Bahn noch die IHK Schw­erin haben auf unsere Pressean­fra­gen reagiert.

Forderung nach Schulterschluss in der Region

Die Stadtver­wal­tung Schw­erin zeigt sich offen für eine weit­erge­hende poli­tis­che Ini­tia­tive. Eine bre­it getra­gene Entschließung der Stadtvertre­tung – gemein­sam mit dem Land und Part­nern wie IHK, Handw­erk­skam­mer und Unternehmerver­band – sei zielführend, um poli­tis­chen Druck auf die DB Fer­n­verkehr AG auszuüben. Man habe bere­its gute Erfahrun­gen mit gemein­schaftlichem Vorge­hen im Zusam­men­hang mit dem Schienen­er­satzverkehr während der anste­hen­den Gen­er­al­sanierung gemacht, so die Ver­wal­tung.

Ob die Frühverbindung nach Ham­burg am Ende erhal­ten bleibt, ist weit­er­hin offen. Die endgültige Entschei­dung liegt bei der Deutschen Bahn – und wird voraus­sichtlich erst im Herb­st 2025 mit der offiziellen Veröf­fentlichung der Fahrpläne getrof­fen. Bis dahin bleibt den Pend­lerin­nen und Pendlern nur eines: Abwarten – und hof­fen, dass ihre Inter­essen noch gehört wer­den.