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Schwerin: Kommende Stadtvertretersitzung sorgt weiter für Diskussionen

Am 10. Februar 2021, also am kommenden Mittwoch, muss die Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin zu einer Präsenzsitzung zusammenkommen. An sich war geplant, im Umlaufverfahren einen Beschluss zu fassen, um das

  • Veröffentlicht Februar 6, 2021
Die „Zählgemeinsschaft Molter, Gajek, Steinmüller“ in der Stadtvertretung Schwerin. | Foto: ZGMGS

Am 10. Februar 2021, also am kommenden Mittwoch, muss die Stadtvertretung der Landeshauptstadt Schwerin zu einer Präsenzsitzung zusammenkommen. An sich war geplant, im Umlaufverfahren einen Beschluss zu fassen, um das Gesetzes zur Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit der Kommunen in der Corona-Pandemie auch vor Ort anzuwenden. Demnach sollen Sitzungen der Stadtvertretung und des Hauptausschusses bis zu 7-Tage-Inzidenzen von mindestens 150 in Präsenz stattfinden. Ausschüsse und Ortsbeiräte sollen hingegen nur in Videokonferenzen oder hybriden Sitzungen tagen dürfen. Hinter allem steht der Schutz der Gesundheit der jeweiligen Teilnehmerinnen und Teilnehmer.

 

Am Mittwoch steht in Schwerin ein Antrag mit Widersprüchen zur Abstimmung

Schon der Umstand, dass man sich bei einem aktuellen Inzidenzwert von knapp 100 nicht in einer Präsenzsitzung treffen möchte, obwohl man laut Beschluss selbst mit Werten von 150 und darüber scheinbar keine Probleme zu haben scheint, ist durchaus widersprüchlich. Das sah u.a. auch Stadtvertreter Karsten Jagau so, und widersprach diesem Verfahren. Ebenso wie die Zählgemeinschaft der Stadtvertreter Martin Molter, Heiko Steinmüller und Lothar Gajek. Da das Umlaufverfahren nur bei Einstimmigkeit möglich wäre, kommt man nun am 10. Februar zusammen. 

Aber nicht nur die Inzidenz-Zahlen-Situation stellt einen Widerspruch in sich dar. Auch die unterschiedliche Behandlung verschiedener Gremien dürfte sich manchem nicht erschließen. Denn nimmt man den Beschluss genau, sind die einen Personen weniger schützenswert als die anderen. Noch widersprüchlicher wird es dort, wo Stadtvertreterinnen und Stadtvertreter beispielsweise auch Ausschussmitglieder sind. Dann ist ihre Gesundheit einmal so schützenswert, dass sie gar nicht zu Präsenzsitzungen mit in der Regel eher wenig Anwesenden zusammenkommen sollen. Im anderen Fall hingegen – konkret auf die Stadtvertretung bezogen – sollen sie sich in einer doch recht großen Gruppe treffen müssen. „Müssen“ deshalb, da ihnen nach dem vorliegenden Beschlusstext lediglich die Alternative bliebe, der Veranstaltung ganz fern zu bleiben. 

 

Zählgemeinschaft sieht reale Gefahr, dass nicht jedes Mitglied seine Rechte wahrnehmen kann

Und eben diese Situation stößt der Zählgemeinschaft „Molter, Steinmüller, Gajek“ sauer auf. Dabei geht es ihnen ganz und gar nicht um die vorgesehenen Vorsichtsmaßnahmen an sich. „Jeder von uns weiß, in welch einer Pandemiephase wir gerade leben und arbeiten. Die größtmögliche Entlastung ist wichtig für das schnellstmögliche Ende der pandemischen Lage. Hierzu gehört erwiesenermaßen die Einschränkung von sozialen Kontakten auf möglichst vielen Ebenen“, so Gajek. Und er legt den Finger in eine durchaus brennende Wunde. Nämlich in die einer gewissen Vorbildfunktion, die gerade auch Kommunalpolitiker haben – die so manchem aber in den Reihen der Stadtvertretung nicht präsent zu sein scheint. Wir halten reine Präsenzveranstaltungen zum gegenwärtigen Zeitpunkt […] für gesellschaftlich äußerst unsolidarisch […] und den Bürgern nicht vermittelbar. Gerade als Stadtvertreter wünschen wir uns in dieser Situation eine höhere Sensibilität und eine noch größere Solidarität mit den vielen durch Einschränkungen Betroffenen“.

