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Schlossgastronomie Schwerin im Schwarzbuch Steuerverschwendung

  Der Bund der Steuerzahler (BdST) hat sein jährliches Schwarzbuch mit über 100 Beispielen für Steuerverschwendung veröffentlicht. Bund, Länder und Kommunen seien in zahlreichen Fällen sorglos mit dem Geld der

  • Veröffentlicht November 2, 2020

 

Die Schlossgastronomie in Schwerin hat es dieses Jahr als ein Beispiel für Steuerverschwendung in das Schwarzbuch des Bundes der Steuerzahler geschafft

Der Bund der Steuerzahler (BdST) hat sein jährliches Schwarzbuch mit über 100 Beispielen für Steuerverschwendung veröffentlicht. Bund, Länder und Kommunen seien in zahlreichen Fällen sorglos mit dem Geld der Bürger umgegangen, kritisiert Verbandspräsident Reiner Holznagel. Mit der Verstaatlichung der  Schlossgastronomie hat es in diesem Jahr auch ein Fall von Steuerverschwendung aus Schwerin in die Printausgabe des Schwarzbuch geschafft.

 

Gastronomie auf Kosten der Steuerzahler

Unter der Überschrift „Gastronomie auf Kosten der Steuerzahler“ greift der Bund der Steuerzahler die Gründung der  landtagseigenen „Schweriner Schloss Restaurant GmbH“  Ende 2019 auf. Seit Anfang dieses Jahres betreibt diese Gesellschaft nun das Restaurant in der alten Orangerie, das Schlosscafé und die Landtagskantine. Vorher wurden diese Einrichtungen von einem Privatunternehmer betrieben. Begründet wurde die Verstaatlichung der Schlossgastronomie damit, dass der Landtag nicht mehr mir der Qualität des gastronomischen Angebots zufrieden sei. Aus diesem Grunde verlängerte man den Pachtvertrag mit dem Betreiber nicht mehr.

Die Gastronomie wird nun seit Anfang des Jahres auf Kosten der Steuerzahler betrieben. Allein im Jahr 2020 werden dafür rund 404.000 Euro aus Steuergeld ausgegeben.  292.000 Euro standen dabei als Anschubfinanzierung zur Verfügung – Geld, das überwiegend für die 20 Arbeitsstellen benötigt wird. 112.000 Euro fließen in die Ausstattung und in Baumaßnahmen wie etwa einen barrierefreien Zugang zur Orangerie. An den Landtag in Schwerin zahlt die Betreibergesellschaft zudem vom ersten Jahr an eine Pacht: Sie soll 63.000 Euro betragen und die Zuschüsse entsprechend reduzieren. In dem zur Gründung aufgestellten Wirtschaftsplan geht man davon aus, dass das Unternehmen sich bereits 2021 selbst trägt und keine weiteren Verluste auszugleichen sein werden.

 

Staatsbetrieb in Schwerin verzerrt den Wettbewerb

Der Bund der Steuerzahler in Mecklenburg-Vorpommern kann nicht verstehen, warum der Staat hier in die Wirtschaft eingreift. Dass es eine Herausforderung sei, den Spagat zwischen Mitarbeiterkantine, Café und Orangerie mit ihrer Vielzahl an Sitzplätzen hinzubekommen, wird nicht in Abrede gestellt. Der Betrieb einer gastronomischen Einrichtung sei aber auch nicht Bestandteil der öffentlichen Daseinsvorsorge oder einer sonstigen herausgehobenen Bedeutung. Hier würde auf Kosten der Steuerzahler ein staatliches Angebot gemacht, das in private Hand gehört. „Bei der Schlossgastronomie in Schwerin sehen wir, bei allem Verständnis für das eigentliche Anliegen, vor allem jetzt in der Corona-Pandemie auch, wie wettbewerbsverzerrend ein solcher Betrieb wirken kann.“, so Landesgeschäftsführerin Diana Behr.

