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LINKE kritisiert bevorstehende Mieterhöhungen der WGS – Aber dort liegt offenbar nicht die Verantwortung

Es ist etwas mehr als ein Jahr her – konkret am 21. März 2020 – als wir schon ein­mal während eines Coro­na-Lock­downs das The­ma Mieter­höhun­gen bei der Woh­nungs­ge­sellschaft Schw­erin mbH

  • Veröffentlicht April 28, 2021
Auch Plat­ten­baut­en gehören in das Port­fo­lio der Woh­nungs­ge­sellschaft Schw­erin. | Foto: pri­vat

Es ist etwas mehr als ein Jahr her – konkret am 21. März 2020 – als wir schon ein­mal während eines Coro­na-Lock­downs das The­ma Mieter­höhun­gen bei der Woh­nungs­ge­sellschaft Schw­erin mbH (WGS) ansprachen. Auch damals war ein entschei­den­der Grundtenor bei den kri­tis­chen Stim­men, dass Mieter­höhun­gen an sich zur Sicherung des Beste­hens des Unternehmens wichtig und richtig sind. Aber der Zeit­punkt stand im Fokus der Kri­tik­er. Nun scheint sich die Sit­u­a­tion in gewiss­er Weise zu wieder­holen. Oder aber ger­ade auch nicht…

 

DIE LINKE kritisiert Mieterhöhungen seitens der WGS in diesen Tagen 

Dieses Mal allerd­ings kommt die Kri­tik nicht nach dem Ver­sand der Mieter­höhun­gen und nicht durch die UB-Frak­tion, son­dern bere­its davor und durch DIE LINKE. Diese näm­lich teilte gestern in ein­er Presseerk­lärung mit, dem Wirtschaft­s­plan entsprechend bere­ite die kom­mu­nale Woh­nungs­ge­sellschaft derzeit Mieter­höhungss­chreiben vor, die den Mieterin­nen und Mietern in Kürze zugestellt wür­den. Dabei ist wichtig darauf hinzuweisen, dass der Ankündi­gungszeit­punkt in den kom­menden Tagen sein dürfte. Die Erhöhun­gen selb­st kom­men dann drei Monate später zum Tra­gen. 

 

Linksfraktion: Wunsch nach mehr Fingerspitzengefühle seitens der WGS

Auch DIE LINKE sieht dabei grund­sät­zlich die Notwendigkeit von Mieter­höhun­gen als gegeben, um deine Woh­nungs­ge­sellschaft am Markt erhal­ten zu kön­nen. Allerd­ings wird „der Zeit­punkt der Ankündi­gung […] als denkbar unpassend ange­se­hen”. Damit spie­len die Kom­mu­nalpoli­tik­erin­nen und Kom­mu­nalpoli­tik­er der Frak­tion natür­lich auf die derzeit­ige Lock­down-Sit­u­a­tion an. In der März-Sitzung habe sich die Stadtvertre­tung über Frak­tion­s­gren­zen hin­weg einig gezeigt, die Fol­gen der Coro­na-Krise für Unternehmen zusät­zlich abmildern zu wollen. Den Men­schen in Schw­erin also zusät­zlich unter die Arme zu greifen. „Das gle­iche Fin­ger­spitzenge­fühl hätte sich unsere Frak­tion auch für die geplanten Mieter­höhun­gen bei der WGS gewün­scht“ erk­lärt der stel­lvertre­tende Frak­tionsvor­sitzende der Frak­tion Die LINKE, Mar­tin Frank. „Die Mieter­höhun­gen wären dur­chaus in das 4. Quar­tal 2021 zu ver­schieben gewe­sen“ so Frank weit­er. Er ist selb­st Mit­glied im Auf­sicht­srat der WGS und war nach eige­nen Angaben mit sein­er Ini­tia­tive ein­er entsprechen­den Ver­schiebung dort gescheit­ert.

 

Software ließ ein Zurück nicht mehr zu?!

Per Dringlichkeit­santrag in der Stadtvertreter­sitzung wollte die Frak­tion am ver­gan­genen Mon­tag noch die Mieter­höhun­gen abwen­den. Allerd­ings zog sie den Antrag zurück, denn es war zu spät, da das automa­tis­che Ver­fahren zum Ver­sand der Schreiben bere­its ange­laufen war, so Mar­tin Frank. Damit ver­bun­den sind dann auch soft­ware­seit­ig automa­tisiert erfol­gende Anpas­sun­gen der Soll-Mieten zum entsprechen­den Zeit­punkt. Ein in sich geschlossen­er, soft­wareges­teuert­er Prozess, in den das Unternehmen, wenn er angestoßen ist, nicht mehr nach­haltig ein­greifen kann, wie WGS-Geschäfts­führer Thomas Köchig gegenüber unser­er Redak­tion bere­its 2020 im Hin­blick auf die dama­lige Kri­tik erk­lärte. Will heißen: Startet dieser Prozess, geht es nicht mehr zurück. 

