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Kundgebung: Taxigewerbe gegen Uber und Co

Verkehrsminister Scheuer will den Fahrdienstmarkt liberalisieren - sehr zum Ärger des Taxigewerbes. Die Fahrer fürchten um ihre Existenz. In Schwerin haben Taxifahrer deshalb vor der Staatskanzlei demonstriert. Die Landesregierung zeigt

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  • Veröffentlicht Juni 13, 2019
Foto: Schwerin-Lokal.de

Gegen die geplanten Neuregelun­gen wie zum Beispiel beim Konkur­renten Uber, haben gestern Tax­i­fahrer vor der Schw­er­iner Staatskan­zlei demon­stri­ert. Mit ein­er Protestrei­he in allen Lan­deshaupt­städten in Deutsch­land möchte der  Bun­desver­band Taxi und Miet­wa­gen e.V. auf die von ihm emp­fun­dene Bedro­hung des Tax­igewerbes aufmerk­sam machen.

„Die geplanten Änderun­gen des Per­so­n­en­be­förderungs­ge­set­zes wür­den das Aus für das Tax­igewerbe bedeuten“, sagt Michael Müller, Präsi­dent des Bun­desver­ban­des Taxi und Miet­wa­gen e.V., der die Tour begleit­et.  Über die Geset­zesän­derung muss auch der Bun­desrat abstim­men. „Deshalb richt­en wir Mah­nwachen vor den Staatskan­zleien in allen Bun­deslän­dern ein, um darauf hinzuweisen, welche Gefahren für bezahlbare Mobil­ität in Stadt und Land dro­hen“.

Das, was da passiert, ist ein Willkom­mensgeschenk für alle, die Rosi­nen­pick­erei betreiben wollen”, sagte Michael Müller. Uber und Co. seien eine Gefährdung für den gesamten Öffentlichen Per­so­nen­nahverkehr. Sie wür­den ihren Ser­vice nur im urba­nen Zen­trum anbi­eten, wo das Geschäft gut laufe, so Müller.

 

Uber & Co. greifen mit Dumpingpreisen an

 

Das Tax­igewerbe ist an die von den Kom­munen fest­gelegten Tar­ife gebun­den. „Das ist Ver­brauch­er­schutz pur“, sagte Müller. „Darum greifen Uber und Co. das Gewerbe jet­zt mit Dump­ing­tar­ifen an. Die kleinen Tax­i­un­ternehmen kön­nten gar nicht so viel Geld ver­bren­nen. Es ist ihnen auch rechtlich nicht ges­tat­tet, den behördlich genehmigten Tarif zu unter­schre­it­en. Wie der Preiskampf aus­ge­hen kann, ist klar: Das Taxi wird ver­schwinden, Uber und Co übernehmen den Markt und dik­tieren danach die Preise. Dass diese Tar­ife dann deut­lich höher sein wer­den, zeigen jet­zt schon Beispiele aus anderen Län­dern.“

 

Foto: Schwerin-Lokal.de

 

Einziger Schutz für die Ver­brauch­er ist die bish­er im Per­so­n­en­be­förderungs­ge­setz ver­ankerte Rück­kehrpflicht für Miet­wa­gen mit Fahrer. Soll­ten diese Anbi­eter nicht mehr nach erfol­gten Aufträ­gen an ihren Betrieb­ssitz zurück­kehren müssen, wie es das Bun­desverkehrsmin­is­teri­um plant, wäre der Wet­tbe­werb aus­ge­he­belt. Miet­wa­gen wie Uber und Co hät­ten dann alle Rechte und keine Pflicht­en: „Fair­er Wet­tbe­werb sieht anders aus. Sollte das Gesetz so kom­men, ist die Katas­tro­phe vor­pro­gram­miert“, unter­strich Müller.

