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Tödlicher Raser-Unfall in Lankow:
Staatsanwaltschaft klagt wegen fahrlässiger Tötung – Familie fordert Mordanklage

Ein Ex-Polizist raste mit 140 km/h durch eine 30er-Zone in Schwerin – eine Frau starb. Jetzt erhebt die Staatsanwaltschaft Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Angehörige fordern mehr.

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  • Veröffentlicht Juni 5, 2025
Screenshot aus der Vox-Serie "Doc Caro-Jedes Leben zählt"
Screen­shot vom Unfall aus der Vox-Serie „Doc Caro-Jedes Leben zählt”

Mehr als ein Jahr nach dem tödlichen Verkehrsun­fall in Schw­erin-Lankow hat die Staat­san­waltschaft Anklage gegen einen ehe­ma­li­gen Polizis­ten erhoben. Darüber berichtete zuerst die „Ost­see-Zeitung”. Dem heute 70-jähri­gen Mann wird fahrläs­sige Tötung vorge­wor­fen. Der Vor­wurf: Er soll im Feb­ru­ar 2024 mit seinem hochmo­torisierten Mer­cedes mit rund 140 Stun­denkilo­me­tern durch eine Tem­po-30-Zone gerast sein. Beim Über­holen eines Klein­wa­gens kam es zum Unfall – die 64-jährige Fahrerin starb noch im Ret­tungswa­gen.

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Die Anklage lautet auf fahrläs­sige Tötung – ein Vor­wurf, der laut Strafge­set­zbuch mit ein­er Geld­strafe oder bis zu fünf Jahren Haft geah­n­det wer­den kann. Ange­hörige des Opfers reagierten ent­täuscht. Sie hat­ten auf eine Anklage wegen Mordes gehofft.

Anwalt der Familie kritisiert Entscheidung scharf

„Wer mit über 100 km/h schneller fährt als erlaubt, nimmt bil­li­gend den Tod ander­er in Kauf“, sagt Recht­san­walt Ull­rich Knye, der die Fam­i­lie des Opfers ver­tritt. Er ver­weist auf ähn­liche Fälle wie das Berlin­er „Ku’damm-Raser“-Urteil, in dem eine Verurteilung wegen Mordes erfol­gte. Laut DEKRA-Gutacht­en lag die Geschwindigkeit des Unfall­fahrzeugs zwis­chen 130 und 150 km/h.

Beson­ders bit­ter für die Ange­höri­gen: Ein medi­zinis­ches Gutacht­en, das fast ein Jahr nach dem Unfall auf­tauchte, kön­nte den Fahrer ent­las­ten. Die Staat­san­waltschaft ver­weist auf Per­sön­lichkeit­srechte und macht keine weit­eren Angaben. Bekan­nt ist nur, dass eine Krankheit eine Rolle gespielt haben soll.

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Für zusät­zliche Aufmerk­samkeit sorgte ein Kam­er­ateam des Fernsehsenders Vox, das zum Unfal­lzeit­punkt vor Ort war. Die bekan­nte Notärztin „Doc Caro“ ver­suchte noch, das Leben der Frau zu ret­ten – verge­blich.

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Politische Debatte um Strafverfolgung von Rasern

Auch in der Lan­despoli­tik schlägt der Fall Wellen. Der CDU-Land­tagsab­ge­ord­nete Sebas­t­ian Ehlers stellte Ende Mai eine Kleine Anfrage zur Dauer und Behand­lung des Ver­fahrens. In der Anfrage will Ehlers wis­sen, warum das Ver­fahren über 14 Monate nach dem Unfall noch nicht abgeschlossen ist und warum kein Mord­vor­wurf erhoben wurde.

Zudem fragt er, wie viele Ver­fahren in Meck­len­burg-Vor­pom­mern wegen tödlich­er Verkehrsun­fälle mit Anklage nach § 211 (Mord) geführt wur­den – und wie lange ver­gle­ich­bare Ver­fahren in der Regel dauern. Auch die Frage, ob ein Son­derdez­er­nat für solche Fälle zuständig ist, bleibt offen. Eine Antwort der Lan­desregierung ste­ht derzeit noch aus.

Ob der nun angeklagte Ex-Polizist mit ein­er Geld­strafe oder ein­er Frei­heitsstrafe rech­nen muss, ist derzeit offen. Der Fall dürfte vor Gericht weit­er hohe Wellen schla­gen – nicht nur wegen der tragis­chen Umstände, son­dern auch wegen der Diskus­sion um angemessene Strafen für tödliche Raserei im Straßen­verkehr.