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Land unterstützt Frankfurt/Oder ‑Wieder lässt Landesregierung Schwerin im Regen stehen

"Die Erklärung des Landes macht mich fassungslos." " Es ist enttäuschend und beschämend zugleich." Ähnlich wie Gert Rudolf, Fraktionschef der CDU/FDP-Fraktion und Arndt Müller, stellv. Fraktionschef der Grünen in der

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  • Veröffentlicht Juli 2, 2022
Seit 1990 ist Deutsch­land wiedervere­int. | Darstel­lung: pri­vat

Es schien span­nend und für Schw­erin eine echte Chance, eine wis­senschaftliche Ein­rich­tung zu bekom­men, die das Ziel, die Lan­deshaupt­stadt als Wis­senschafts- und Hochschul­stan­dort zu etablieren, deut­lich voran­brin­gen kön­nte. Die Grü­nen Frak­tion in Schw­erin hat­te angeregt, die Stadt solle sich als Stan­dort des geplanten „Zukun­ft­szen­trums für Deutsche Ein­heit und Europäis­che Trans­for­ma­tion“ bewer­ben. Die Mehrheit der Stadtvertre­tung beschloss, der Ober­bürg­er­meis­ter solle entsprechende Vor­bere­itun­gen für eine Bewer­bung tre­f­fen. Nun ist der Traum bere­its aus­geträumt. Das Land lässt seine Lan­deshaupt­stadt erneut im Regen ste­hen.

 

Und wieder lässt Schwesigs Regierung Schwerin im Regen stehen

Zwar hat­te Ober­bürg­er­meis­ter Rico Baden­schi­er noch kür­zlich gegenüber unser­er Redak­tion erk­lären lassen, er führe bere­its informelle Gespräche im Hin­ter­grund, und man warte auf die genauen Details der Auss­chrei­bung. Wirk­lich eupho­risch klang die Antwort aus dem Stadthaus aber schon zu diesem Zeit­punkt nicht. Wusste das Stad­to­ber­haupt schon zu diesem Zeit­punkt mehr? Hat­ten ihm die Parteifre­undin­nen Min­is­ter­präsi­dentin Manuela Schwe­sig oder auch Wis­senschaftsmin­is­terin Bet­ti­na Mar­tin (alle SPD) eventuell schon sig­nal­isiert, dass das Bestreben der Stadt gle­ich wieder beerdigt wer­den kön­nte?

Genau wie sein­erzeit die zweite BUGA-Bewer­bung vor weni­gen Jahren (die BUGA übri­gens, die Ros­tock nun absagt, und die M‑V nun ganz ver­loren gegan­gen ist) oder auch wie beim Archäol­o­gis­chen Lan­desmu­se­um? Auch diese Absagen der Lan­desregierun­gen unter Manuela Schwe­sig fie­len übri­gens in die Amt­szeit von Rico Baden­schi­er. Sind Absagen unter Genossin­nen und Genossen eventuell beson­ders leicht? Oder ger­ade in diesem Fall? Man weiß es nicht. Aber der Ansied­lungs-Bilanz des Ober­bürg­er­meis­ters tut diese Entschei­dung ein Jahr vor den OB-Wahlen in Schw­erin zumin­d­est sicher­lich nicht gut.

 

Bet­ti­na Mar­tin, Wis­senschaftsmin­is­terin M‑V | Foto: Min­is­teri­um

 

„Synergien statt Konkurrenz” – Das Argument Martins für Frankfurt/Oder

Egal wie – diese Fra­gen müsste auch die Kom­mu­nalpoli­tik klären. Für Klarheit in Bezug auf das Zukun­ft­szen­trum sorgte nun Wis­senschaftsmin­is­terin Bet­ti­na Mar­tin auch öffentlich, als sie klarstellte: Die Lan­desregierung lässt ihre Lan­deshaupt­stadt zum wieder­holten Mal im Regen ste­hen. Für einen beson­ders faden Beigeschmack sorgt dabei der Umstand, dass man nun die Bewer­bung der bran­den­bur­gis­chen Stadt Frankfurt/Oder unter­stützen möchte. „Nach reich­lich­er Über­legung haben wir uns entsch­ieden, gemein­sam mit Berlin und Bran­den­burg die Bewer­bung von Frankfurt/Oder zu unter­stützen. Dazu haben wir eine Koop­er­a­tionsvere­in­barung geschlossen. Wir wollen mit der Uni­ver­sität Viad­ri­na Syn­ergien mit unseren Uni­ver­sitäten schaf­fen. Syn­ergien statt Konkur­renz“, so die Min­is­terin.

So klingt Selbstaufgabe: „Wir müssen realistisch sein”

Zudem habe das Land, so Bet­ti­na Mar­tin, zulet­zt die eine oder andere Ansied­lung von Bun­desin­sti­tu­tio­nen bekom­men. In Schw­erin allerd­ings ist keine davon gelandet. Damit dürfte das „Argu­ment” der Min­is­terin in der Lan­deshaupt­stadt wenig zählen. Auch, dass das Land die teil­weise etwas zähen Bemühun­gen der Lan­deshaupt­stadt, Weltkul­turerbe zu wer­den, unter­stützt, mag so nie­man­den hin­ter dem Ofen her­vor­lock­en. Denn bis­lang scheint es in Schw­erin keine beson­dere Wel­terbe-Begeis­terung zu geben, die dem Ver­fahren allerd­ings zuträglich wäre. Vieles scheint sich in kleinen, elitären Kreisen abzus­pie­len. Und nur stel­len­weise merkt die Öffentlichkeit etwas davon, dass man sich um den Titel bewirbt. Längst ist vielerorts auch zu hören, dass die Chan­cen Schw­erins als ger­ing eingestuft wer­den. Das dürfte auch im Wis­senschaftsmin­is­teri­um angekom­men sein. Daher hinkt das „Argu­ment” der Min­is­terin zusät­zlich.