 

Über Ergebnisse kann gestritten werden

 

Der Stre­it zwis­chen dem Verkehrsmin­is­ter und den Tax­i­fahrern lässt sich an der soge­nan­nten Rück­kehrpflicht fest­machen. Für Taxis und Miet­wa­gen gel­ten näm­lich unter­schiedliche Bes­tim­mungen. Während ein Tax­i­fahrer sofort nach Ende ein­er Fahrt wieder einen neuen Fahrgast aufladen darf, ist dem Chauf­feur eines Miet­wa­gens dies unter­sagt: Er muss gemäß unseres Per­so­n­en­be­förderungs­ge­set­zes leer zu seinem Betrieb­ssitz zurück, darf sich auch nicht vor dem näch­st­besten Hotel auf­pflanzen und mit gün­stigeren Fahrpreisen Kun­den zu Uber lock­en. Das will Min­is­ter Scheuer abschaf­fen. 

Das Tax­igewerbe macht nun gegen den Min­is­ter mobil. Er greift das Taxi-Monopol direkt an. Dabei gibt es auch eine andere Sicht auf die Scheuer­sche Lib­er­al­isierung des Per­so­n­en­be­förderungs­mark­tes.  Während Deutsch­land in beim The­ma Tax­i­monopol noch im Jahr 1970 festzusteck­en scheint, haben andere Län­der, ins­beson­dere die USA, den Bere­ich radikal Lib­er­al­isierung und dabei den Auf­stieg von pri­vat­en Fahr­di­en­stver­mit­tlern wie Uber ermöglicht. Über das Resul­tat kann gestrit­ten wer­den.

Foto: Schwerin-Lokal.de

Befür­worter von Uber und anderen Fahr­di­en­sten ver­weisen immer wieder darauf, dass sich das Mod­ell in den USA schon bewährt habe. Dort habe die Reform und der Auf­stieg von Uber, Lyft und Co. schon dafür gesorgt, dass Taxis vol­lkom­men aus dem Verkehrs­bild ver­schwun­den seien. Für die Kun­den hätte dies gün­stigere Fahrpreise zur Folge. Durch die Mis­chung aus ÖPNV, Car-Shar­ing und Uber kön­nten Amerikan­er in Städten wie Wash­ing­ton oder San Fran­cis­co vol­lkom­men auf das pri­vate Auto verzicht­en. Eine jüngst veröf­fentlichte Studie der Uni­ver­si­ty of Ken­tucky hinge­gen, kommt zu einem gän­zlich anderen Ergeb­nis. 

Um den Effekt von Uber und Co auf den Stadtverkehr zu unter­suchen, haben die Forsch­er zunächst Dat­en der bei­den Ver­mit­tlungs­di­en­ste Uber und Lyft für die Stadt San Fran­cis­co aus­gew­ertet. Die Fahr­di­en­st­dat­en des Jahres 2016 ver­ri­eten ihnen für jeden Straßen­zug der Stadt, wann und wie viele Mit­fahrer aufgenom­men und wieder abge­set­zt wur­den.

Dann nutzten die Forsch­er Dat­en der Verkehrs­be­hör­den und ein von diesen genutztes Mod­ell, um das Verkehrsaufkom­men, Staus und andere Behin­derun­gen nachzu­vol­lziehen. Im let­zten Schritt schließlich mod­i­fizierten sie das Mod­ell so, dass es basierend auf allen Dat­en die Verkehrslage in San Fran­cis­co von 2010 bis 2016 ein­mal mit und ein­mal ohne die Fahr­di­en­ste wieder­gab. Das über­raschende Ergeb­nis: Der Boom der Fahr­di­en­ste hat den Verkehr in San Fran­cis­co keineswegs ent­lastet. Die Dat­en enthüll­ten zudem, dass durch die Fahr­di­en­ste nicht weniger Autos in der Stadt unter­wegs waren, son­dern eher mehr: Ohne Uber und Co hät­ten sich die Fahrstun­den aller Autos in San Fran­cis­co in den gut fünf Jahren um zwölf Prozent erhöht, mit den Fahr­di­en­sten stieg die Nutzungs­dauer um 30 Prozent, wie die Forsch­er bericht­en. Auch die Fahrzeug­menge in der Stadt sei durch Uber und Co nicht gesunken. Als Anreiz, auf ein eigenes Auto zu verzicht­en, funk­tion­ierten die Fahr­di­en­ste zumin­d­est in San Fran­cis­co dem­nach nicht.
 