 

Fraktionslose Mitglieder in Antragsentwicklung nicht eingebunden – So blieb nur ENIN zum Umlaufbeschluss

Natürlich sehen die drei Stadtvertreter die Notwendigkeit, dass zumindest die schwer und gar nicht aufschiebbaren Themen weiter behandelt werden müssen. Die Kommunalpolitik darf nicht stillstehen. „Jedoch sollte jedem gewählten Volksvertreter die Möglichkeit gegeben werden sein Mandat auch in diesen Zeiten wahrzunehmen“, so Lothar Gajek. Und genau in diesem Punkt sehen sie dringende Änderungsbedarfe hinsichtlich des zur Abstimmung stehenden Antrags. Da im Umlaufbeschluss aber eben solche Änderungen nicht mehr möglich sind – weder einbringbar noch diskutierbar, stimmten auch sie gegen das Verfahren und sind somit gemeinsam mit Karsten Jagau dafür verantwortlich, dass die Stadtvertretung nun am Mittwoch zusammentritt. 

Und zur Wahrheit gehört eben auch, dass die fraktionslosen Stadtvertreter, und dies sind Gajek, Molter, Steinmüller und Jagau, an zahlreichen Prozessen letztlich eben bewusst nicht beteiligt sind. Hätte man – zumindest während der Krisenzeit – einen oder zwei von ihnen mit and en Tisch des Hauptausschusses und des Ältestenrates gelassen, und würde man sie auch bei der Entstehung mehrfraktioneller Anträge besser oder überhaupt einbinden, wäre eventuell ein anderer Antrag entstanden. Dann wäre durchaus nicht ausgeschlossen, dass das Umlaufverfahren hätte stattfinden können. Und man nicht in der Ferienzeit – so die einzige Kritik von CDU/FDP-Fraktionschef Gert Rudolf an der nun erforderlichen Präsenzsitzung – zusammenkommen müsste. Rechtlich mag so ein gemeinsames Agieren auch über die Fraktionen hinweg nicht vorgesehen sein. Aber sich allein dahinter zu verstecken, wäre schon wenig konstruktiv.

 

Lösungen für diejenigen, die nicht präsent sein können gefordert

Den hauptsächlichen Kritikpunkt sehen Molter, Steinmüller und Gajek nun darin, dass für Mitglieder der Stadtvertretung, die Risikogruppen angehören bzw. mit diesen direkt Kontakt haben oder sie sich in Quarantäne sind, keine Lösung im mehrfraktionellen Antrag gefunden ist. „Sie werden […] einfach von ihrem Recht zur Ausübung ihres politischen Mandats ausgeschlossen. Das Landesgesetz sieht genau für diese Personengruppen die Möglichkeit mittels Hybridsitzungen vor und dieses wollen wir mit unserem Änderungsantrag für die Stadtvertretung und den Hauptausschuss in Schwerin ermöglichen“, erläutert Gajek.

 

Technische Voraussetzung auch für berufene Bürger schaffen

Dabei allein belassen sie es aber noch nicht. Denn ihr Änderungsantrag sieht ebenso vor, dass auch die technischen Voraussetzungen für alle geschaffen werden müssen. Damit alle Mitglieder an den jeweiligen Video- oder Hybridsitzungen teilnehmen können. Denn während die Mitgliede der Stadtvertretung gewisse Technik gestellt bekommen, „sitzen in den Fachausschüssen und Ortsbeiräten […] viele berufene Bürgerinnen und Bürger, die eben keine entsprechenden technischen Möglichkeiten von der Stadt zur Verfügung gestellt bekommen.“

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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