 

„Die Erklärung des Landes macht mich fassungslos”

„Die Erk­lärung, dass das Land auf eine Bewer­bung aus Meck­len­burg-Vor­pom­mern verzichtet und stattdessen Frankfurt/Oder unter­stützt wird, macht mich fas­sungs­los. Schw­erin hätte mit sein­er His­to­rie für ein solch­es Zen­trum her­vor­ra­gende Bedin­gun­gen gehabt. Auf Ini­tia­tive der Grü­nen hat sich die Stadtvertre­tung für eine Bewer­bung aus­ge­sprochen. Der Ober­bürg­er­meis­ter hat kür­zlich erk­lärt, dass er dazu bere­its Gespräche auf Bun­des- und Lan­desebene führe – schein­bar ohne Erfolg.

Die Min­is­ter­präsi­dentin und Frau Mar­tin lassen ihren Parteifre­und damit im Regen ste­hen. Für unsere Stadt ist es der näch­ste Rückschlag. Bei der Ansied­lung von Intel haben wir gegen Sach­sen-Anhalt ver­loren. Jet­zt unter­stützen wir kampf­los das Land Bran­den­burg bei der Ansied­lung des Zukun­ft­szen­trums. Das ist nicht nachvol­lziehbar“, kom­men­tierte der CDU/FDP-Frak­tion­schef in der Stadtvertre­tung Schw­erin, Gert Rudolf, die Lan­desentschei­dung.

 

Gert Rudolf, Vor­sitzen­der CDU/FDP-Frak­tion, Schw­erin | Foto: Foto­stu­dio Syl­vana Warsakis

 

„Enttäuschend und beschämend zugleich”

Auch die Schw­er­iner Grü­nen-Frak­tion, Ini­tia­tor der Abstim­mung in der Stadtvertre­tung und let­ztlich damit die Frak­tion, die eine mögliche Bewer­bung der Lan­deshaupt­stadt erst wirk­lich auf die Tage­sor­d­nung brachte, zeigt sich sichtlich ent­täuscht und erstaunt in Bezug auf das Agieren der Lan­desregierung. ” Dass die Lan­desregierung in dieser wichti­gen stan­dort- und zeit­poli­tis­chen Frage die eigene Lan­deshaupt­stadt fall­en lässt, ist […] ent­täuschend und beschä­mend zugle­ich. […] Wie absurd ist das Ganze vor dem Hin­ter­grund, dass wir uns parteiüber­greifend seit Jahren inten­siv bemühen, Forschung und Wis­senschaft in unsere Stadt zu holen”, so der stel­lvertre­tende Frak­tionsvor­sitzende Arndt Müller. Er kri­tisiert zudem, dass das Land die Entschei­dung noch vor der eigentlichen Debat­te beiläu­fig per Zeitungsmit­teilung bekan­nt gab.

 

Arndt Müller, Mit­glied der Grü­nen-Frak­tion in Schw­erin. | Foto: pri­vat

Hintergründe der Unterstützung Frankfurt/Oders bleiben fraglich

Ein Schlag also direkt ins Gesicht der Lan­deshaupt­stadt und auch in das der Land­tag­sop­po­si­tion. CDU, Grüne und FDP hat­ten näm­lich gefordert, die Lan­desregierung solle eine eventuelle Bewer­bung aus M‑V entsprechend unter­stützen. Nix ist. Schwe­sig und Mar­tin unter­stützen nun mit dem Rest des rot-roten Kabi­netts – das übri­gens auch weit­er­hin hin­ter vorge­hal­tener Hand bei so manchem als ein­er der Gründe für die Absage des US-Tech­nik-Gigan­ten Intel an den Stan­dort Schw­erin gilt – das bran­den­bur­gis­che Frankfurt/Oder.

Das wäre eventuell nachvol­lziehbar, wenn man nicht ohne­hin davon aus­ge­hen kön­nte, dass das Zukun­ft­szen­trum in den neuen Bun­deslän­dern ange­siedelt würde. Dann würde ein gemein­samer Ein­satz für einen ost­deutschen Stan­dort Sinn machen. Auch nachvol­lziehbar ist, dass Berlin sich keine Chan­cen aus­rech­net und so den ohne­hin engen Nach­barn Bran­den­burg unter­stützt. Welche Vorteile aber bringt das Kom­pe­tenzzen­trum in Frankfurt/Oder dem Land Meck­len­burg-Vor­pom­mern, dem die Min­is­terin und die Min­is­ter­präsi­dentin sowie das gesamte Kabi­nett mit ihrer Arbeit verpflichtet sind? Ver­schwörungs­the­o­retik­er wür­den ver­mut­lich erken­nen, dass mit der Influ­encerin Lil­ly Blaud­szun eine enge (Partei-)Freundin Schwe­sigs an der Viad­ri­na in Frankfurt/Oder studiert. Ein rein­er Zufall?

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