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Schwerin: Keine Dringlichkeit für mehr Corona-Kontrollen?

Sehr frühzeitig spielte die Corona-Thematik am vergangenen Montag im Rahmen der Stadtvertretersitzung Schwerin eine entscheidende Rolle. Hintergrund war ein von der SPD-Fraktion eingereichter Dringlichkeitsantrag. Mit diesem wollten die Fraktionsmitglieder eine

  • Veröffentlicht Dezember 9, 2021
Um die Kontrolle der Einhaltung geltender Corona-Maßnahmen sollte es laut einem Antrag in der Stadtvertretung Schwerin gehen. | Foto: Alexandra Koch

Sehr frühzeitig spielte die Corona-Thematik am vergangenen Montag im Rahmen der Stadtvertretersitzung Schwerin eine entscheidende Rolle. Hintergrund war ein von der SPD-Fraktion eingereichter Dringlichkeitsantrag. Mit diesem wollten die Fraktionsmitglieder eine Debatte um die verstärkte Kontrolle der geltenden Corona-Maßnahmen in Schwerin herbeiführen. Um aber in die inhaltliche Debatte einsteigen zu können, wäre vorab eine Mehrheit der anwesenden Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter erforderlich gewesen, um die Dringlichkeit zu bestätigen und somit den Antrag auf die Tagesordnung zu bringen.

 

Beobachtungen, dass Einhaltung der Maßnahmen nicht (ausreichend) erfolgt

Auslöser für den Antrag waren, so die Fraktionsvorsitzende Mandy Pfeifer, Darstellungen von Bürgerinnen und Bürgern, dass es aufgrund offenbar fehlender Kontrollen diejenigen, die sich an die Maßnahmen halten, eher schwerer hätten, als diejenigen, die sie nicht beachten. So gäbe es Berichte, dass in Bus und Bahn zwar Tickets aber eben nicht Impf- oder Testausweise oder die Maskenpflicht ausreichend kontrolliert würden. Auch in den von den Maßnahmen betroffenen Unternehmen – speziell auch in Gastronomie und Einzelhandel – sei von Kontrollen äußerst wenig zu sehen. Diejenigen Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich an die Regelungen halten, seien letztlich die Gekniffenen, wenn andere sie missachten. Wer korrekt handele, müsse Einnahmeeinbußen hinnehmen, während die anderen zumindest geringere Verluste zu verzeichnen hätten.

„Die Bewältigung der Pandemie ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Wir müssen jetzt alle zusammenstehen. Die aktuell verhängten Maßnahmen müssen Wirksamkeit entfalten, damit wir nicht noch härte Maßnahmen hinnehmen müssen. Es geht um die Überlastung des Gesundheitssystems und um den Zusammenhalt in der Gesellschaft. Von dieser gesamtgesellschaftlichen Aufgabe kann sich auch die Stadt Schwerin nicht ausnehmen. Statt um 8:00 Uhr startklar an den zeitbegrenzten Parkzonen zu stehen und Knöllchen zu verteilen, kann der KOD hier seinen Beitrag leisten. Darüber wollte die SPD-Fraktion in der […] Stadtvertretung diskutieren“, so Mandy Pfeifer.

 

Verwaltung bescheinigt sich ausreichendes Handeln – Das reicht vielen

„Wollte“, denn es kam anders. Die Mehrheit zur Feststellung der Dringlichkeit kam nämlich nicht zustande, und somit entfiel die inhaltliche Diskussion. Lediglich die Fraktionen von SPD und DIE GRÜNEN stimmten dafür. Im Rahmen der Sitzung sprach Manfred Strauß, Stadtvertreter für die Unabhängigen Bürger (UB), für diejenigen, die eben diese Dringlichkeit nicht sahen. Allerdings, so stellte es sich zumindest für die antragstellende SPD-Fraktion dar – sprach er nicht zur Dringlichkeit, sondern verneinte offenbar die Notwendigkeit des Antrags. Die Verwaltung würde dies schon erledigen. Eine Reaktion, die auch unsere Redaktion auf Nachfrage bei den Fraktionen durchaus zu hören bekam.

So erklärte auch CDU/FDP-Fraktionsvorsitzender Gert Rudolf, dies sei Aufgabe der Verwaltung, und diese würde sie, das habe sie in ihrer eigenen Stellungnahme auch dargestellt, entsprechend der Möglichkeiten und Notwendigkeiten erledigen. Auch aus der Fraktion DIE LINKE hieß es: „Die Verwaltung selbst hat erklärt, dass sie alles umsetzt“, daher habe man der Dringlichkeit nicht zugestimmt. Letztlich ein bemerkenswerter Vorgang, denn genaugenommen ließe sich mit diesem „Argument“ zumindest jeder Antrag in der Stadtvertretung abbügeln, der der Verwaltung kein oder ein zu geringes Handlungsvolumen in egal welchem Thema vorwirft. Daran sollten all diejenigen in Zukunft denken, die dieses Mal entsprechend argumentierten.