„Unsere Frak­tion hätte sich gewün­scht, dass bei der Entschei­dung zur sofor­ti­gen Mieter­höhung zuerst die Sit­u­a­tion der Mieter in Zeit­en der Coro­na-Pan­demie Berück­sich­ti­gung gefun­den hätte“, erläutert Mar­tin Frank. Lei­der könne so der Ein­druck entste­hen, dass der Zeit­punkt der Mieter­höhun­gen bewusst sofort erfol­gen sollte, da die Ankündi­gungss­chreiben zu den Mieter­höhun­gen andern­falls direkt in die entschei­dende Phase des Land­tagswahlkampfes im Sep­tem­ber gefall­en wären. 

 

WGS ist falsche Adresse der Kritik – Aufsichtsrat wollte jetzt Mieterhöhungen

Auf den ersten Blick eine klare Kri­tik von Mar­tin Frank und der Frak­tion DIE LINKE an die WGS und ihren Geschäfts­führer Thomas Köchig. Liest man die Zeilen allerd­ings mehrfach, kom­men doch Zweifel, wen Mar­tin Frank hier eigentlich kri­tisiert. Wie offen das Visi­er also ist. Was vor allem hat es mit dem Hin­weis, auf sich, dass die Erhöhungss­chreiben „andern­falls direkt in die entschei­dende Phase des Land­tagswahlkampfes im Sep­tem­ber gefall­en wären”? Gab es also einen ganz anderen Zeit­plan, den Frank in seinen Darstel­lun­gen nur neb­ulös andeutet? Und warum kam dieser nicht zum Tra­gen? Ist eventuell gar nicht die WGS primär ver­ant­wortlich für die in diesen Tagen her­aus­ge­hen­den Mieter­höhungss­chreiben? Auch wenn die Pressemit­teilung der Links­frak­tion genau dies so annehmen lässt. Und wie bewusst wird dieser Ein­druck erweckt? Und weshalb?

Dur­chaus aus­re­ichend Fra­gen für unsere Redak­tion, genauer zu recher­chieren. Und tat­säch­lich, die Sit­u­a­tion gestal­tet sich offen­bar doch anders, als die Zeilen der Links­frak­tion und die Kri­tik Mar­tin Franks sie zumin­d­est bei schnellem Lesen erscheinen lassen. Denn es gab wohl tat­säch­lich einen anderen Zeit­plan. Und tat­säch­lich sind dann ger­ade nicht Thomas Köchig und die von ihm geführte WGS für die neue Pla­nung ver­ant­wortlich. „Die Ver­ant­wor­tung liegt einzig und allein beim Auf­sicht­srat”, weiß Georg-Chris­t­ian Riedel (CDU) auf Anfrage zu bericht­en. Er muss es wis­sen, denn er ist Auf­sicht­sratsmit­glied, und war bei der denkwürdi­gen Sitzung dabei. „Thomas Köchig hat eigentlich nur den Jahres­bericht des Unternehmens vorgestellt”.

 

WGS wollte Erhöhungsschreiben erst im September versenden

„Dabei wies er eher im Neben­satz darauf hin, dass er im Sep­tem­ber Mieter­höhungss­chreiben zu versenden plant, die dann zum Dezem­ber wirken sollen”, so Riedel. Eben auch und vor allem auf­grund er aktuellen Coro­na-Sit­u­a­tion. Dass es auch 2021 wieder für einen Teil der Mieterin­nen und Mieter der WGS etwas angepasste Mieten geben würde, war klar. „Köchig wollte aber bewusst nicht mit­ten in der Coro­na-Phase damit um die Ecke kom­men”. Diese Forderung, so weiß das Auf­sicht­sratsmit­glied Riedel weit­er, kam let­zten Endes aus den Rei­hen des Gremi­ums selb­st. Anders als es Mar­tin Frank darstellt – oder zumin­d­est, als er es wirken lässt. „Ohne, dass es auf der Tage­sor­d­nung stand, kam es plöt­zlich an unüblich­er Stelle zu ein­er Diskus­sion, weshalb man auf Ein­nah­men verzicht­en möchte, indem die Erhöhun­gen erst später vol­l­zo­gen wer­den. Aus der Diskus­sion wurde eine Abstim­mung, und die endete mit einem Mehrheits­beschluss, schon jet­zt die Mieter­höhun­gen anzukündi­gen und dann entsprechend umzuset­zen”.

