Schwerin: Gastronomen machen auf sich aufmerksam
Die Hoffnungen auf den Spitzengipfel zwischen Landesregierung und Hotel-/Gaststättenbranche waren groß: Ein klarer Fahrplan für die Branche heraus aus den Corona-Maßnahmen. Das Ergebnis enttäuschte. Zwar gibt es einen Fünf-Stufen-Plan. Aber
Die Hoffnungen auf den Spitzengipfel zwischen Landesregierung und Hotel-/Gaststättenbranche waren groß: Ein klarer Fahrplan für die Branche heraus aus den Corona-Maßnahmen. Das Ergebnis enttäuschte. Zwar gibt es einen Fünf-Stufen-Plan. Aber nur der erste Schritt ist terminiert. Und da passiert gerade für die leidende Branche noch wenig. Erst am 4. Mai soll es eventuell eine Entscheidung zur Öffnung der Gastronomien geben. Sprachen die Verbände auch von einem guten Ergebnis, ist der Frust an der Basis enorm. Dies zeigt sich gestern auch am Pfaffenteich in Schwerin.
Hotels und Gastronomien in Schwerin sind in Not
Denn dort machten die direkt betroffenen Unternehmen der Landeshauptstadt auf die dramatische Situation aufmerksam. Gastronomen wie auch Hoteliers in seit nun schon gut sechs Wochen mit den Folgen der Zwangsschließungen ihrer Betriebe konfrontiert. Keinerlei Einnahmen, aber dennoch weiter laufende Kosten. In Telefonkonferenzen mit der Stadt wie kommunalpolitischen Vertretern sowie in Brandbriefen wiesen sie bereits mehrfach auf ihre Lage hin. Immer wieder die Forderung nach Unterstützung durch die Stadt. An die Adresse des Landes ging immer wieder der Wunsch nach klaren Aussagen zum Ausstieg aus dem Stillstand – mit Terminen. Denn auch in Schwerin bleiben Hotelbetten und Restaurantstühle leer.
Leere Stühle und Betten am Pfaffenteich
Dies demonstrierten etwa 50 Vertreter der Branche aus Schwerin gestern Vormittag in einer unübersehbaren Aktion am Südufer des Pfaffenteichs. In Anlehnung an andere Städte stellten die Unternehmer leere Stühle auf. Dahinter große Transparente, auf denen sie ihrem Unmut Luft machten. Stundungen allein helfen nicht, gab es zu lesen. Auch die Frage, wo mit Blick auf „Milliarden für Banken und Autoindustrie“ die Gastro- und Hotelbranche bleibe. Auf einem zentralen Protestbanner die klare Aussage: „Schweriner Gastronomen brauchen Hilf. Aber Jetzt.“
„Deutliche Botschaft nach Berlin“
Ausgangspunkt dieser Aktion in Schwerin war der Wirt eines bekannten Pubs in der Lübecker Straße. Ja, Heiko Steinmüller, vielen besser bekannt unter dem Namen „Steini“, hatte auf Facebook eine Protestaktion mit leeren Stühlen ins Gespräch gebracht. Und wer ihn kennt, wusste, dass er auch gleich aktiv würde. So war es auch. Engagiert besorgte er für die Genehmigung – und natürlich stand die Branche sofort zur Verfügung. „Wir alle wissen nicht ob und wie es für uns weiter geht. Also lasst uns gemeinsam eine deutliche Botschaft nach Berlin schicken“, so Heiko „Steini“ Steinmüller in seinem Aufruf. „Unsere gemeinsame starke Botschaft an die Politik ist klar: Nach Banken (Rettungsschirm) und Automobilindustrie (Abwrackprämie) ist jetzt die Gastronomie dran, gerettet zu werden! Zumal unsere schöne Branche ohne Verspekulieren oder Dieselmanipulationen etc. unverschuldet in diese dramatische und existenziell bedrohliche Situation gekommen ist!“
Und konkret auf Schwerin bezogen stellte Steini klar: „Wir sind zwar klein, aber wir sind viele und auch wir sind wichtig für Schwerin, Mecklenburg- Vorpommern und für Deutschland … und kampflos räumen wir sicher nicht das Feld!“
Ohne die Branche geht Lebensqualität verloren
Die vielen leeren Stühle erreichten gestern zweifelsfrei ein Ziel: Sie dürften keinen Passanten unberüht gelassen haben. Und der Frust der anwesenden Gastronomen war mehr als nur spürbar. Egal wohin man hörte: Eine Mischung aus Sorge aber vor allem auch Kampfbereitschaft. Bereitschaft für die eigenen Unternehmen zu kämpfen, ohne die uns allen ein riesengroßes Stück Lebensqualität verloren ginge. Mathias Theiner, selbst Hotelier und Gastronom sowie DEHOGA-Chef in Schwerin, sprach sicher vielen aus der Seele. Er kritisierte die fehlende Perspektive des Landesplans deutlich. Speziell fehlen ihm die Planungshorizonte.
Klare Planungshorizonte mit Terminen fehlen
„Die können doch nicht wirklich glauben, dass wir einfach wieder aufmachen, und los geht’s. Dann wäre alles gut. Ohne etwas Vorlauf kann das gar nicht klappen.“ Gastronomien müssten ihre Einkäufe planen, das Personal entsprechend vorbereiten. Und Hotels brauchen Vorlauf, um über alle möglichen Kanäle erst einmal Gäste zu erreichen. Von einem auf den anderen Tag zu öffnen würde bedeuten, dass das Personal komplett antreten muss, aber logischerweise noch kein Gast da wäre. Sofort wäre der gesamte Kostenapparat im Gang. Ohne Einnahmen. Spürbar war bei Mathias Theiner auch das Unverständnis darüber, dass sich die Politik bei solchen Protestaktionen nicht sehen ließe. „Da fühlt man sich doch überhaupt nicht Ernst genommen.“
Sorge, dass Termin der Mehrwertsteuersenkung Zeichen für späte Öffnungen ist
Mit Blick auf die Beschlüsse des Bundes, die Mehrwertsteuer ab 1. Juli für die Branche auf 7 Prozent zu senken – zumindest für ein Jahr – zeigte sich Theiner zwar zufrieden. Aber er stellte auch eine Frage in den Raum, die sicher manch Gastronom durch den Kopf geht derzeit: „Können wir daraus nicht eigentlich schlussfolgern, dass niemand in der Politik damit rechnet, dass wir vor dem 1. Juli wieder starten?“ Das klingt durchaus nicht unlogisch. Für etliche Gastronomen und Hoteliers würde das aber ganz sicher das Aus bedeuten. Denn noch 2,5 Monate Schließung halten viele nicht durch.