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Literaturtipp: Kristina Hauff – Unter Wasser Nacht

„Unter dem Nebel lauert das Wasser“, so beginnt Kristina Hauff ihren neuen Roman „Unter Wasser Nacht“. Sophie und ihr Mann Thies haben ein Jahr zuvor ihren 11-jährigen Sohn Aaron unter

  • Veröffentlicht April 10, 2021
Kristina Hauff: „Unter Wasser Nacht“

„Unter dem Nebel lauert das Wasser“, so beginnt Kristina Hauff ihren neuen Roman „Unter Wasser Nacht“. Sophie und ihr Mann Thies haben ein Jahr zuvor ihren 11-jährigen Sohn Aaron unter nicht ganz geklärten Umständen verloren. Er ertrank in der Elbe, in deren unmittelbarer Nähe sie sich mit ihren langjährigen Freunden Inga und Bodo und deren Kindern einen Bauernhof teilen. Die ursprüngliche Idee des gemeinschaftlichen Lebens am Dorfrand funktioniert seit Aarons Tod nicht mehr und ist einer zunehmenden Sprachlosigkeit gewichen.

 

Nach Aarons Tod ist vieles anders

Erschwerend kommt hinzu, dass Bodo der ermittelnde Polizeibeamte in diesem Fall ist, und kurz davor ist, ihn zu schließen. Aber nicht nur die Freundschaft zwischen den Männern bröckelt.  Auch die Ehe von Thies und Sophie. Aaron war nämlich ein Junge, der seine Eltern mit seiner Aggressivität oft an ihre Grenzen brachte. Schon als er noch klein war, konnten sie ihn nicht einbremsen. Mit zunehmendem Alter nahmen auch die Probleme in der Schule massiv zu. Selbst größere Schulkameraden hatten Angst vor seiner Brutalität.

 

Mit Maras Auftauchen verändert sich etwas

In diese Situation platzt nun Mara hinein. Die attraktive und geheimnisvolle Frau aus Christiania/ Kopenhagen sucht einen früheren Freund ihrer Mutter. Ihm möchte sie etwas aus deren Nachlass bringen. Maras Gegenwart hat fast etwas Magisches. Plötzlich kommen die Freunde wieder ins Gespräch, es finden gemeinsame Abendessen statt. Sophie und Inga, einst beste Freundinnen, buhlen fast eifersüchtig um Maras Aufmerksamkeit, finden aber durch ihren Einfluss sogar wieder ehrliche Worte füreinander.

Mara selbst ist jedoch nicht recht zu fassen. Ihre Kindheit mit einer Hippie-Mutter in den 1970ern war wirklich kein Zuckerschlecken. Jella, die Tochter von Bodo und Inga, fasst schnell Vertrauen zu ihr, denn auch für das Teenie-Mädchen und ihren jüngeren Bruder Lasse ist die Situation auf dem Hof alles andere als einfach. Endlich kann sie mit jemanden darüber reden, was am Tag von Aarons Tod geschah. Jella war nämlich die Letzte, die mit ihm Kontakt hatte. Als sich Thies in Mara verknallt, scheint die gesamte Lebensplanung von Sophie in Trümmer zu gehen. Doch Mara hat eine ganz andere eigene Agenda…

Kristina Hauff | „Unter Wasser Nacht“ | hanserblau | 288 S., 20,-€ 
Leseprobe des Verlags

Ein Roman, der über das Krimi-Genre hinausgeht

Die Autorin hat bereits unter ihrem richtigen Namen Susanne Kliem einige Krimis veröffentlicht, aber dieser Roman bewegt sich über das Krimi-Genre hinaus. Es gibt zwar immer wieder Hinweise oder Gegenstände, die dem Plot eine neue Richtung geben, aber es steckt viel mehr in dieser Geschichte. Das arbeitet Kristina Hauff in sehr gekonnter Weise auch heraus. Sie hat viel mehr Interesse an dem, was der Tod eines Kindes für die verschiedenen Betroffenen bedeutet. In immer überraschenderen Wendungen schraubt sie sich mit genauem Blick in die emotionalen Verstrickungen der beiden Freundespaare. Sehr lebendig beschreibt sie die Anfänge der Freundschaften im Hamburg der 80er Jahre, wie der Entschluss reift, ein „alternatives“ Leben auf dem Land zu führen und wie die Träume dann an der Realität zerplatzen.

In abwechselnden Perspektiven kommen hauptsächlich die Frauen zu Wort. In ganz kurzen Kapiteln wird so ein Kaleidoskop aus Erinnerungen, Geheimnissen und Geschehnissen entworfen, die einander ergänzen, aber manchmal auch widersprechen. So bleibt es immer spannend, was wahr gewesen sein könnte.

 

Große Themen – dennoch menschlich und ehrlich

Trotz der großen Themen wie Schuld und Verrat, Neid und Vertrauen wird es nie pathetisch, sondern bleibt sehr menschlich und ehrlich. Sehr schön sind auch die Naturbeschreibungen, die alles andere als eine Idylle zeichnen. Die Elbe im Wendland wird fast zu einer eigenen Protagonistin, die Gefahr, die von ihr ausgehen kann, ist ebenso präsent wie die Schönheit der Landschaft.

„Je länger ich schreibe, desto stärker vertraue ich dem Unbewussten in mir. Blind folge ich allem, was mich fasziniert, was mein Herz in Aufruhr versetzt.“
(Kristina Hauff)

 

Kristina Hauff
„Unter Wasser Nacht“
hanserblau
288 S., 20,-€                          

 

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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