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Schwerin: Mehr als bloße Nachhilfe im Lernzentrum

Coronabedingt fand auch in Schwerin ab Mitte März bis zu den Sommerferien kein regulärer Unterricht mehr statt. Auf unterschiedliche Weise versuchten Lehrerinnen und Lehrer den erforderlichen Lernstoff dennoch irgendwie an

  • Veröffentlicht August 12, 2020
Ob Grundschüler oder Abiturienten – im Lernzentrum Schwerin findet jeder die erforderliche Unterstützung. | Foto: Symbolbild

Coronabedingt fand auch in Schwerin ab Mitte März bis zu den Sommerferien kein regulärer Unterricht mehr statt. Auf unterschiedliche Weise versuchten Lehrerinnen und Lehrer den erforderlichen Lernstoff dennoch irgendwie an die Schüler zu bringen. Inzwischen wird immer deutlicher, wie groß die Lernlücken bedingt durch diese Zeit bei nicht wenigen sind. Die Gründe sind vielfältig – und nicht selten haben sie auch soziale Hintergründe. Wohl denen, die in dieser Zeit auch auf externe Unterstützung und auch soziales Verständnis bauen können. Unterstützung und Verständnis, wie man sie bei Ralf Kuchmetzki und seinem Team im Lernzentrum Schwerin findet.

 

Alles da im Lernzentrum Schwerin, um schnell Anschluss zu finden. | Foto: schwerin-lokal

Erfolgreiche Nachhilfe aus Schwerin für Schwerin

 

Vielen Menschen in Schwerin sind die Schülerhilfe oder der Studienkreis sicherlich bekannt. Vor allem auch durch unterschiedlichste Werbungen – meist in Printmedien oder auch im Postkasten. Vom Lernzentrum aber, das seit Neuestem seinen Sitz im ruhig gelegenen Hofgebäude der August-Bebel-Straße 3 hat, wissen weniger viele. Das zumindest war unser Eindruck, weshalb wir die Einladung von Ralf Kuchmetzki in seine neuen Lern- und Geschäftsräume gern annahmen. Schnell wird der Grund für die weniger große Breitenbekanntheit klar. Das Lernzentrum Schwerin ist die wohl einzige Nachhilfeschule der Stadt, die nicht in der herkömmlichen Weise wirbt. Und dennoch ist die seit vielen Jahren erfolgreich arbeitende Einrichtung mit aktuell 62 Schülern bestens besucht.

 

Unterstützung für Schülerinnen und Schüler aller Schultypen 

 

„Unsere Schülerinnen und Schüler kommen aus allen Klassenstufen, mehr oder weniger jedem Schultyp und dabei sowohl aus privaten als auch staatlichen Schulen. Dabei sind Kinder und Jugendliche, deren Eltern die Kosten unserer Unterstützung problemlos leisten können, aber auch solche, deren Kosten durch verschiedene staatliche Programme übernommen werden“, weiß Ralf Kuchmetzki, der übrigens das Lernzentrum Schwerin nicht nur leitet, sondern dort auch selbst mit den Schülern arbeitet. „Ich bin zwar kein studierter Lehrer, aber vieles habe ich im Rahmen meines Studiums mit erlernt. Und ich glaube, am Ende zählt gerade auch im Bereich der Nachhilfe, dass man mit viel Einfühlungsvermögen, Verständnis aber auch klarer Orientierung engagiert dabei ist.“

 

Seit kurzem in der August-Bebel-Straße 3: Das Lernzentrum Schwerin mit Gründer Ralf Kuchmetzki und seinem Team. | Foto: schwerin-lokal

Der Zufall war mit im Spiel

 

Das kann sicherlich jeder, der sich an die eigene Schulzeit zurück erinnert oder auch selbst gerade schulpflichtige Kinder hat, zweifelsfrei so unterschreiben. Wenn Ralf Kuchmetzki aber kein studierter Pädagoge ist, was führte dann dazu, ein eigenes Nachhilfezentrum zu gründen? Die Antwort ist ebenso kurz wie auch überraschend: „Das war reiner Zufall“. Vor gut zehn Jahren stand für den engagierten Wahl-Schweriner eine berufliche Neuorientierung im Raum. Durch Zufall las er, dass die Schülerhilfe, ein Franchise-Unternehmen, in Schwerin einen Nachfolger sucht. Ganz unbekannt war dem heute erfolgreichen Unternehmer der Bereich letztlich nicht, denn Kuchmetzki, war damals bereits als Dozent beider IHK zu Schwerin tätig. „Da mich auch in meinem privaten wie beruflichen Umfeld verschiedene Leute ermunterten, ergriff ich die Chance“, erinnert er sich heute. Also startete er als Franchise-Partner mit der Schülerhilfe in der Landeshauptstadt.

