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IHK-Umfrage: Unternehmen leiden unter hohen Strom- und Gaspreisen

Der deutliche Anstieg der Strom- und Gaspreise macht weiten Teilen der deutschen Wirtschaft stark zu schaffen. In einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammern in Deutschland und des Deutschen Industrie-

  • Veröffentlicht Dezember 16, 2021
Das Ludwig-Bölkow-Haus in Schwerin | Foto: IHK zu Schwerin

Der deutliche Anstieg der Strom- und Gaspreise macht weiten Teilen der deutschen Wirtschaft stark zu schaffen. In einer aktuellen Umfrage der Industrie- und Handelskammern in Deutschland und des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) nannten drei Viertel der Unternehmen diesen Faktor als Belastung für ihr laufendes Geschäft. Knapp die Hälfte der rund 600 Betriebe aus allen Branchen, die sich an der Erhebung beteiligten, befürchtet aufgrund der hohen Strom- und Gaspreise sogar den Verlust der eigenen Wettbewerbsfähigkeit am Standort Deutschland.

 

Aktuelles Bild ist beunruhigend

„Das von den Unternehmen gezeichnete Bild ist sehr beunruhigend“, kommentiert IHK-Präsident Matthias Belke in Schwerin die Umfrageergebnisse. „Bereits in der Vergangenheit mussten die Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern die bundesweit höchsten Kosten im Strom- und Gasbereich schultern. Die nahezu flächendeckend angekündigten Anhebungen der Strom- und Gaspreise nehmen den Unternehmen weitere finanzielle Spielräume für notwendige Zukunftsinvestitionen. Betroffen sind zentrale Bereiche wie Klimaschutz, Forschung und Innovation, aber auch Investitionen im jeweiligen Kerngeschäft der Unternehmen.“

Zum Hintergrund: Vier von fünf Unternehmen haben bis Herbst dieses Jahres bereits Stromverträge für das kommende Jahr abgeschlossen. Davon konnten nur neun Prozent auf dem Niveau aus dem Corona-Jahr 2020 einkaufen. Mehr als ein Viertel der Betriebe berichten, dass sie mehr als 10 ct/kWh im Jahr 2022 für ihren Strom aufwenden müssen. Gegenüber dem Vorjahr dürften sich die reinen Beschaffungskosten im Schnitt über alle Unternehmen damit mehr als verdoppelt haben. Für das laufende Geschäftsjahr stehen vielen Betrieben noch Kostensteigerungen bevor. Positiv auch mit Blick auf die klaren Aussagen im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung zum Thema Klimaschutz: Grünstromdirektlieferverträge (sog. PPAs) haben durch die gestiegenen Strompreise für viele Unternehmen an Bedeutung gewonnen, weil sie den Preis langfristig für mehrere Jahre fixieren. Das Interesse der Unternehmen ist breit gestreut. Fast die Hälfte der Befragten (42 Prozent) haben ein mittleres bis hohes Interesse. Stark bis sehr stark ist das Interesse sogar bei einem Drittel. Über alle Unternehmen liegt der Schnitt bei 5,7 auf der Zehnerskala. Bei großen Betrieben liegt der Schnitt bei 6,9, so dass hier von einem sehr weit verbreiteten Interesse gesprochen werden kann.


Deutliche Wettbewerbsnachteile für den deutschen Mittelstand

Die aktuellen Verteuerungen treffen die deutschen Betriebe stärker als ihre internationalen Wettbewerber. Beim Strom zahlen sie in fast allen Abnahmegruppen schon bisher die höchsten Preise in Europa. So kostet deutsche Mittelständler der Strom beispielsweise fast doppelt so viel wie die Konkurrenz in Frankreich. Ähnlich das Bild beim Erdgas. Der Anstieg des Gaspreises ist zwar ein weltweit zu beobachtendes Phänomen. Aber auch hier verursacht die nationale CO2-Bepreisung seit Jahresbeginn deutliche Wettbewerbsnachteile für alle Unternehmen, die nicht unter den europäischen Emissionshandel fallen.

 

Unternehmen müssen Kostenexplosion verkraften

Die Auswertung der bundesweiten Umfrage zeigt, dass knapp die Hälfte der Unternehmen gegenüber dem Corona-Jahr 2020 signifikant höhere Stromkosten verkraften müssen. Für jeden achten Betrieb ist sogar eine Verdopplung bereits Realität.  Nur gut 19 Prozent der Befragten konnten auf dem Vorjahresniveau beschaffen. Und mehr als ein Viertel der Unternehmen berichten, dass sie für die reine Strombeschaffung mehr als 10 Cent pro Kilowattstunde aufwenden müssen. Dazu kommen noch Steuern, Umlagen und Netzentgelte von bis zu 15 Cent pro Kilowattstunde.

Auch bei der Gasbeschaffung kämpft ein Drittel der Betriebe mit signifikanten Mehrkosten. Die Situation kann sich weiter verschärfen, denn viele Unternehmen müssen in diesem Jahr noch erhebliche Mengen an Gas einkaufen.

Die Firmen suchen dringend Auswege aus dieser Krise: Rund zwei Drittel der Befragten denken darüber nach, ihre Beschaffungsstrategie zu ändern. Mehr als 40 Prozent der Betriebe haben dabei großes Interesse an langfristigen Direktlieferverträgen für Grünstrom, den sogenannten Green PPAs. Denn diese helfen ihnen nicht nur auf ihrem Weg zur Klimaneutralität, sondern stabilisieren auch den Strompreis.

 

Politischer Handlungsbedarf vor allem beim Strom

„Die Rückmeldungen zeigen uns, dass die Explosion der Beschaffungskosten bei Strom und Gas viele Unternehmen empfindlich trifft. Langfristige Direktlieferverträge für Grünstrom werden vor diesem Hintergrund immer stärker zu einem entscheidenden Standortfaktor. Die Politik sollte Maßnahmen ergreifen, um die Höhe der Energiekosten auf einem wettbewerbsfähigen Niveau zu halten“, so Matthias Belke. Die IHK zu Schwerin sieht Chancen für den Wirtschaftsstandort Mecklenburg-Vorpommern: „Mit der Industriestrategie Mecklenburg-Vorpommern 2030 haben die beteiligten Wirtschaftspartner klar zum Ausdruck gebracht: MV ist auch in der Industrie nachhaltig und zukunftsorientiert. Die enorm gestiegenen Strom- und Gaspreise könnten die Initialzündung sein beim Ausbau der EEG Erneuerbaren Energie sprichwörtlich Gas zu geben. Grünstrom in Wasserstoff umwandeln, speichern und Gas ersetzen kann ein zentraler Standortvorteil für uns werden“, so Belke mit einem hoffnungsvollen Ausblick. Sein Appell geht an die neue Landesregierung: „Wir dürfen keine Zeit vergeuden und müssen die zentralen Themen der Zukunft jetzt gemeinsam angehen.“

Insbesondere beim Strom bestehe viel Handlungsbedarf. Wirklich wichtig ist, dass die angekündigte Abschaffung der EEG-Umlage zügig kommt und die Rahmenbedingungen für grüne Direktverträge verbessert werden.

Detaillierte Ergebnisse der Erhebung

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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