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Schwerin: Ein Wohnprojekt für Kinder und Jugendliche

Eher still und leise ist in den vergangenen Jahren aus einer guten Idee Realität geworden. Der SOS Kinderdorf e.V. hat in Schwerin ein erstes Projekt gestartet. Eine Wohngruppe für Kinder

  • Veröffentlicht Januar 29, 2020
Kinder und Jugendliche stehen in Schwerin im Zentrum der Arbeit des SOS Kinderdorf e.V. | © SOS-Kinderdorf e.V. / Foto: Maximilian Geuter

Eher still und leise ist in den vergangenen Jahren aus einer guten Idee Realität geworden. Der SOS Kinderdorf e.V. hat in Schwerin ein erstes Projekt gestartet. Eine Wohngruppe für Kinder und Jugendliche, die aus unterschiedlichen gründen nicht bei ihren Eltern leben können entstand. Wir haben dort vorbeigeschaut und möchten das Projekt heute vorstellen.

SOS Kinderdorf e.V. engagiert sich auch in Schwerin

Viele werden sicherlich mit dem SOS-Kinderdorf e.V. eher größere Einrichtungen mit mehreren Gebäuden verbinden. Wie beispielsweise in Grimmen – der bisher einzigen Einrichtung des bekannten Trägers in Mecklenburg-Vorpommern. Dort leben derzeit zahlreiche Erwachsene, überwiegend mit Lern- oder Denkbeeinträchtigungen, in familiären Strukturen. Sie betreiben unter anderem eine eigene kleine Landwirtschaft, arbeiten in einer Käserei sowie in Werkstätten. Ein eigener integrativer Kindergarten, eine Waldkita, die Ambulanten Hilfen zur Erziehung und ein Familienzentrum runden das breite Angebot ab.

Zwischen acht und vierzehn Jahre sind die aktuellen Bewohnerinnen und Bewohner in Schwerin | © SOS Kinderdorf e.V. / Foto: Maximilian Geuter

Idee für Schwerin entstand bereits 2016/17

In Schwerin hingegen entschied man sich 2016/17 für den Weg, gezielt im Bereich der Jugendhilfe aktiv zu werden. Schnell suchte man das Gespräch mit den Entscheidungsträgern vor Ort. In Sozialdezernent Andreas Ruhl fand man dabei schnell einen Unterstützer der Idee. Schnell und konstruktiv verliefen die folgenden Gespräche unter anderem mit der Stadt. Sehr viel steiniger und schwieriger war allerdings die Suche nach einem geeigneten Objekt. Denn wer die Immobiliensituation in Schwerin kennt wird ahnen, dass eine Fläche, wie sie nun gefunden ist, nicht mal eben so leersteht. Aber der unermüdliche Einsatz und der Glaube an das Ziel zahlten sich aus. Heute stehen den Kindern und Jugendlichen über zwei Etagen verteilt insgesamt elf Räume zentrumsnah zur Verfügung. „Wir haben Platz für 9 ständige Bewohner in unserer Wohngruppe. Einen 10. Platz halten wir für kurzfristige Inobhutnahmen durch das Jugendamt frei“, so Sören Luka, Bereichsleiter vor Ort.

Eigenes Zimmer – mit wenigen Regeln

„Unsere Bewohner verfügen über  ein eigenes Zimmer damit sie einen Rückzugsort haben, in dem sie auch für sich sein können. Ein Raum verfügt dabei über zwei Betten, falls doch einmal ein Geschwisterpaar zu uns kommt. Die Kinder und Jugendlichen haben darüber hinaus bei der Gestaltung ihres Zimmers viel Freiraum.“ Ein Blick in die Zimmer zeigt, was Sören Luka damit meint. Poster an den Wänden, Kosmetik in den Mädchenzimmern, sogar ein Klavier steht in einem Raum. Lediglich Fernseher und Computer sind nicht direkt in den Zimmern gestattet. „Unsere jungen Bewohner sollen natürlich ihren privaten Rückzugsraum haben. Genauso wichtig ist uns in unserer pädagogischen Arbeit aber auch, die Kinder und Jugendlichen für die Teilnahme an Gruppenaktivitäten zu gewinnen.“ Daher  gibt es geregelte Handyzeiten – sicherlich nicht für jeden nur eine Freude, aber auch ein wichtiger Teil der pädagogischen Arbeit.

Gemeinsam verleben die Kinder und Jugendlichen ihren Alltag in Schwerin | © SOS Kinderdorf e.V. / Foto: Maximilian Geuter

Erfahrenes Team steht den jungen Bewohnern zur Seite

Derzeit leben in Schwerin acht Kinder und Jugendliche zwischen acht und vierzehn Jahren in der Wohngemeinschaft. Ihnen stehen erfahrene Erzieher zur Seite – nachmittags mindestens zwei zeitgleich. Dabei arbeitet das Team aus ebenso erfahrenen wie engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern nach einem Bezugsbetreuungssystem. Das bedeutet: Alle Bewohner haben eine individuelle Bezugsperson, die unter anderem auch bei wichtigen Terminen (z.B. bei Ärzten, Jugendamt oder Gesprächen mit ihren Lehrern) dabei ist. Zudem halten diese Mitarbeiter auch den unmittelbaren Kontakt zu den Familien. Zwar sind die Kinder in der Regel durch das Jugendamt Schwerin aus ganz unterschiedlichen Gründen aus den Familien herausgenommen worden – aber sie sollen den Kontakt zu ihren Eltern, wenn möglich  halten und ggf. neu ausrichten. Denn das Team des SOS-Kinderdorf e.V. in Schwerin möchte gerade keine Konkurrenz zu den Eltern sein. Daher wird bewusst auch das Prinzip der offenen Wohngruppe gelebt. Familien und Freunde können die Kinder und Jugendlichen besuchen kommen.

Ein Objekt mit vielen Vorteilen

Dabei ist die Lage der Wohngruppe ein großes Plus. Alle derzeitigen Bewohner kommen aus Schwerin und mussten weder ihre Schulen wechseln, noch – aufgrund einer eventuell plötzlich großen Entfernung – ihnen wichtige Freunde oder Freizeitaktivitäten aufgeben. Sie werden nicht komplett aus ihrem gesamten sozialen Umfeld gerissen. Vielmehr können sie ihnen wichtige Kontakte halten und sogar weiter ausbauen. Dies macht nicht nur den Schritt in die WG, sondern später auch die mögliche Rückkehr in ihre Familien einfacher.

Aber auch der Weg in ein dann selbstbestimmtes Leben soll – natürlich in Abhängigkeit vom Alter der Jugendlichen – möglich sein. Hier hat Bereichsleiter Sören Luka noch eine zusätzliche Idee. Gern möchte er – idealerweise innerhalb des Objektes – noch eine oder zwei kleine Wohnungen anmieten. Dort sollen die Jugendlichen begleitet ihre ersten wirklich selbstständigen Schritte gehen können. Dabei aber sollen sie den Bezug zu ihrer Wohngruppe nicht gleich komplett aufgeben müssen. Die Möglichkeit scheint es vor Ort auch zu geben. Nicht zuletzt aufgrund toller, verständnisvoller Vermieter, die dem Projekt von Beginn an offen gegenüberstanden.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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