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Kita gGmbh-Chefin Anke Preuß:
Kinder brauchen Zeit, die nur ihnen gehört

Längere Schulzeiten und zahlreiche Nachmittagsangebote lassen kaum Platz für freies Spiel.

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  • Veröffentlicht Oktober 24, 2025
Anke Preuß setzt sich für eine kindgerechte Freizeitgestaltung im Hort ein – fernab von Leistungsdruck und Terminstress, Foto:maxpress
Anke Preuß set­zt sich für eine kindgerechte Freizeit­gestal­tung im Hort ein – fernab von Leis­tungs­druck und Ter­min­stress. Foto:maxpress

Langer Unter­richt schon in der ersten Klasse, Hausauf­gaben, Vere­in oder Musikschule, dann zur Logopädie oder zum Kiefer­orthopä­den – „schon Kinder zwis­chen sechs und zehn Jahren haben volle Ter­minkalen­der“, mah­nt Kita gGmbH Geschäfts­führerin Anke Preuß. Sie fragt: „Was brauchen Kinder?“Hort klingt nach Spiel, Spaß und Freizeit – den­noch kön­nen die wahren Bedürfnisse der Kinder in der Real­ität oft nicht bedi­ent wer­den, so die Überzeu­gung von Anke Preuß. Im SNO-Inter­view lenkt sie den Blick aufs Wesentliche.

SNO: Sie betreiben fünf Hort-Stan­dorte in Schw­erin. Worauf acht­en Sie dort?
Anke Preuß: Unsere Auf­gabe ist es, Kindern eine Freizeit­gestal­tung zu ermöglichen, in der sie Selb­st­ständigkeit, Selb­stor­gan­i­sa­tion und Eigen­ver­ant­wor­tung entwick­eln kön­nen. Das tun unsere päd­a­gogis­chem Fachkräfte voller Engage­ment. Wir bieten Kindern Räume zur freien Ent­fal­tung und Gestal­tung ihrer Zeit nach Schulschluss. Sie ler­nen, sich in Grup­pen zu ver­hal­ten, Prob­leme selb­st­ständig zu lösen und kön­nen in der The­o­rie auch zur Ruhe kom­men und abschal­ten. Aber in der Prax­is ist die Zeit dafür ein­deutig zu knapp.

SNO: Was ist denn anders als früher?
Anke Preuß: Vor 20 oder 30 Jahren war der über­wiegende Teil des Nach­mit­tags unstruk­turi­ert – man ging raus, traf sich mit Fre­un­den, erlebte Aben­teuer. Heute sind die Tage oft in ein Korsett gezwängt. Schon Grund­schule dauert lang. Dazu kom­men Ange­bote, die nicht immer die Kinder selb­st, son­dern oft auch die Eltern für sie wählen. Vieles ist stark durchge­tak­tet. So bleibt vie­len Kindern im Hort oft nur eine Stunde täglich für freies Spie­len, Aktiv­itäten oder Ruhe nach Lust und Laune.

SNO: Geht da ein Stück Kind­heit ver­loren?
Anke Preuß: In jedem Fall wer­den Kinder sehr früh enor­men Druck aus­ge­set­zt – sie sollen sich ein­heitlich schulkom­pat­i­bel ver­hal­ten, am besten den ganzen Tag ler­nen, um Leis­tungsansprüchen zu genü­gen. Ihre Herkun­ft, famil­iäre Sit­u­a­tion und daraus resul­tierende Bedürfnisse haben in ihrem All­t­ag zu wenig Platz. Dabei sind freie Entschei­dun­gen, Mitbes­tim­mung, Zeit mit Fre­un­den und Spie­len ihrer Wahl, selb­st­gewählte Pausen und Zeit für Neugierde wesentlich für ihre Per­sön­lichkeit­sen­twick­lung.

SNO: Was wün­schen Sie sich?
Anke Preuß: Dass wir alle – Schule, Hort und Eltern – wieder ver­mehrt auf die Haup­tak­teure, die Kinder, schauen. Dass wir gemein­sam ihre The­men ernst nehmen. Kinder sollen Kinder sein dür­fen und dafür brauchen sie Zeit und Raum, welch­er nur ihnen gehört.