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Schwerin: Diskussionen um I-Pads für Schulen halten an

Mitte Januar kam die Nachricht aus dem Büro des Oberbürgermeisters: Die ersten 200 Tablets für Schülerinnen und Schüler der kommunalen Schulen in Schwerin sind da. Zu diesem Zeitpunkt aber lief

  • Veröffentlicht Februar 12, 2021
In Schwerin schwelt die Debatte um die technische Ausstattung der Schulen und die bestellten iPads weiter. | Foto: Niek Verlaan

Mitte Januar kam die Nachricht aus dem Büro des Oberbürgermeisters: Die ersten 200 Tablets für Schülerinnen und Schüler der kommunalen Schulen in Schwerin sind da. Zu diesem Zeitpunkt aber lief die Diskussion um die Anschaffung der Geräte längst. Eine Diskussion, die auch noch nicht beendet ist. Nicht ganz ohne Grund, wie auch wir erfahren mussten.

 

Schon länger gibt es Diskussionen um die Tablets

Schon in den vergangenen Monaten hatte es verschiedene Diskussionen rund um die technische Ausstattung der Schulen und konkret auch die Tablet-Bestellung gegeben. Als nun zum Jahresbeginn die ersten 200 der insgesamt 1.550 I-Pads in Schwerin eintrafen, hörte man erneut kritische Stimmen. Inzwischen war Januar, die Coronakrise fast ein Jahr akut, und es standen nur 200 von 1.550 Geräten zur Verfügung. Während sich die einen freuten, schüttelten andere den Kopf. Vielleicht war es letztlich sogar die Stadtverwaltung selbst, die das Thema wieder auf die Agenda hob, indem sie die ersten 200 Geräte öffentlich feierte. Denn es blieb nun nicht bei kritischen Stimmen allein der aktuell noch geringen Menge. Vielmehr wurden nun auch Stimmen laut, die die Verwendung der für Schwerin zur Verfügung stehenden etwa 736.000 Euro genauer hinterfragten. Und eben daraus scheint sich nun doch eine intensivere Diskussion zu entwickeln. Ganz unschuldig ist die Stadtverwaltung daran nicht.

 

ASK und DIE LINKE woll(t)en es genauer wissen

Dr. Daniel Trepsdorf | Foto: DIE LINKE, Schwerin

Denn sowohl die Fraktion DIE LINKE als auch Stadtvertreter Karsten Jagau und die ASK stellen einige kritische Nachfragen. Und nicht alle Antworten fielen dabei zufriedenstellend aus. „Die Antworten der Verwaltung zeigen: Gut gemeint und gut gemacht sind bedauerlicherweise nicht selten in der Politik zwei verschiedene Paar Schuhe“, so die Links-Fraktion. So sind diejenigen Schulen, die nicht auf die schon mehrfach überlastete und zusammengebrochene Plattform „itslearning“ setzen, die das Land bereitstellt, schnell benachteiligt. Denn die I-Pads sind nicht entsprechend eingerichtet, um die alternativen Angebote nutzen zu können, so DIE LINKE. Auch sei es den Schülern nicht möglich, Bearbeitungsstände während des Unterrichts direkt auf dem Gerät abzuspeichern. Ein interessanter Umstand, denn das Bildungsministerium erklärte auf Nachfrage: „Es ist [in diesem Fall durch die Stadt Schwerin als Schulträger] sicherzustellen, dass die Endgeräte in die bestehende Infrastruktur eingebunden werden können.“ Insofern seien die Schulen im Vorfeld der Beschaffung einzubinden.

 

Hätte Stadt die Schulen doch einbinden müssen? Scheinbar.

Stadtvertreter Karsten Jagau (ASK), Schwerin

Nach eben dieser Einbindung der Schulen fragte auch die ASK den Oberbürgermeister durch ihren Stadtvertreter Karsten Jagau. Vor dem Hintergrund der Antwort des Ministeriumssprechers verwundert die Antwort des Oberbürgermeisters von Schwerin dann schon: „Eine Einbindung der Schulen […] im Vorfeld der Beschaffung ist aufgrund der Dringlichkeit, die zum einen aufgrund der aktuellen Pandemielage und zum anderen aus den Fristen des Förderprogramms resultierte, nicht erfolgt.“ Das dürfte durchaus noch einmal für Diskussionen sorgen. Vor allem vor dem Hintergrund der von Trepsdorf beschriebenen Nutzungsprobleme in eben bereits bestehender technischer Infrastruktur.

