Schutz für Igel:
Kommt das Mähroboter-Nachtverbot für Schwerin?
Zum Schutz von Igeln soll in Schwerin ein nächtliches Fahrverbot für Mähroboter eingeführt werden. Der Antrag sorgt für Diskussion, Vorbild ist unter anderem die Stadt Köln.

In Schwerin wird über ein Nachtfahrverbot für Mähroboter diskutiert. Die Fraktion Unabhängige Bürger/FDP hat einen Antrag in die Stadtvertretung eingebracht, der das Ziel hat, heimische Wildtiere, allen voran den Igel, besser zu schützen. Dieser Antrag wurde auf der letzten Stadtvertreter Sitzung in die Ausschüsse verschoben. Dort wird das Thema nun diskutiert.
Immer mehr Städte in Deutschland greifen zu solchen Maßnahmen, die der UB/FDP-Fraktion nun vorschlägt. Der Grund: Der Einsatz moderner Rasenroboter birgt Gefahren, die viele Gartenbesitzer nicht auf dem Schirm haben.
Konkret fordert die Fraktion, dass Mähroboter in Schwerin künftig nicht mehr während der Nachtstunden betrieben werden dürfen. Das Verbot soll jeweils eine Stunde vor Sonnenuntergang beginnen und bis eine Stunde nach Sonnenaufgang gelten. Damit würden die Zeiten abgedeckt, in denen Igel und andere nachtaktive Tiere besonders aktiv sind. Zusätzlich soll die Stadt eine Aufklärungskampagne starten, um die Bevölkerung über die Gefahren für Wildtiere durch Mähroboter zu informieren. Beiträge in Zeitungen, auf der städtischen Website sowie Flyer sollen für mehr Bewusstsein sorgen.
Der Antrag verweist auf Vorbilder in Städten wie Köln, Leipzig, Göttingen oder Mainz, in denen ähnliche Regelungen bereits beschlossen wurden. Die Antragsteller sehen darin nicht nur einen Beitrag zum Tierschutz, sondern auch eine Möglichkeit, das Thema Artenvielfalt und respektvollen Umgang mit Natur in der Stadtgesellschaft stärker zu verankern.
Warum sind Igel gefährdet?
Igel sind dämmerungs- und nachtaktive Tiere. In den Abendstunden verlassen sie ihre geschützten Verstecke auf der Suche nach Nahrung. Besonders in Siedlungsnähe – also in Gärten, Parks und Grünanlagen – finden sie Lebensraum. Doch genau dort kommen auch Mähroboter zum Einsatz, meist unbeaufsichtigt und oftmals gerade nachts, wenn sie den Gartenbesitzern nicht „im Weg“ sind.
Das Problem: Igel fliehen nicht vor Gefahr, sondern rollen sich instinktiv zusammen. Diese Schutzstrategie hilft gegen natürliche Fressfeinde, nicht aber gegen Mähroboter. Diese Geräte arbeiten automatisch, haben oft keine ausreichende Hinderniserkennung, und schneiden weiter, auch wenn ein Igel im Weg liegt.
Eine Studie des Leibniz-Instituts für Zoo- und Wildtierforschung (Leibniz-IZW) belegt das Risiko eindrücklich. Viele getestete Geräte erkannten Igel nicht oder zu spät. Vor allem Jungtiere seien besonders gefährdet, da sie klein und langsam seien. Die Forscher empfehlen deshalb ausdrücklich, Mähroboter nicht während der Igel-Aktivitätszeiten zu betreiben. Eine simple Zeitregelung könne schwere Verletzungen und Todesfälle in vielen Fällen verhindern.
Was andere Städte tun – das Beispiel Köln
In Köln wurde im Frühjahr 2024 ein verbindliches Nachtfahrverbot beschlossen. Dort dürfen Mähroboter zwischen 19 Uhr abends und 7 Uhr morgens nicht betrieben werden. Bei Verstößen drohen Bußgelder von bis zu 50.000 Euro. Die Stadt Köln reagierte damit auf Hinweise von Tierärzten, Umweltorganisationen und besorgten Bürgern. Im Mittelpunkt stand der Igel, der laut Naturschutzbund (NABU) in vielen Regionen bereits stark im Bestand zurückgegangen ist.
Auch in Köln war das Thema umstritten: Kritiker sahen das Verbot als kaum kontrollierbar an. Dennoch setzte sich die Überzeugung durch, dass klare Regeln nötig sind, um Tierleid wirksam zu vermeiden. Die Umweltdezernent William Wolfgramm (parteilos) erklärte dazu: „Artenschutz beginnt im Kleinen, und dazu gehört auch, dass wir moderne Technik mit Rücksicht einsetzen.“
Die Stadtverwaltung Schwerin bewertet in einer Stellungnahme zum Antrag, diesen als rechtlich zulässig, empfiehlt jedoch seine Ablehnung. Die Begründung: Ein solches Verbot sei kaum kontrollierbar, da Mähroboter vor allem auf Privatgrundstücken eingesetzt werden. Die Überprüfung in der Nacht sei mit den vorhandenen Ressourcen nicht leistbar und würde zusätzliches Personal erfordern.
Auch die vorgeschlagene Aufklärungskampagne wird kritisch gesehen. Es gebe bereits umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit von Naturschutzverbänden. Eine städtische Kampagne verursache Kosten für externe Dienstleistungen, ohne zwangsläufig mehr Wirkung zu erzielen. Die Verwaltung schlägt stattdessen vor, das Thema regelmäßig in städtischen Kanälen wie Social Media, Newsletter oder Pressemitteilungen aufzugreifen.
Schwerin wäre erste Stadt in MV mit Mähverbot
Die Debatte in Schwerin steht exemplarisch für viele kommunale Herausforderungen im Umwelt- und Artenschutz. Auf der einen Seite steht ein berechtigtes Anliegen: der Schutz eines geschützten Wildtiers, das in städtischen Lebensräumen auf Technik trifft, gegen die es keine Chance hat. Auf der anderen Seite stellt sich die Frage nach der Machbarkeit, Kosten und Wirksamkeit kommunaler Verbote.
Die Argumente beider Seiten sind nachvollziehbar. Befürworter betonen den ethischen Aspekt und verweisen auf einfache Lösungen: Moderne Mähroboter lassen sich zeitlich programmieren – ein nächtliches Fahrverbot wäre für viele Besitzer technisch leicht umzusetzen. Gegner wiederum warnen vor einem weiteren Kontrollproblem und warnen vor Symbolpolitik ohne Wirkung. Die Entscheidung liegt nun bei der Stadtvertretung. Der Antrag wurde zunächst in die Ausschüsse verschoben.
Sollte der Antrag angenommen werden, wäre Schwerin eine der ersten Städte in Mecklenburg-Vorpommern mit einem Mähroboter-Nachtfahrverbot. Sollte er abgelehnt werden, bleibt die Verantwortung bei den Gartenbesitzern selbst – und bei der Hoffnung, dass Aufklärung und Freiwilligkeit ausreichen.



