Frühverbindung nach Hamburg wackelt:
Bahn plant Streichung der ICE-Frühverbindung
Die ICE-Frühverbindung von Schwerin nach Hamburg steht vor dem Aus. Pendler sind alarmiert, die Stadt zeigt sich besorgt – doch Bahn und IHK reagieren bislang nicht auf Nachfragen.

Berufspendler aus Schwerin nach Hamburg könnten ab dem kommenden Jahr auf eine zentrale Verbindung verzichten müssen. Nach derzeitigem Planungsstand der Deutschen Bahn sollen die beiden morgendlichen ICE-Züge um 6:41 Uhr und 7:20 Uhr, die Schweriner bislang rechtzeitig zu Arbeitsbeginn nach Hamburg bringen, ab dem Fahrplanwechsel 2026 wegfallen. Die Informationen wurden durch eine Anfrage des fraktionslosen Stadtvertreters Henning Förster an die Stadtverwaltung bekannt und sorgten umgehend für politische Reaktionen und Besorgnis in der Landeshauptstadt.
Erste Verbindung künftig erst kurz vor neun
Laut Förster, der sich auf Gespräche zwischen der Deutschen Bahn (DB) und der Verkehrsgesellschaft Mecklenburg-Vorpommern (VMV) bezieht, würde nach aktuellem Planungsstand der erste ICE aus Schwerin Hamburg künftig erst um 8:50 Uhr erreichen – für viele Pendler schlicht zu spät. Auch die erste westwärts gerichtete Abfahrt aus Schwerin würde demnach erst um 7:55 Uhr erfolgen. Die Konsequenz: Zahlreiche Schwerinerinnen und Schweriner könnten ihren Arbeitsplatz in Hamburg nicht mehr rechtzeitig erreichen.
„Diese Entwicklung hätte massive Auswirkungen auf Berufspendler, Geschäftsreisende und damit letztlich auf die gesamte regionale Wirtschaftsstruktur“, warnt Förster. In seiner Anfrage an Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier (SPD) stellt er konkrete Fragen zum Umgang der Stadt mit der drohenden Streichung und fordert eine koordinierte politische Antwort, gemeinsam mit dem Land und anderen regionalen Partnern.
Stadt reagiert mit deutlicher Kritik
Die Reaktion der Stadt ließ nicht lange auf sich warten. In seiner Antwort macht Oberbürgermeister Badenschier deutlich: Offizielle Informationen von der Deutschen Bahn zur Streichung der Frühverbindungen liegen der Landeshauptstadt nicht vor. Die Hinweise stammen ausschließlich aus informellen Kontakten über die Arbeitsebene des Landes.
Die Stadt bewerte die bekannten Planungen jedoch „äußerst kritisch“, so Badenschier. Rund 1.428 Menschen pendeln laut Pendleratlas regelmäßig aus Schwerin nach Hamburg oder arbeiten für dort ansässige Unternehmen. Fielen die Frühverbindungen weg, wäre die Folge möglicherweise ein Umstieg auf den privaten Pkw – mit negativen Effekten für Umwelt, Verkehr und Lebensqualität.
Besonders besorgt zeigt sich die Stadt über die mögliche Abwertung des Wohnstandorts Schwerin. „Gerade Hamburg stellt ein wichtiges Pendelziel dar“, so Badenschier. Um den drohenden Einschnitt abzuwenden, habe man sich bereits schriftlich und telefonisch an Alexander Kaczmarek, den Konzernbevollmächtigten der Deutschen Bahn für die Region, gewandt. Auch das Wirtschaftsministerium sei um Unterstützung gebeten worden.
Die Deutsche Bahn verweist auf die laufenden Planungen und betont, dass noch keine endgültigen Fahrpläne für das Jahr 2026 existieren. Der neue Fahrplan werde erst im Mai 2026 nach Abschluss der Generalsanierung der Strecke Berlin–Hamburg in Kraft treten. Bis dahin existieren lediglich Entwürfe und sogenannte mKoK-Planungen – ein mittelfristiges Konzept zur optimierten Kapazitätsnutzung. Diese sehen aktuell einen ICE-Takt von zwei Stunden vor, mit Abfahrten um 5:56 Uhr und 7:56 Uhr ab Schwerin. Eine Ankunft in Hamburg vor 8 Uhr wäre damit nicht mehr gewährleistet.
Keine Antwort von Bahn und IHK
Unsere Redaktion bat sowohl die Deutsche Bahn als auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) um Stellungnahmen. Wir wollten wissen, ob die Streichung der Frühverbindung tatsächlich geplant ist, wie die Bahn die Interessen der Pendler berücksichtigt und welche Ersatzmaßnahmen während der Bauzeit von August 2025 bis April 2026 geplant sind. Auch die Einschätzung der IHK zur Bedeutung der Verbindung für die regionale Wirtschaft war Gegenstand unserer Anfrage. Doch weder die Deutsche Bahn noch die IHK Schwerin haben auf unsere Presseanfragen reagiert.
Forderung nach Schulterschluss in der Region
Die Stadtverwaltung Schwerin zeigt sich offen für eine weitergehende politische Initiative. Eine breit getragene Entschließung der Stadtvertretung – gemeinsam mit dem Land und Partnern wie IHK, Handwerkskammer und Unternehmerverband – sei zielführend, um politischen Druck auf die DB Fernverkehr AG auszuüben. Man habe bereits gute Erfahrungen mit gemeinschaftlichem Vorgehen im Zusammenhang mit dem Schienenersatzverkehr während der anstehenden Generalsanierung gemacht, so die Verwaltung.
Ob die Frühverbindung nach Hamburg am Ende erhalten bleibt, ist weiterhin offen. Die endgültige Entscheidung liegt bei der Deutschen Bahn – und wird voraussichtlich erst im Herbst 2025 mit der offiziellen Veröffentlichung der Fahrpläne getroffen. Bis dahin bleibt den Pendlerinnen und Pendlern nur eines: Abwarten – und hoffen, dass ihre Interessen noch gehört werden.