 

21 Schulen in Schwerin ohne Voraussetzungen für Einsatz digitaler Endgeräte

Der LINKEN-Politiker erwähnt zudem, Lehrer wie Schüler seien zudem „stets auf eine funktionierende WLAN-Verbindung angewiesen, […]. Dieser Anspruch scheitert indes bereits an vielen Schulen der Landeshauptstadt aufgrund der vielfach desolaten technischen Ausstattung […]“, erklärt Dr. Daniel Trepsdorf, Vorsitzender des Kulturausschusses und Stadtvertreter der LINKEN. Und um dies nicht als lose Behauptung im Raum stehen zu lassen, fragte er die Verwaltung auch nach den Schulen in Schwerin, in denen die erforderlichen Voraussetzungen zur Nutzung digitaler Endgeräte nicht gegeben sind:

  • Grundschule Schweriner Nordlichter
  • Friedensschule
  • Fritz-Reuter-Schule
  • Grundschule Lankow
  • Nils-Holgersson-Schule
  • Grundschule „Am Mueßer Berg“
  • Fridericianum
  • Goethe-Gymnasium
  • Abendgymnasium
  • Bertolt-Brecht-Schule
  • Werner-von-Siemens-Schule
  • Astrid-Lindgren-Schule (Grundschulteil sowie weiterführende Schule)
  • Berufliche Schule Wirtschaft & Verwaltung
  • Berufliche Schule Gesundheit und Sozialwesen
  • Schule am Fernsehturm „Sonderpädagogisches Förderzentrum“,
  • Mecklenburgisches Förderzentrum für Körperbehinderte
  • Albert-Schweitzer-Schule mit Klinikschulteil
  • John-Brinckman-Schule (WLAN vorinstalliert)
  • Sportgymnasium (voraussichtlich ab SJ 2021/2022 WLAN Ausstattung vorhanden)
  • Erich-Weinert-Schule (voraussichtlich ab SJ 2021/2022 WLAN Ausstattung vorhanden)
  • Berufliche Schule Technik (voraussichtlich ab SJ 2021/2022 WLAN Ausstattung vorhanden)

21 Schulen also, an denen man im Jahr 2021 in Schwerin nicht mit digitalen Endgeräten arbeiten kann, weil die grundsätzlichen Voraussetzungen dafür nicht gegeben sind.

 

Gelder nicht für Internet und Peripheriegeräte vorgesehen

Das Bildungsministerium hat seinen Sitz im Marstall in Schwerin. | Foto: privat

Aber nicht nur in der Schule bestünde dieses Problem. Denn „zudem können sich viele Familien, die sozial nicht privilegiert sind, auch für Zuhause selten die teuren Mobilflatrates […] leisten, die zum produktiven Lernen der Kinder mit dem Gerät oft unabdingbar sind“, so Trepsdorf (DIE LINKE). Ein Punkt, an dem die ASK ebenfalls einhakte. Denn sie wollte genauer wissen, ob die Gelder nicht auch für die tatsächliche Einsatz- und Funktionsfähigkeit zur Verfügung standen. Damit wären ggf. auch die Kosten für Internetanschlüsse inbegriffen.

Dem allerdings ist nicht so, wie uns das Ministerium bestätigte. Zu dieser Frage gäbe es eine Vereinbarung, nach der sich der Bund in Absprache mit den Ländern verpflichtet habe, „mit Mobilfunkanbietern nach Lösungen für Schülerinnen und Schüler zu suchen, die in ihrer häuslichen Situation nicht auf eine bestehende Netzanbindung zugreifen können.“ Dies ist bis heute der Stand. Weder hat das Land in dieser Sache etwas unternommen, noch gibt es demnach eine Entwicklung im Bund. 

 

„Das ist wie Turnschuhe ohne Sohlen“

Sowohl ASK wie auch DIE LINKE sehen zudem ein Problem darin, dass für die Arbeit erforderliche Peripheriegeräte nicht zur Verfügung gestellt werden. Auch hier bewegt sich die Stadt Schwerin als Schulträger allerdings im rechtlich korrekten Bereich. Denn „die Vereinbarung sieht keine Förderung von Peripherietechnik vor. Es geht in der Vereinbarung um eine zusätzliche Förderung, nicht um eine Komplettfinanzierung“, so das Bildungsministerium in Schwerin gegenüber unserer Redaktion. Die vergangenen Wochen und Monate „Distanzunterricht“ oder wie man es auch nennen mag, haben aber gezeigt, dass die Schüler in Schwerin vielfach auf Drucker angewiesen sind. Auch ist eine längere Arbeit mit Tabletts vielfach effektiver, wenn man über eine zusätzliche Tastatur verfügt.

Trepsdorf fasst diese Situation wie folgt zusammen: „I-Pads ohne Internetverbindung und mangelnde digitaltechnische Infrastruktur sind wie Turnschuhe ohne Sohlen. Beides eignet sich anscheinend gut für repräsentative Medienbilder, ist aber in der harten Schulwirklichkeit kaum zu gebrauchen“, so seine an das Land gerichtete Kritik.

 

Entscheidung zugunsten der Apple-Geräte wirft weitere Fragen auf

Und noch ein Punkt weckt kritische Stimmen und wirft Fragen auf: Weshalb mussten es eigentlich I-Pads sein, die zumindest im normalen Einzelhandel zweifelsfrei die Preislisten anführen. Thema, dass wir in den kommenden tagen aber noch näher beleuchten wollen. Denn auch unsere Redaktion versuchte, auf diese so simpel klingende Frage eine schnell und präzise Antwort zu bekommen…

 

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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