 

Angesichts der Branchenlage Handeln besonders fragwürdig

Der Präsident des Unternehmerverbandes Thomas Tweer hält das Engagement des Landes in der Schlossgastronomie fragwürdig. Foto: UV

Auch der Präsident des Unternehmerverbandes, Thomas Tweer sieht das Handeln des Landes kritisch. „Wir hatten die ‚Schlossgastronomie‘ in Schwerin bereits zum Jahreswechsel mehrfach kritisch bewertet und das Gespräch mit den Verantwortlichen gesucht. Aber man hatte im Grunde schon Tatsachen geschaffen. Nun hat diese mit Steuergeldern subventionierte Gastronomie ihren Platz im aktuellen Schwarzbuch der Steuerzahler gefunden. Im Lichte der seit Monaten angespannten Lage der Branche erscheint dieses Handeln nochmals besonders fragwürdig.“, sagt Tweer gegenüber unserer Redaktion.

 

Einige Abgeordnete betrachten sich als etwas „Besseres“

AfD-Fraktionschef Nikolaus Kramer sieht die Ablehnung seiner Fraktion durch die Aufnahme der Schlossgastronomie in das Schwarzbuch bestätigt. Foto: AfD-Fraktion MV

Bestätigt in der Ablehnung der Verstaatlichung der Schlossgastronomie sieht sich nun die AfD-Fraktion im Landtag. Nachdem das aktuelle Schwarzbuch erschienen ist, spricht Fraktionsvorsitzender Nikolaus Kramer nun davon, dass ihm die „Ungleichbehandlung von Abgeordneten und der weiteren arbeitenden Bevölkerung Bauchschmerzen bereiten würde“. „Die Kantine gehört in private Hand! Auch wenn einige Abgeordneten der Altparteien sich als etwas ‚Besseres‘ betrachten“, so Kramer, der dabei weder die Orangerie, noch das Schlosscafé in seine Darstellungen einbezieht.

Verschwendung von Steuergeldern kein Kavaliersdelikt

Für die finanzpolitische Sprecherin der Linksfraktion Jeannine Rösler ist Steuergeldverschwendung kein Kavaliersdelikt. Foto: Linksfraktion MV

Die Linksfraktion im Landtag in Schwerin sieht im Schwarzbuch einen „wichtigen Beitrag, um über den Einsatz von Steuergeldern in der Öffentlichkeit breit zu diskutieren und die sinnvolle Verwendung zu hinterfragen“. „Verschwendung von Steuergeld ist kein Kavaliersdelikt. Und selbstverständlich ist nicht jeder eingesetzte Steuer-Euro rausgeschmissenes Geld – Steuereinnahmen ermöglichen erst öffentliches Leben und Daseinsvorsorge.“, so die finanzpolitische Sprecherin, Jeannine Rösler. Auf die Kritik des Bundes der Steuerzahler an der Übernahme der Schlossgastronomie durch das Land reagiert die Finanzexpertin aber nicht.

 

Fraglich, ob nicht neue Zuschüsse nötig sind

Ob sich das Unternehmen, wie geplant, im kommenden Jahr tatsächlich selbst tragen wird, bezweifelt nicht nur der Bund der Steuerzahler. „Weshalb es nun ausgerechnet einer staatlichen GmbH gelingen sollte, was die Betreiber nach Angabe des Landtags zuvor nicht leisten konnten – nämlich ein langfristig kostendeckender Betrieb bei attraktivem Angebot an allen drei Betriebsorten – erschließt sich nicht. Es ist fraglich, ob hier nicht dauerhaft Zuschüsse notwendig sein werden.“, so der Bund der Steuerzahler.

Der Landesrechungshof in Schwerin meldete schon vor Übernahme durch das Land Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Projektes an. „Der geplante Betriebsübergang von privaten Betreibern zur öffentlichen Hand birgt aus unserer Sicht bisher unklare Risiken“, so ein Sprecher damals.

Risiken, die am Ende vom Steuerzahler zu bezahlen sein werden.

Written By
Stefan Rochow

ist Journalist, Unternehmer und Gründer von SNO | Schwerin-Lokal. Mail: redaktion@schwerin-lokal.de

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