 

Auf zwei Geschossen findet man nun das Lernzentrum Schwerin im ruhigen Hofgebäude. | Foto: schwerin-lokal

Nur das eigene Unternehmen bot den Freiraum

 

Schnell zeigte sich, dass das Metier genau das Richtige für ihn war. Engagiert kümmerte sich Ralf Kuchmetzki um die Entwicklung des Standortes. Dabei standen natürlich die Schülerinnen und Schüler von Anfang an im Fokus seiner Arbeit. Er hatte viele Ideen, wie er sein Unternehmen nun nach vorn bringen wollte. Allerdings stellte sich zunehmend heraus, dass vieles im Korsett eines Franchise-Unternehmens nur sehr schwer und oft auch gar nicht funktioniert. Mit den gesammelten Erfahrungen und vielen Ideen im Kopf kam dann der Entschluss, den folgerichtigen Schritt zu gehen. 2012 gründete Ralf Kuchmetzki das Lernzentrum Schwerin. Hier war und ist er nun der eigene Chef – mit allen Risiken und Vorteilen. Denn von diesem Zeitpunkt an konnte er seine Vision einer nicht auf den reinen Lernstoff sondern auch ein größeres Ganzes ausgerichteten Arbeit verwirklichen.

 

Unterstützen bedeutet mehr als Lernstoff vermitteln

 

Schnell wird deutlich: Kuchmetzki sieht seinen Auftrag nicht in der reinen Wissensvermittlung. Gemeinsam mit seinem Team, das aktuell aus zwei festangestellten und 13 freien Mitarbeitern besteht, sieht er eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung, die ihn leitet. Denn es hat sich, da ist sich Kuchmetzki sicher, in der Vergangenheit viel auch zum Negativen verändert. „Es sind nicht selten ganz elementare soziale Handlungskompetenzen, die wir unseren Schülern auch vermitteln wollen – und müssen. Das fängt bei Höflichkeit und Rücksichtnahme an und reicht bis zu Respekt, Toleranz und Offenheit sowie Verständnis für den anderen. Dazu gehört auch die jeweils gelebte Religion. Die eigene, wie die des anderen. Das sind alles Punkte, die Lehrer heute an den Schulen aus den unterschiedlichsten Gründen nur sehr bedingt vermitteln können.“

 

Das Lernzentrum Schwerin bietet tolle Bedingungen für Einzelunterstützung aber auch das Lernen in kleinen Gruppen. | Foto: schwerin-lokal

Bildung im weiteren Sinn 

 

Die lernfördernde Arbeit ermöglicht Kuchmetzki und seinem Team in den meisten Fällen auch einen Einblick in die jeweiligen Familien. Und, so schwer ihm das Wort auch über die Lippen geht: „Das sind oft auch bildungsferne Familien dabei, in denen es kein Buch, kein Lexikon und keinen Atlas gibt. Aber die Fernsehzeitung kennen sie. Und die Kinder haben natürlich ein Smartphone mit Internetzugang. Den kritischen Umgang mit den Informationen aber erlernen sie nicht.“ Er wünscht sich daher insgesamt einen anderen Umgang der Jugendlichen mit dem, was ihnen das Internet serviert. Dass sie das, was sie lesen, nicht ungefiltert übernehmen, sondern es lernen, zu hinterfragen, abzuwägen und eigene Schlüsse zu ziehen.

„Viel zu oft hören wir hier bei uns den Satz: Das habe ich aus dem Internet – da steht das.“ Gemeinsam mit seinem nicht minder engagierten Team möchte Ralf Kuchmetzki die Kinder und Jugendlichen für Bildung begeistern. Aber nicht allein für Schul- oder später Hochschulbildung, sondern vielmehr für eigenverantwortliche Selbstbildung.

 

Freude und Engagement sind Inhaber Ralf Kuchmetzki jederzeit anzusehen. | Foto: schwerin-lokal

„Wir kümmern uns. Wir nehmen uns die Zeit.“

 

Eben diese verantwortungsgeleiteten Ansätze sind es, die seit nunmehr gut zehn Jahren Eltern dazu bewegen, ihre Kinder in die Hände von Ralf Kuchmetzki zu geben. Aber eben auch viele Schulsozialarbeiter, die selbst aktiv werden, wenn Sie Lerndefizite bei Kindern erkennen. Mit ihnen steht der Unternehmer in einem stetigen Austausch. Er geht selbst an die Schulen, spricht mit Pädagogen und Sozialarbeitern – über die aktuell in seinem Haus unterstützten Kinder, aber auch über die allgemeine Situation. Und genau hier liegt offenbar das Geheimnis des Nicht-Werbens und des dennoch so erfolgreichen Lernzentrums Schwerin. Das Team um Ralf Kuchmetzki hat wiederholt unter Beweis gestellt, dass sie wirklich für jeden das Maximale bringen.