Trotz­dem muss sich auch im Tax­igewerbe etwas tun. Die Weigerung der Taxi-Unternehmen, ein­er Lib­er­al­isierung ihres Sek­tors zuzus­tim­men, kann man aus Sicht der Arbeit­nehmer und Unternehmer sehr gut ver­ste­hen. Der Unternehmen­szweig ist in kein­er Weise bere­it für Konkur­renz. Durch ein Jahrzehnte existieren­des Monopol ergab sich ein Reform­stau, der nun endlich gelöst wer­den muss. Taxi-Unternehmen kon­nten sich in der Ver­gan­gen­heit jeglichen Verbesserun­gen für den Kun­den ver­weigern, da keine Alter­na­tive ver­füg­bar war. Doch mit dem Auf­stieg von dig­i­tal­en Fahr­di­en­stleis­tern hat­te die Alter­na­tivlosigkeit ein jäh­es Ende gefun­den. Die Verun­sicherung ist daher ver­ständlicher­weise groß.

 

Landesregierung zeigt kalte Schulter

 
Man darf Uber und Co nicht frei von Kri­tikpunk­ten sprechen. Es gibt viele Punk­te, die Fahrer bei Uber nicht beacht­en müssen. Tax­i­fahrer müssen sich an viele Regeln hal­ten. Um den Taxis­chein zu bekom­men, müssen sie eine Ort­skun­de­prü­fung able­gen, die je nach Anbi­eter mehrere Hun­dert Euro kostet. Das bein­hal­tet eine mehrmonatige Vor­bere­itung.  Bei der Prü­fung wird dann eine Fahrt von A nach B abge­fragt, die der Prüfling aus dem Gedächt­nis abfahren muss – inklu­sive Nen­nung aller abge­hen­den Straßen.

Foto: Schwerin-Lokal.de

Tax­i­fahrer haben ein Fiskaltax­am­e­ter in ihrem Auto, das Umsatz und Arbeit­szeit aufze­ich­net und spe­ichert, jed­erzeit vom Finan­zamt abruf­bar. Tax­i­fahrer müssen bei jed­er Fahrt den gle­ichen Fahrpreis nehmen. An den Taxistän­den warten immer wieder und unangekündigt Kon­trolleure vom Lan­desamt für Bürg­er und Ord­nungsan­gele­gen­heit­en (LABO). Stimmt die Kennze­ich­nung des Wagens? Funk­tion­iert das Warn­dreieck? Wenn nicht: Bußgeld. Alle diese Regeln gel­ten für Fahrer bei pri­vat­en  Fahr­di­en­stleis­tern nicht. Diese Ungle­ich­heit lässt sich tat­säch­lich schw­er erk­lären. 

Die Tax­i­fahrer gestern hät­ten sich ein Gespräch mit der Lan­desregierung gewün­scht. Gegenüber dem Ver­band wurde nach Eige­nangaben im Vor­feld zuge­sagt, dass jemand mit den Tax­i­fahrern reden würde. Vor der Staatskan­zlei wartetet man dann verge­blich auf einen Vertreter der Lan­desregierung. Diese zeigte dem Protest gestern die kalte Schul­ter. Kein Gespräch kann aber auch ein Sig­nal sein. Allerd­ings kein beson­ders sou­veränes Sig­nal. 

 

Änderung 16.06.2019: In ein­er früheren Ver­sion dieses Artikels schrieben wir, dass in den USA Uber, Lyft und Co in USA  dazu geführt haben, dass weniger Pri­vatau­tos fahren. Das lässt sich anhand von Stu­di­en nicht bele­gen. Daher haben wir diese Pas­sage geän­dert und auf die Studie der Uni­ver­si­ty of Ken­tucky ver­wiesen, die zu einem gegen­teili­gen Ergeb­nis kommt.