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Roboterunternehmen Goeke gibt Schwerin den Laufpass

Was eigentlich schon hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde, machte Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) gestern Abend auf der Sitzung der Schweriner Stadtvertretung öffentlich: Der Roboterbauer Goeke hat einen Rückzieher gemacht. Die

  • Veröffentlicht September 11, 2018
Auf diesem Areal wollte sich die Roboterfirma Goeke ansiedeln. Dieser Traum ist nun geplatzt.
Foto: Dario Rochow | Schwerin-Lokal.de

Was eigentlich schon hinter vorgehaltener Hand gesprochen wurde, machte Oberbürgermeister Rico Badenschier (SPD) gestern Abend auf der Sitzung der Schweriner Stadtvertretung öffentlich: Der Roboterbauer Goeke hat einen Rückzieher gemacht. Die Ansiedlung auf dem  Gelände des ehemaligen Straßenbauamtes an der Güstrower Chaussee wird es nicht geben. Wie Badenschier den Stadtvertretern mitteilte, habe die IBG Goeke Technology Group die Stadtverwaltung in einem Brief darüber informiert, dass sein Unternehmen nicht in Schwerin ansiedeln würde. Matthias Goeke sei enttäuscht über die negative Berichterstattung in den Medien. 

 

Außer Spesen nichts gewesen

 

Kritiker sehen sich nun bestätigt. Ein ähnliches Tauziehen hatte es schon vor über zwei Jahren in Lübeck gegeben.  200 neue Arbeitsplätze sollten an der Trave entstehen. Das Unternehmen wollte 50 Millionen Euro in die Ansiedlung investieren.  Damals sprach der Geschäftsführer Matthias Goeke von einem Technologiepark in der der Hansestadt und wollte später auch ein E-Autowerk errichten. Das Land Schleswig-Holstein unterstützte das Vorhaben damals stark. 850.000 Euro Fördermittel waren schon geflossen. Auch hier war Bestandteil des Deals, die Schaffung von Bauland für Eigentumswohnungen, die am Ende Goekes Investionen refinanzieren sollten. Nachdem sich die Bebauung der Grundstücke aber als teurer und aufwändiger als geplant erwiesen, sprang der Investor ab. Lübecks Bürgermeister Bernd Saxe (SPD) sagte gegenüber den Lübecker Nachrichten: „Wir haben alles, aber auch alles getan, um ihm die Realisierung seiner Vorhaben zu ermöglichen und hätten gern gesehen, dass sein Projekt verwirklich wird.“  Außer Spesen nichts gewesen, so die Erfahrungen der Lübecker mit IBG.  Die Schweriner können sich nun in diese Erfahrung einreihen. 

 

Wochenlang keine Rückmeldung von Goeke

 

Wie die Redaktion aus gut unterrichteten Kreisen erfahren hat, habe man Matthias Goeke schon vor Wochen einen Kaufvertrag zugeschickt. Der Kontakt sei aber dann plötzlich abgebrochen. Über Wochen bemühte sich das Land nach unseren Informationen um eine Rückmeldung Goekes. Der ließ aber alle zappeln. Nun soll er mit ziemlich fadenscheinigen Gründen abgesagt haben. 

Die Invest in Mecklenburg-Vorpommern GmbH, die den Deal damals maßgeblich eingefädelt hatte, äußert sich nicht zu der Vorgehensweise Goekes. Eine schriftliche Anfrage der Redaktion aus der letzten Woche dazu, steht im Moment noch aus. Man verweist lediglich darauf, dass der zuständige Mitarbeiter in der vergangenen Woche im Land unterwegs sei und man sich daher erst Anfang dieser Woche äußern könne. Nach Angaben der SVZ hatte Goeke schon vor dem Brief an Schwerin gegenüber der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mündlich abgesagt. Daher ist nicht ausgeschlossen, dass man bei Invest MV erst einmal auf Tauchstadion gegangen ist. Dabei war die Ansiedlung im April für Invest MV offensichtlich noch Chefsache gewesen. Geschäftsführer Michael Sturm nahm damals persönlich als Gast an der Sitzung der Stadtvertretung teil, die mit 19 zu 21 Stimmen denkbar knapp der Ansiedlung grünes Licht gegeben hatte. 

 

Mehrere Optionen für das Grundstück

 

Für die Unabhängigen Bürger kommen die Entwicklungen gar nicht so ungelegen. Sie hoffen nun, dass ihr Favorit, eine Wassertankstelle, nun wieder ins Spiel kommen kann. „Wir haben von Anfang an gesagt, dass dort keine ‚Roboterfirma‘ anzusiedeln ist, eine Wassertankstelle aber nur dort funktioniert. Und die brauchen wir in Schwerin dringend – für einheimische Wassersportler und Bootstouristen fehlt sie seit 30 Jahren.“, sagt Silvio Horn. 

Die CDU-Fraktion gibt sich enttäuscht über die Entwicklungen. „Unsere Fraktion bedauert diese Entscheidung. Schwerin braucht dringend mehr gut bezahlte Industriearbeitsplätze.“, sagt CDU-Fraktionschef Sebastian Ehlers. Deshalb habe er auch kein Verständnis dafür, dass Linke und Unabhängige Bürger laut Beifall klatschen und johlen, als die Absage des potentiellen Investors gestern in der Stadtvertretung verkündet wurde.

Ehlers sieht in der der Ansiedlung eines Maritimen Zentrums ebenfalls eine gute Alternative. „Der Ball liegt jetzt beim Land als Eigentümer der Fläche. Ich hoffe dort auf eine schnelle Entscheidung.“, betont Sebastian Ehlers. 

Die SPD-Fraktion ist sichtlich über die Entwicklungen verärgert. „Die Entscheidung des Unternehmens ist nach der Debatte, die teilweise durch Vorurteile geprägt war, nachvollziehbar. Wer investiert schon Millionen, wenn er sich zukünftig nicht sicher sein kann, ob die Stadtvertretung mehrheitlich noch hinter dem Projekt steht und wichtige Entscheidungen blockiert.“, sagt SPD-Fraktionschef Christian Masch. Das Verhalten der Linken und der UB ist für Masch ein Paradebeispiel dafür, wie man mit potenziellen Investoren nicht umgehen sollte. Das Gelände in der Güstrower Straße müsse entwickelt werden. Ein Vorschlag liege mit dem maritimen Zentrum auf dem Tisch. Die SPD denkt aber auch in eine andere Richtung. „Das Grundstück am Wasser wäre aber sicher auch für sozialen Wohnraum sehr attraktiv. Vorstellbar wäre für uns ein Wohnquartier, wo der ALG-2-Empfänger genauso eine attraktive Wohnung findet wie das Akademikerpaar mit mittlerem Einkommen.“, so Masch.

Baudezernent Bernd Nottebaum hatte aber schon länger einen Plan B in der Schublade. Nach seinen Angaben wolle sich nun die Stadt um das Grundstück bemühen. Auch die Stadt favorisiert die Errichtung eines Wassersportzentrums. Investoren dafür gibt es. 

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Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer der digitalen Tageszeitung "Schwerin-Lokal". Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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