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Leben nach dem Supergau in Fukushima

Von Dipl.Ing. Ulrich Chilian Organisiert von den Schweriner Grünen, stieß der Vortrag des japanischen Germanisten Kazuhiko Kobayashi gestern Abend im Schleswig-Holstein-Haus  auf viele aufmerksame Ohren. Herr Kobayashi vermittelte ein Bild

  • Veröffentlicht November 5, 2013

fukushimaVon Dipl.Ing. Ulrich Chilian

Organisiert von den Schweriner Grünen, stieß der Vortrag des japanischen Germanisten Kazuhiko Kobayashi gestern Abend im Schleswig-Holstein-Haus  auf viele aufmerksame Ohren.

Herr Kobayashi vermittelte ein Bild des Grauens, wie es z.Zt. in der Region Fukushima herrscht. Nicht nur dass die Menschen der Region von ihrer Regierung im Stich gelassen und Entschädigungen so gut wie gar nicht gezahlt werden. Die japanische Regierung stecke die Milliarden, die dringend in Fukushima gebraucht würden, stattdessen lieber in die Vorbereitungen für Olympia 2020 in Tokio.

Herr Kobayashi demonstrierte mit seinen kürzlich  in der Provinz Fukushima aufgenommenen Bildern, dass die Japanische Regierung die Menschen dort immer noch systematisch hintergeht, manipuliert und belügt, wobei es ihr vollkommen gleichgültig ist, welche Konsequenzen diese Arroganz in naher Zukunft für die Betroffenen haben wird. Als Beispiel zeigte Herr Kobayashi  u.a. Bilder von den öffentlichen Messstationen, die zu Tausenden an Plätzen, Straßen und anderen markanten Punkten installiert worden sind. Abgesehen davon, dass diese öffentlichen Messstationen mit ihren gut lesbaren Displays von der Firma Toshiba produziert wurden – die selbe Firma, die in Japan auch maßgeblich an der Errichtung von Atomkraftwerken beteiligt ist –  wies Herr Kobyashi sehr anschaulich nach, dass die angezeigten Messwerte jeweils exakt die Hälfte der aktuell vorherrschenden Strahlungsdosis anzeigen, indem auf ein und dem selben Bild neben dem öffentlichen Display die Werte eines kalibrierten Messgerätes (Geigerzähler) gezeigt wurden.

Ein weiteres Beispiel: Die Kinder in der Provinz Fukushima werden mit Dosimetern ausgestattet. Diese werden jeden Morgen von ihren Lehrern ausgelesen. Die Werte werden gesammelt weitergegeben. Sie werden nicht den Eltern mitgeteilt und es werden auch keine Handlungen aus den Ergebnissen abgeleitet.

Denörtlichen Ärzten ist es unter Androhung des Verlustes ihrer Approbation verboten, Kinder zu untersuchen oder gar zu behandeln; nur einige wenige Mutige aus entfernten Provinzen, die extra eingeflogen werden, nehmen sich ehernamtlich der Kinder an.

Diese Darstellung systematischer Fälschung und verbrecherischer Manipulationen durch Regierungsstellen empfand das Publikum im SHH nicht nur als vollkommen unglaublich sondern erinnerte die Älteren  an hochtrabende Versprechungen in der Vergangenheit im eigenen Land, die ebenfalls alle gelogen waren.

Bis heute wird uns ja immer noch die Lüge vom billigen Atomstrom vorgebetet – früher war er angeblich sogar billig und sicher. Dass im Laufe der Jahrzehnte mehr als 300Mrd € an Steuermitteln in diese Energieform geflossen sind, wird bis heute gerne verschwiegen – von den unabsehbaren Folgekosten für eine vermeintlich für die Ewigkeit sichere Endlagerung mal ganz abgesehen.

Nach dem beeindruckenden Vortrag ergab eine Sammlung für „die Kinder von Fukushima“ ein recht ansprechendes Ergebnis. Herr Kobayashi lässt dieses Geld einer Bürgerinitiative zukommen, die damit Kindern der Region Fukushima ermöglicht, in weit entfernt liegenden Kurorten Japans ein paar erholsame Wochen zu verbringen.

An den Vortrag schloss sich noch eine lebhafte Diskussion an, die anstelle von Hilf- und Ratlosigkeit gleich noch zukünftige Aktivitäten von „Menschen gegen jegliche Nutzung von Atomkraft“ anregte: Wohl wissend, dass das Problem radioaktiver Verseuchung nicht an nationalen Grenzen haltmacht, bleibt als Maßnahme nur eine starke internationale Organisation, die über Ländergrenzen hinweg vernetzt ist, sich austauscht und Aktivitäten gegen weitere sinnlose und gefährliche Aktivitäten der Atomlobbys bündelt. Ihr Ziel müsse ganz klar sein, den atomaren Wahnsinn ein für allemal  zu stoppen und angerichtetes Unheil verantwortungsvoll und fachgerecht zu beherrschen bzw. dies zumindest zu versuchen, damit die Menschheit eine möglichst strahlungsfreie Zukunft hat!

ChilianÜber unseren Gastautor:

Ulrich Chilian wurde 1954 in Wiesbaden geboren und wohnt heute in Grambow bei Schwerin. In Grambow ist er als Gemeindevertreter für Bündnis 90/Die Grünen tätig. Der freiberufliche Dipl.-Ing. für Umwelttechnik ist darüber hinaus Sprecher der landesweiten Arbeitsgruppe Energie von Bündnis 90/die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern.

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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