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Marienplatz Schwerin:
Der gefährlichste Ort in MV?

Der Marienplatz in Schwerin: Ist er wirklich der gefährlichste Ort in MV? Wir gehen der Frage nach und beleuchten die Fakten rund um Kriminalität und Videoüberwachung.

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  • Veröffentlicht Februar 3, 2025
Marienplatz Schwerin
Ist der Marien­platz der gefährlich­ste Ort in MV? Foto: Ste­fan Rochow 

 

Im Okto­ber des ver­gan­genen Jahres schrieb die „Ost­see-Zeitung” (hin­ter ein­er Bezahlschranke), dass der Marien­platz der gefährlich­ste Ort in Meck­len­burg-Vor­pom­mern sei. Täglich wer­den dort im Durch­schnitt zwei Straftat­en reg­istri­ert.

Seit­dem wurde das Fram­ing vom „gefährlich­sten Ort in Meck­len­burg-Vor­pom­mern” immer wieder von Medi­en, aber auch von der Kom­mu­nalpoli­tik in Schw­erin aufgenom­men. Trifft das aber tat­säch­lich zu?

Antwort auf eine Kleine Anfrage

Die OZ bezog sich dabei auf  die Antwort des Innen­min­is­teri­ums auf eine Kleine Anfrage des Schw­er­iner Land­tagsab­ge­ord­neten Sebas­t­ian Ehlers (CDU). Ehlers hat­te Fra­gen im Zusam­men­hang mit der Videüberwachung auf dem Marien­platz. Unter anderem wollte er wis­sen, ob die Anord­nung zur Bildüberwachung in regelmäs­si­gen Abstän­den von der Polizeibehörde erneuert wer­den muss.

Wenn das zuträfe, so fragte Ehlers weit­er, welche polizeiliche Lageein­schätzung wird für die in regelmäßi­gen Abstän­den vorgenommene Fort­set­zung der Bildüberwachung zugrunde gelegt?

Strenge rechtliche Vorgaben zu beachten

Tat­säch­lich unter­liegt die Ein­rich­tung ein­er Videoüberwachung auf öffentlichen Plätzen in Deutsch­land stren­gen rechtlichen Vor­gaben. Eine Überwachung ist nur zuläs­sig, wenn sie zur Gefahren­ab­wehr erforder­lich ist und keine schutzwürdi­gen Inter­essen der Bürg­er über­wiegen. Vor der Ein­führung müssen eine Krim­i­nal­ität­s­analyse sowie eine Ver­hält­nis­mäßigkeit­sprü­fung erfol­gen. Zudem sind Trans­parenz durch Hin­weiss­childer und daten­schutzrechtliche Vor­gaben, wie die Zweck­bindung und Löschfris­ten, einzuhal­ten.

Am Marien­platz wurde nach ein­er Phase der polizeilichen Präsenz im Dezem­ber 2018 eine Videoüberwachung einge­führt, nach­dem der Platz als Krim­i­nal­itätss­chw­er­punkt iden­ti­fiziert wor­den war. Die Ein­führung erfol­gte nach sorgfältiger Pla­nung und wurde wis­senschaftlich begleit­et, um sowohl die objek­tive Sicher­heit­slage als auch das sub­jek­tive Sicher­heits­ge­fühl der Bürg­er zu evaluieren.

Auf Marienplatz werden regelmässig Straftaten verübt

In der Antwort des Innen­min­is­teri­ums ver­weisst die Behörde darauf,  dass auf dem Marien­platz regelmäs­sig Straftat­en verübt wer­den. Beson­ders häu­fig wür­den „Delik­te der Straßenkrim­i­nal­ität” auftreten, darunter Kör­per­ver­let­zun­gen, Sachbeschädi­gun­gen, Dieb­stäh­le sowie Ver­stöße gegen das Betäubungsmit­telge­setz (Dro­gen­de­lik­te).

»Lies auch: Umbau bei dm in der Marien­platz­ga­lerie

Die Krim­i­nal­itätssta­tis­tik der ver­gan­genen Jahre, so die Zahlen des Innen­min­is­teri­ums, zeigt eine durchge­hend hohe Fal­lzahl. Im Jahr 2015 wur­den 567 Straftat­en reg­istri­ert, 2016 waren es 598, 2017 stieg die Zahl auf 617, während sie 2018 auf 386 Fälle sank. In den Fol­ge­jahren blieb das Niveau hoch, mit 514 Fällen im Jahr 2019, 404 im Jahr 2020, 406 im Jahr 2021 und einem deut­lichen Anstieg auf 653 Fälle im Jahr 2022. Beson­ders besorgnis­er­re­gend ist die Entwick­lung im Jahr 2023, als mit 714 Fällen ein neuer Höch­st­stand erre­icht wurde.