Damit war es eben nicht die WGS oder deren Geschäfts­führer, son­dern der poli­tisch beset­zte Auf­sicht­srat, der für die durch Mar­tin Frank kri­tisierten Mieter­höhun­gen die Ver­ant­wor­tung trägt.  Zudem erhielt unsere Redak­tion die Bestä­ti­gung, dass Mar­tin Frank offen­bar, ent­ge­gen sein­er eige­nen Aus­sage,  keine eigene Ini­tia­tive im Auf­sicht­srat ein­brachte, die Mieter­höhun­gen in das 4. Quar­tal zu ver­schieben. Schein­bar stimmte er lediglich gegen das Vorziehen. Damit muss die Frage erlaubt sein, weshalb die Links­frak­tion, und hier konkret Herr Frank, zumin­d­est nicht klar Farbe beken­nen, son­dern schein­bar wissentlich den „schwarzen Peter” zumin­d­est durch entsprechend unklare aber bewusste Wort­wahl in Rich­tung der WGS und konkret deren Geschäfts­führers zu schieben ver­suchen.

 

Riedel (CDU): WGS-Geschäftsführer hat Unternehmen wieder in sicheres Fahrwasser geführt

Georg-Chris­t­ian Riedel zumin­d­est stellt also klar, dass Thomas Köchig wie auch die WGS keine Ver­ant­wor­tung trifft. Vielmehr habe Köchig „einen enor­men, wen nicht den Anteil daran”, dass die kom­mu­nale Woh­nungs­ge­sellschaft heute wieder sta­bil daste­he. „Denn trotz aller Unwäg­barkeit­en – vor allem mas­siv gestiegen­er Preise im Bere­ich der Dien­stleis­tun­gen und des Bau­ma­te­ri­als – kön­nen wir auf eine WGS ohne Exis­ten­znöte blick­en. Wenn man bedenkt, aus welch schwieri­gen Ver­hält­nis­sen wir kom­men, kann man nur bestäti­gen, dass Thomas Köchig es ver­standen hat, die WGS wieder in sicheres Fahrwass­er zu brin­gen. Darüber soll­ten wir froh sein, und ihn nicht unnötig in unberechtigte Bedräng­nis brin­gen. Natür­lich sind dabei auch Mieter­höhun­gen erforder­lich. Um eben das Unternehmen am Laufen zu hal­ten. Diese aber erfol­gen abso­lut sozial verträglich und bei weit­em nicht in Dimen­sio­nen, wie es beispiel­sweise pri­vate Ver­mi­eter aber auch manch genossen­schaftliche Organ­i­sa­tion in unser­er Stadt tun”.

„Dort, wo es indi­vidu­elle Prob­leme gibt, ste­ht die WGS zudem ger­ade in dieser Zeit für entsprechende Lösun­gen bere­it”, so Riedel. Das hat­te Thomas Köchig im ver­gan­genen Jahr auch gegenüber unser­er Redak­tion zuge­sagt. Und er hielt Wort. Allerd­ings beträfe dies, so Riedel, bis­lang nur sehr wenige Miet­parteien. So habe die WGS im ver­gan­genen Jahr in nur 29 Fällen eine Stun­dung der Mieten umset­zen müssen. „29 von 10.000 Miet­parteien. Und auch in diesen Fällen hat unsere WGS Lösun­gen gefun­den”, so Georg-Chris­t­ian Riedel.

 

Ziel der Kritik von Martin Frank bleibt offen

Damit bleibt es fraglich, was die Frak­tion DIE LINKE mit ihrer Pressemit­teilung let­z­tendlich erre­ichen wollte. Zwar erweck­te man zumin­d­est den Anschein, die WGS wolle erneut mit­ten in einem Lock­down eine Mieter­höhung umset­zen. In Wahrheit aber war und ist das Unternehmen, so Auf­sicht­sratsmit­glied Georg-Chris­t­ian Riedel, let­ztlich einzig und allein durch den poli­tisch beset­zten Auf­sicht­srat gezwun­gen, eben diesen Schritt jet­zt umzuset­zen. Der eigentliche Plan sah anders aus. „ob und inwieweit dabei bei einzel­nen Per­so­n­en auch wahlkampf­tak­tis­che Über­legun­gen eine Rolle spie­len, könne am Ende nur die einzel­nen Mit­glieder beant­worten”, so Riedel abschließend.

 

  • Stephan Haring

    Stephan Har­ing ist freier Mitar­beit­er unser­er dig­i­tal­en Tageszeitung. Er hat ein Bach­e­lor-Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften an der Uni­ver­sität Erfurt mit den Neben­fäch­ern Sozial­wis­senschaften & Poli­tik absolviert. Im Nach­hinein arbeit­ete er in lei­t­en­den Funk­tio­nen der Presse- & Öffentlichkeit­sar­beit, im Leitungs­bere­ich eines Unternehmens sowie als Rek­tor ein­er pri­vat geführten Hochschule. Zudem entwick­elte, organ­isierte und real­isierte er mit der durch ihn entwick­el­ten LOOK ein Fash­ion­event in Schw­erin. Heute arbeit­et er freiberu­flich als Tex­ter, Press­esprech­er und Tex­tko­r­rek­tor sowie als Berater in ver­schiede­nen Pro­jek­ten. In einem Schw­er­iner Orts­beirat ist er zudem ehre­namtlich als Vor­sitzen­der kom­mu­nalpoli­tisch aktiv.

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