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Schwerin: Kritik an Personalpolitik der Kita gGmbH

Keine Frage, derzeit merken wir alle wohl mehr denn je, welch unglaubliche Leistung die Erziehungen und Erzieher in den Kitas unseres Landes Tag für Tag für die gesamte Gesellschaft erbringen.

  • Veröffentlicht März 21, 2020
In Schwerin und ganz MV sind diese Bilder derzeit Geschichte. Die Kitas sind geschlossen. | Foto: Symbolbild

Keine Frage, derzeit merken wir alle wohl mehr denn je, welch unglaubliche Leistung die Erziehungen und Erzieher in den Kitas unseres Landes Tag für Tag für die gesamte Gesellschaft erbringen. Es wirkt oft so selbstverständlich, dass Eltern in diesen Orten ihre Kinder sicher aufgehoben den Tag verbringen lassen können. Nun aber ist diese „Routine“ zerschlagen. Die Kitas sind geschlossen, denn das Corona-Virus ließ der Landesregierung mit Sitz in Schwerin keine Alternative. Wer aber meint, nun könnten auch die Erzieherinnen und Erzieher zumindest etwas durchatmen, sieht sich scheinbar getäuscht. Einige organisieren die Notversorgung. Aber vor allem scheinen Arbeitgeber die Zeit zu ihren Gunsten nutzen zu wollen. Die Zuschüsse vom Land fließen in vollem Umfang weiter. Das Personal soll aber kostensparende Maßnahmen ertragen.


Anonymes Schreiben macht offenbar fragwürdige Entscheidungen der Leitung der Kita gGmbH öffentlich

So zumindest beschreibt ein in Schwerin kursierendes anonymes Schreiben die Situation in der städtischen Kita gGmbH. Von Misstrauen gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die im Home Office arbeiten möchten, ist die Rede. „Zu Hause wird doch nichts gemacht. Wir haben keine Möglichkeiten, den Ablauf in der Kita selbst zu bestimmen. Es gilt, Home Office ist ein ‚fauler‘ Tag“, soll die Unternehmensleitung argumentieren. „Die Geschäftsführerin Frau Preuß, die pädagogische Leiterin Frau Bruhn-Kokles und in Personalunion die Betriebsratsvorsitzende Frau Wenk der städtischen Kita gGmbH Schwerin haben die außergewöhnlichen Maßnahmen zur Einschränkung der Verbreitung des Coronavirus in den Kindertagesstätten der Stadt Schwerin vollständig nicht verstanden. Wir Erzieherinnen und Erzieher der Kita gGmbH müssen täglich in der Einrichtung zum Dienst antreten. Unabhängig davon, ob Kinder in der besonderen Betreuung sind.“

 

In einen anonymen Schreiben wird die Leitung der Kita gGmbH Schwerin angegriffen. | Foto: Symbolbild

Personal werde zu für die Mitarbeiter nachteiligen Entscheidungen gedrängt

In dem anonymen Schreiben ist zudem die Rede davon, dass das Personal sogar gedrängt wird, nun Überstunden ab- und Minusstunden aufzubauen, Urlaub oder unbezahlte Wochentage zu nehmen. Alles Forderungen der Unternehmensführung, die allein der wirtschaftlichen Situation der Kita gGmbH zugute kommen. Denn, wie gesagt, die Zuschüsse vom Land kommen in voller Höhe weiterhin, und Elternbeiträge gibt es nicht mehr. Damit will man scheinbar auf dem Rücken der Erzieherinnen und Erzieher das Unternehmen finanziell stärken.


„Wir fühlen uns hilflos, widerlich hintergangen und betrogen.“

„Wir fühlen uns hilflos, widerlich hintergangen und betrogen. Sind mehr Kinder in der Einrichtung als der Betreuungsschlüssel hergibt, dann schaffen wir das schon. Jetzt wird uns kein Moment der Ruhe gegönnt, nein, ein Generalverdacht des Arbeitszeitbetruges übermittelt von Frau Preuß. Kolleginnen mit Kindern, die sie nicht mehr in die Einrichtung bringen können, sollen den Jahresurlaub nehmen. Es ist so schäbig, so verlogen und einfach unfassbar, wie die Geschäftsführung der Kita gGmbH mit uns umgeht“, fassen die anonymen Verfasser des Schreibens ihre emotionale Situation zusammen.

Stefanie Drese, Sozialministerin MV | Foto: Ecki Raff, Schwerin

Ministerium kennt das Schreiben und geht den Vorwürfen bereits nach

Auf Anfrage bestätigte das Sozialministerium MV unserer Redaktion, dass man seit Donnerstag Kenntnis von diesem Schreiben habe. Man gehe den Vorwürfen derzeit nach. Zudem hat das Ministerium bereits Kontakt zum zuständigen örtlichen Träger der öffentlichen Jugendhilfe der Landeshauptstadt Schwerin aufgenommen. Wohl aus diesem gegebenen Anlass hat das Ministerium gestern noch einmal ein eindeutiges Rundschreiben an alle Träger versandt. Darin habe man „klargestellt, dass in der Kindertageseinrichtung für die Notfallbetreuung nicht erforderliches Personal sich dort auch nicht aufhalten, sondern in der eigenen Häuslichkeit bleiben soll“, so ein Ministeriumssprecher. 

Nochmals Rundschreiben mit klaren Richtlinien

Im Rahmen der Personalpolitik sind, auch dies steht im Rundschreiben, folgende Grundsätze beachten: 

  • Muss eine Notfallbetreuung sichergestellt werden, so ist vorrangig pädagogisches Personal einzusetzen, das nicht zur Gefährdungsgruppe (Vorerkrankungen, fortgeschrittenes Lebensalter, Schwerbehinderung oder Schwangerschaft) gehört.
  • Fachkräfte, die selbst die Betreuung eigener Kinder sicherstellen müssen, sollten nachrangig in der Einrichtung zum Einsatz kommen.
  • Es ist vorausschauend, mindestens einen Teil des Personal über einen längeren, zusammenhängenden Zeitraum im Homeoffice zu beschäftigen.  Diese Personen sollen mit denen, die im Einsatz sind, auch nicht in Kontakt kommen. Im Fall einer Übertragung des Virus oder einer vorsorglich erforderlichen Quarantäne können so weitere Personen tätig werden.

Sozialministerin: „Völlig inakzeptabel und verantwortungslos“ 

Auch Ministerin Martina Drese hat in dieser Frage öffentlich Position bezogen. „Trotz der Kita-Schließungen erhalten alle Kindertageseinrichtungen weiterhin die Entgelte zur Finanzierung der Kindertagesförderung in voller Höhe. […] Darüber sind alle Kita-Träger im Land informiert. Wer dennoch, Kosteneinsparungen zu Lasten von Beschäftigten in den Kindertageseinrichtungen vornimmt, handelt völlig inakzeptabel und verantwortungslos gegenüber den Erzieherinnen und Erziehern. Das Sozialministerium ist sich mit den Jugendamtsleitungen der Landkreise und kreisfreien Städte völlig einig, ein derartiges Agieren nicht zu dulden: Diese Träger erhalten vom Land und den Kommunen kein Geld mehr im Rahmen des KiföG MV.“

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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