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Schwerin: Auf dem Weg zum Doppelhaushalt 2021/22

Derzeit befindet sich der Entwurf für den Doppelhaushalt 2021/22 in der Gremiendiskussion. Eigentlich war es das Ziel der Verwaltung, das Papier bereits im Oktober von der Stadtvertretung beschließen zu lassen.

  • Veröffentlicht November 23, 2020
Dr. Rico Badenschier ist Oberbürgermeister und Finanzdezernent der Landeshauptstadt Schwerin. | Foto: Timm-Allrich

Derzeit befindet sich der Entwurf für den Doppelhaushalt 2021/22 in der Gremiendiskussion. Eigentlich war es das Ziel der Verwaltung, das Papier bereits im Oktober von der Stadtvertretung beschließen zu lassen. Letztlich aber gab es in verschiedenen Ausschüssen doch noch Gesprächsbedarf. Daher konnte der ursprüngliche Plan nicht gehalten werden. Nun ist es wie es ist – und alle Fraktionen wie auch die Einzel-Stadtvertreter machen das Beste aus der Situation. Sie befassen sich weiter mit dem Papier, bewerten aus ihrer jeweiligen Sicht die grundsätzliche Situation, die Entwicklungen und die Vorschläge und entwickeln Änderungsideen.

 

Heute: Finanzdezernent und Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier

Wo aber steht die Stadt finanziell? Was können, was wollen und was müssen wir uns zukünftig leisten können? Und wo gibt es nach vielen Jahren intensiver Haushaltskonsolidierung eigentlich eventuell noch Einsparpotenziale? Auch diese Fragen stellte unsere Redaktion der Kommunalpolitik und auch dem Finanzdezernenten und Oberbürgermeister. In einer kleinen Serie wollen wir deren Antworten in den kommenden zwei Wochen vorstellen. Den Anfang macht dabei heute Finanzdezernent und Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier.

 

Wie schätzen Sie die finanzielle Lage der Stadt Schwerin ein?

Sie ist weiterhin angespannt. So wurde z.B. unser Nachtragshaushalt 2020 nur mit einer Einsparvorgabe von 11,5 Mio. Euro durch das Innenministerium genehmigt, was eine Haushaltsperre nach sich zog. Trotz unserer verbesserten Finanzausstattung durch das Land durch die Reform des Finanzausgleichsgesetzes und trotz der Tatsache, dass wir mit dem neuen Doppelhaushalt 2021/2022 erstmals seit Jahrzehnten nur so viel ausgeben wollen, wie wir einnehmen (also den jahresbezogenen Ausgleich schaffen), drückt die Stadt ein hoher Schuldenberg vom mehr als 150 Mio. €. Der mit dem Haushaltssicherungsprogramm von der Stadtvertretung beschlossene Entschuldungshorizont von 10 Jahren ist eine Herausforderung für die kommunale Selbstverwaltung und das Demokratieverständnis, wird uns aber in den kommenden Jahren neue kommunalpolitische Entscheidungsspielräume eröffnen.

 

Welche Initiativen wollen Sie anstoßen, damit sich die finanzielle Situation verbessert?

Die Entwicklung in der Vergangenheit zeigt, dass steigende oder sinkende Sozialausgaben die größten Auswirkungen auf die Finanzlage unserer Stadt haben. Deshalb ergreife und unterstütze ich jede sinnvolle Initiative, um die wirtschaftliche Entwicklung Schwerins voranzubringen. Gute und gut bezahlte Arbeitsplätze senken die städtischen Sozialausgaben. Und nebenbei steigen auch noch unsere Einnahmen bei der Gewerbesteuer.

 

Was wird und was muss sich die Stadt zukünftig noch leisten können?

Investitionen in Digitalisierung, Bildung und Infrastruktur, insbesondere in Schulen, Kinderbetreuung, Straßen. Wir reden hier in den kommenden beiden Jahren wieder von mehr als 150 Mio. €. Solche Investitionen erlaubt uns das Haushaltsrecht weiterhin. Denn es geht hier überwiegend um unsere Pflichtaufgaben als Kommune. Mit jedem Jahr der Konsolidierung können sich weitere Spielräume im laufenden Haushalt ergeben, die wir z.B. für zusätzliche Kulturprojekte oder den Nahverkehr ausgeben können.

 

Wo sehen Sie Einsparungspotentiale?

Nach 25 Jahren als Haushaltssicherungskommune sehe ich da kein nennenswertes Potential mehr. Selbst der beratende Beauftragte des Innenministeriums hatte nur noch Kleinstbeträge zum Sparen gefunden. Dennoch bleibt die Aufgabenkritik im Haushaltssicherungskonzept auf der Tagesordnung.  Das ist ein laufender Prozess.

 

Was hätte die Politik und Verwaltung in der Vergangenheit anders machen sollen?

Ich bin kein Freund von Hätte, Wenn und Aber. Der starke Wegzug in den 90er Jahren, die Privatisierung kommunaler Daseinsvorsorge, die ihren Ausdruck in einer teuren Kraftwerksfinanzierung über die Stadtwerke fand, die Schuldenbelastung der kommunalen Wohnungsgesellschaft: Statt der Vergangenheit nachzuweinen, ist es jetzt wichtiger, die Weichen für die Zukunft zu stellen. Dazu zähle ich den Ausstieg aus dem PPP Wassernetze 2030 und die Sicherung kommunaler Grundstücke für den sozialen Wohnungsbau. Erbpacht statt Verkauf, damit wir als Kommune Einfluss behalten.

 

Vielen Dank an Dr. Rico Badenschier, Finanzdezernent und Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Schwerin, für die ausführliche Auseinandersetzung mit unseren Fragen und deren Beantwortung.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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