Überdurchschnittlich stark von Kriminalität betroffen

Diese Zunahme, so das Innen­min­is­teri­um, bestätige die Annahme ein­er anhal­tend hohen Krim­i­nal­itäts­be­las­tung. Im Ver­gle­ich zu anderen öffentlichen Plätzen wie dem Grun­thalplatz, dem Platz der Frei­heit, dem Platz der Jugend oder dem Dreesch­er Markt weise der Marien­platz die höch­ste Anzahl an Straftat­en auf. Auch der umliegende Bere­ich sei im Ver­hält­nis zu anderen Orten der Stadt über­durch­schnit­tlich stark von Krim­i­nal­ität betrof­fen.

Auf­grund dieser kon­stant hohen Fal­lzahlen und der daraus resul­tieren­den Gefahren­prog­nose wird der Marien­platz als Krim­i­nal­itätss­chw­er­punkt inner­halb der Stadt Schw­erin eingestuft. Das recht­fer­tige daher, so das Innen­min­is­teri­um, eine Bildüberwachung.

Vom „gefährlich­sten Ort in Meck­len­burg-Vor­pom­mern” kann man allerd­ings in der Antwort des Innen­min­is­teri­ums nichts lesen. Genaus darauf wies Ober­bürg­er­meis­ter Rico Baden­schi­er (SPD) auf der let­zte Sitzung der Stadtvertre­tung hin, als es um den CDU-Antrag ging, zu prüfen, ob die Videoüberwachung in Schw­erin auszuweit­et wer­den kann. Trifft diese Aus­sage dann also doch nicht zu?

Der Vorschlag der CDU wurde sehr kon­tro­vers disku­tiert, da das Sicher­heits- und Ord­nungs­ge­setz des Lan­des per­ma­nente Videoüberwachung, wie oben beschrieben, nur an offiziell aus­gewiese­nen Krim­i­nal­itätss­chw­er­punk­ten erlaubt.

Marienplatz einziger dauervideoüberwachte Ort in MV

In Meck­len­burg-Vor­pom­mern ist der Marien­platz in Schw­erin derzeit der einzige öffentliche Platz, der rund um die Uhr videoüberwacht wird, weil er als Krim­i­nal­itätss­chw­er­punkt ange­se­hen wird.  In anderen Städten Meck­len­burg-Vor­pom­merns gibt es derzeit keine anderen öffentlichen Plätze mit ständi­ger Videoüberwachung.

Inwieweit aber vom gefährlich­sten Ort in Meck­len­burg-Vor­pom­merns gesprochen wer­den kann, lässt sich sta­tis­tisch nicht zweifels­frei bele­gen. Am Marien­platz kom­men laut Polizei viele ver­schiedene Ein­flüsse zusam­men: viele Einkauf­s­lä­den, deshalb gibt es hier ver­mehrt Dieb­stäh­le. Als zen­traler Verkehrsknoten­punkt laufen hier viele Fahrkartenkon­trollen. Auch Schwarz­fahren ist eine Straftat. Und auch Gewalt­straftat­en, die hier am ehesten Nachts und am Woch­enende passieren. In der Antwort des Innen­min­is­teri­ums auf die Anfrage von Sebas­t­ian Ehlers kan man lesen, das Schw­er­punkt Ladendieb­stäh­le seien.

Bereitschaftspolizei seit November auf Streife

Die Bere­itschaft­spolizei zeigt seit Novem­ber ver­stärkt Präsenz in der Innen­stadt. Fußstreifen in Koop­er­a­tion mit dem Ord­nungsamt der Stadt Schw­erin führen seit dem auch gezielte Anhalte- und Sichtkon­trollen durch. Dadurch kön­nen unter anderem Fahrzeuge und Ruck­säcke über­prüft sowie Iden­titäten fest­gestellt wer­den – Maß­nah­men, die der Polizei nicht ohne Weit­eres erlaubt sind.

Offen ist bis­lang die Zukun­ft der Videoüberwachungsan­lage. Der näm­lich dro­ht der tech­nis­che Tota­laus­fall. Wie das Innen­min­is­teri­um eingeräumt hat­te, sei es nicht mehr möglich, „konkrete Maß­nah­men zu ergreifen, um einen etwaigen Aus­fall zu ver­hin­dern“. Der Her­steller des Sys­tems hat die Unter­stützung eingestellt. Ersatzteile sind nicht mehr liefer­bar, Serv­er wer­den nicht mehr gewartet.

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