Blickt man allein auf die Frage der „Dringlichkeit“ – und nicht tiefer auf den Inhalt – so wäre zumindest für einen Außenstehenden diese durchaus alles andere als klar zu verneinen. Die täglichen Infektionszahlen liegen auf höchstem Niveau, und es sind eben die 3G, 2G- und 2G plus-Regeln, deren Kontrolle angemahnt wurde, mit denen die Zahlen gedrückt werden sollen. Kurzum, das Thema ist aktuell und dringlicher denn je, denn die Zahlen sinken bislang nicht ausreichend.

 

Auch inhaltlich hätte es wohl Ablehnung gegeben

Wir fragten auch nach, wie die Fraktionen zum Inhalt des Antrags gestanden haben. Denn zu dieser Debatte kam es letztlich nicht mehr. Hier erklärte Gert Rudolf (CDU/FDP), er sähe keinen zusätzlichen Handlungsbedarf. Schließlich könne man nicht immer nach der Staatsmacht rufen. Wenn es aber um die Kontrolle entsprechend staatlich verordneter Vorgaben geht, dann sind nun einmal Polizei und Ordnungsdienste zuständig, ob man das nun möchte, oder nicht. Zudem hätte der Ordnungsdienst, so Rudolf, auch andere Aufgaben, als in jeden Laden und jede Gastronomie zu gehen, und alles zu kontrollieren. Hier seien die Unternehmer und Betreiber in der Pflicht, sich an die Regeln zu halten. Keine Frage, aber im Antrag ging es ja darum, dass dies eben nicht vollumfänglich geschieht.

Und der Argumentation folgend, müsste man auch Falschparken nicht mehr kontrollieren. Denn auch die Autofahrerinnen und -fahrer sind in der Pflicht, sich an geltendes Recht zu halten. Aber Spaß beiseite. Beispielsweise Hamburg hat wiederholt gezeigt, dass punktuelle, dafür dann intensive Kontrollen durchaus eine deutliche Wirkung auf alle Beteiligten haben.

 

Argumente reichen von nicht zuständig bis nicht erforderlich

Aus der UB-Fraktion hieß es, den Oberbürgermeister zu beauftragen, die Einhaltung des geltenden Rechts zu kontrollieren, sei „weder dringlich noch erforderlich“. Letzteres zumindest schilderte der Antragstext der SPD-Fraktion durchaus anders. Und auch wer in den letzten Tagen, Wochen und auch Monaten offenen Auges durch die Stadt ging, oder mit Gastronomen oder Einzelhändlern gesprochen hat, dürfte eine andere Position haben. Denn weder waren Kontrollen zu sehen, noch verspürten die Branchen sie. Was aber durchaus tatsächlich zu hören war und ist: „Wir sind doch die Gelackmeierten, wenn wir uns an alles halten, während andere hier offenbar tun und lassen können, was sie wollen“. Definitiv keine Einzelmeinung. Aus der Fraktion DIE LINKE erhielten wir gar keine Stellungnahme zum Inhalt – beziehungsweise eben nur die Bezugnahme auf die Darstellungen der Verwaltung.

Petra Federau hingegen ging für die AfD-Fraktion auch inhaltlich auf den Antrag ein. Sie sah und sieht für ihre Fraktion die Zuständigkeit eher beim Land. „Hinsichtlich des Polizeieinsatzes fehlt […] die kommunale Zuständigkeit. Wenn die Landesregierung in der Corona-Landesverordnung Regelungen trifft, deren Umsetzung auf kommunaler Ebene erfolgen muss, dann steht sie auch in der Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass die Ordnungsdienste personell dazu in der Lage sind, ohne die sonstigen Aufgaben zu vernachlässigen. Eine Abwälzung der Kosten für zusätzliche Personalstellen auf die klamme Schweriner Stadtkasse konnte nur vehement abgelehnt werden“.​

 

SPD-Fraktion enttäuscht

Bleibt also nur die Feststellung, dass mehreren Fraktionen die Aussage der Verwaltung ausreichte, sie tue ja alles, um das Thema gar nicht erst auf die Tagesordnung zu bringen. Für die SPD-Fraktion wenig zufriedenstellend: „Eine Lösung für die unzufriedenen Bürgerinnen und Bürger schaffen wir indes nicht. Ich halte das für falsch – es geht darum, dass wir diejenigen, die ihren Beitrag zur Pandemiebewältigung geleistet haben und immer noch leisten, als Staat dabei unterstützen. Es nicht zu tun fördert die Politikverdrossenheit und verkennt die Rolle der Stadtvertretung. Es geht in der Stadtvertretung nicht darum, das große politische Rad zu drehen und sich dabei möglichst gegenseitig Steine in den Weg zu legen, sondern darum, das Leben für die Menschen in der Stadt unter den bestehenden Bedingungen so gut und gerecht wie möglich zu gestalten.

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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