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Pück: Schwerins vergessener Kobold

(stm) Jed­er Schw­er­iner ken­nt das Peter­män­nchen. Der liebenswürdi­ge kleine und aller­lei Sch­aber­nack treibende Geist aus dem Schw­er­iner Schloss gehört untrennbar zur Geschichte der Lan­deshaupt­stadt. Wer als Besuch­er Schw­erins Straßen durch­streift,

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  • Veröffentlicht März 25, 2015
Pück, der Kobold.  Zeichnung: Jacob Martini
Pück, der Kobold.
Zeich­nung: Jacob Mar­ti­ni

(stm) Jed­er Schw­er­iner ken­nt das Peter­män­nchen. Der liebenswürdi­ge kleine und aller­lei Sch­aber­nack treibende Geist aus dem Schw­er­iner Schloss gehört untrennbar zur Geschichte der Lan­deshaupt­stadt. Wer als Besuch­er Schw­erins Straßen durch­streift, sei es als Tourist oder Bewohn­er der Stadt, begeg­net dem Namen des kleinen Mannes buch­stäblich über­all. Neben dem Schw­er­iner Stadt­wap­pen, einem gehar­nischt­en Reit­er, das an den Stadt­grün­der erin­nert, gehört das Peter­män­nchen zu den pop­ulärsten Gestal­ten der Schw­er­iner Geschichte. Auf Plakat­en, auf Flug­blät­tern, für Stadtrund­fahrten, für die Über­querung des Pfaf­fen­te­ich­es: Über­all wirbt der gut­mütige Schloss­geist für seine „Vater­stadt“. Viele Sagen und Geschicht­en erzählen über das Peter­män­nchen und es gab sog­ar einst ein Muse­um für den Kobold.

Peter­män­nchen ging nie zim­per­lich mit den Erober­ern seines Schloss­es um. So soll er Her­zog von Wal­len­stein, als dieser während des Dreißigjähri­gen Krieges 1628 Schw­erin zu sein­er Res­i­denz machen wollte, aus dem Schloss getrieben haben, so dass der neue Regent Meck­len­burgs es lieber vor­zog, seine Regierungs­geschäfte von Güstrow aus auszuüben. Ähn­lich erg­ing es fast 200 Jahre später dem Ober­be­fehlshaber der Napoleonis­chen Besatzungstrup­pen. Auch dem Gen­er­al Laval hat Peter­män­nchen seinen Aufen­thalt im Schloss mit allen Mit­teln zu ver­lei­den gesucht. So erzählt es jeden­falls die Sage.

Der Schloss­geist war aber nicht der einzige Kobold, der in der Stadt treu und redlich seine Her­ren vertei­digte. In den von Karl Bartsch 1879 in Wien ver­legten „Sagen, Märchen und Gebräuchen Meck­len­burgs“ erzählt der Autor Geschicht­en über einen Kobold mit dem Namen „Pück“. Dieser Kobold soll in den Klosterge­bäu­den der Franziskan­er­mönche am Burgsee sein Unwe­sen getrieben haben. Im 16. Jahrhun­dert ent­deck­te der Ros­tock­er Super­in­ten­dent Simon Pauli (1534–1591) ange­blich in einem Kloster­schrein alte Hand­schriften, die über Pück bericht­en. Der Kirchen­mann kann somit mit Fug und Recht als Urhe­ber des kleinen Geistes ange­se­hen wer­den.

Heute erin­nert in Schw­erin, außer der Straßen­beze­ich­nung „Kloster­straße“, nichts mehr an die Gemein­schaft der Franziskan­er. Das Kloster befand sich etwa auf dem Platz, auf dem heute das von Demm­ler erbaute Regierungs­ge­bäude ste­ht. Damals reicht­en die Kloster­baut­en bis an den Burgsee.

Pück erschien in Gestalt eines Affen

Karl Bartsch berichtet über Pück und schildert den kleinen Kobold als wahren Quäl­geist. Mal erschien er seinem Her­rn in der Gestalt eines Affen, mal als kleines garstiges Män­nchen, aber immer sorgte er sich um seine Gebi­eter. Nun war nach altchristlich­er Tra­di­tion ger­ade der Affe ein Sym­bol des sündi­gen Men­schen und so war der Kleine nicht über­all ein gern gese­hen­er Gast. Pück hat­te sich, der Sage nach, bei einem Gast­wirt auf dem Hofe Kleinen Brütz heimisch ein­gerichtet. Der Gast­wirt wollte seinen unge­bete­nen Mit­be­wohn­er loswer­den. Ver­ständlich, denn wenn ab und an ein Affe durch den Schankraum turnte, so war dieses nicht unbe­d­ingt gut für eine Umsatzförderung der Her­berge.

burgseeNun geschah es, dass eines Tages zwei Franziskan­er­mönche aus dem nahen Schw­erin ger­ade dieses Haus auf­sucht­en. Der Abend brach ger­ade an und dem doch unsicheren Heimweg geschuldet begehrten unsere wack­eren Mönche einen Platz für die Nacht. Dass nun aus­gerech­net Mönche mit Pück die Gästez­im­mer teilen soll­ten, war so gar nicht nach dem Geschmack des kleinen Kobolds. Er set­zte den Kirchen­män­nern gehörig zu. Um nun endlich den ersehn­ten Schlaf zu find­en, mussten die Mönche dem Quäl­geist ver­sprechen, ihn in ihrem Franziskan­erk­loster in Dienst zu nehmen. Seit diesen Tagen gehörte Pück qua­si zum Inven­tar des Klosters. Besuch­er sollen den kleinen Mann im Klostergelände oft beobachtet haben. Ironie der Geschichte: auch in Gestalt eines Affen. Den­noch, treu ergeben war der Pück seinen Her­ren.

Nach einem der häu­fi­gen Stadt­brände, die auch das Kloster am Burgsee nicht immer ver­schon­ten, half der hil­fre­iche Kobold seinen Mönchen. Mit List sorgte er dafür, dass die Franziskan­er an Bauholz und Mate­ri­alien für den Neuauf­bau des Klosters kamen. Lei­der erzählt der Ver­fass­er nicht, um welche Art von Winkelzü­gen es sich gehan­delt hat.

Ein „narrenartiger Rock“ als Lohn

Immer­hin fast 30 Jahre lang soll sich der Pück im Kloster aufge­hal­ten haben. Dann ver­ließ der Kobold seine Wirkungsstätte. Vorher ver­langte er einen Lohn für die getane Arbeit. Er brauche einen „nar­renar­ti­gen Rock von aller­lei Far­ben und voll Glock­en“, so schreibt es Karl Bartsch im ersten Band sein­er Sagen­samm­lung.

Wohin der kleine liebenswürdi­ge Kerl gegan­gen ist, ob er vielle­icht in Schw­erin blieb, ob er irgend­wo einen neuen Her­rn fand, darüber schweigen die Über­liefer­un­gen.

Vielle­icht ist er auch nicht fort­ge­gan­gen und trifft sich heim­lich mit seinem Nach­barn, dem Peter­män­nchen. Und vielle­icht ist Pück ganz froh darüber, von den Schw­er­inern fast vergessen zu sein. So hat er seine Ruhe und kann unbe­merkt ab und zu seinen Burgsee besuchen. Und das ist auch ganz gut so.

Ralph Mar­ti­ni

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