„Wir machen das. Wir kümmern uns. Wir nehmen uns die Zeit.“ Das sind zentrale Leitsätze der Arbeit, auf die Eltern, Lehrer und Schulsozialarbeiter vertrauen. Das Vertrauen darauf in Verbindung mit der Gewissheit, dass die Schüler im Lernzentrum Schwerin maximal in kleinen Gruppen, oft aber auch im Einzelunterricht auch fachlich optimal betreut sind, ist ohne Frage eines der Erfolgsrezepte des so engagierten Unternehmers.

 

Auch intensivere Lernprogramme sind im Lernzentrum möglich

 

Wohl auch deshalb ist nun das Jugendamt Schwerin erneut auf ihn zugekommen mit einer für das Lernzentrum Schwerin neuen Herausforderung. Denn für zwei ausländische Kinder wurde eine Unterrichtslösung außerhalb des klassischen Schulbetriebs gesucht. Beide sind, und das ist das für das Lernzentrum Neue, komplett vom klassischen Unterricht an der Schule freigestellt. „Das Mädchen kommt aus Afghanistan. Sie spricht kein Wort Deutsch bislang und würde jetzt in der 9. Klasse sitzen. Das macht einfach keinen Sinn. Denn am Ende des Schuljahres würde sie vermutlich abgehen, könnte aber nicht einmal ein Schild lesen“, so Ralf Kuchmetzki. Im Lernzentrum Schwerin bekommt sie ab heute Einzelunterricht. Unterstützt durch eine Mitarbeiterin des Unternehmens, die das Dolmetschen übernimmt, geht es dabei erst einmal darum, „ihr Deutschkenntnisse auf Grundschulniveau zu vermitteln“. Ähnlich sieht es bei dem Jungen aus, der ebenfalls freigestellt ist, und im Lernzentrum Schwerin unterrichtet werden soll.

 

Ralf Kuchmetzki lebt gesellschaftliche Verantwortung vor

 

Kuchmetzki spricht aber nicht nur von gesellschaftlicher Verantwortung, er lebt sie auch. Dabei unterstützt der Inhaber des Lernzentrum Schwerin alljährlich verschiedene Projekte, die letztlich für den Außenstehenden nicht zwingend mit seinem Unternehmen zu tun haben. Sei es die Finanzierung eines Lernkoffers für eine Schule, ein Präventionsprojekt an der Werner-von-Siemens-Schule, die Schulsozialarbeit an der Berthold-Brecht-Schule oder auch die Schülerfirma der Beruflichen Schule Schwerin. Das Lernzentrum Schwerin ist immer wieder als Projektpartner dabei. Auch in diesem Schuljahr plant Ralf Kuchmetzki, bis zu sechs Projekte zu unterstützen. Dabei baut er nicht darauf, dass man immer auf ihn zukommt. Er schaut auch selbst, wo er sich einbringen und engagieren kann.

„Natürlich müssen wir Geld verdienen. Aber ich habe auch eine gesellschaftliche Verpflichtung.“ Diese reicht letztendlich auch über die Stadt- und Landesgrenzen hinaus. Beispielsweise finanzierte das Lernzentrum Schwerin zwei Esel in Äthiopien. „Dort sind die Mädchen oft stundenlang unterwegs, um frisches Wasser zu holen. Mit den Tieren geht es nicht nur leichter sondern schneller. So ist es möglich, dass sie auch die Schule besuchen können.“

 

In Kürze öffnet eine Zweigstelle des Lernzentrum Schwerin im „Campus am Turm“.

Zweiter Standort: Heute Mietvertragsunterzeichnung im Mueßer Holz

 

Es ist sicherlich auch dieser inneren Überzeugung geschuldet, dass Ralf Kuchmetzki heute, am 12. August 2020, einen ganz besonderen Schritt geht. Denn heute unterschreibt er einen Mietvertrag im Mueßer Holz. Im Campus am Turm soll eine Zweigstelle des Lernzentrum Schwerin entstehen. „Wir haben doch auch eine soziale Verantwortung.“ Daher geht er den Schritt nun, und er weiß, er kann sich dabei auf sein engagiertes Team und einige externe Unterstützer verlassen. Zunächst soll hier donnerstags von 14 bis 18 Uhr Nachhilfe angeboten werden. Am Hauptsitz unterstützt Kuchmetzki mit seinem Team die Schüler an jedem Wochentag zwischen 10 und 19 Uhr und teilweise auch an den Wochenenden. „Im Mueßer Holz gilt es nun, das Angebot bekannter zu machen. Klappt es, wollen wir natürlich auch dort schrittweise die Möglichkeiten ausbauen.“

 

Verantwortung, die sich für jeden bezahlt macht

 

Während Ralf Kuchmetzki all dies berichtet, wird uns immer klarer, wie ernst es ihm mit der sozialen und gesamtgesellschaftlichen Verantwortung ist, die er sich selbst und seinem Team zuspricht. Und wie viel sich sicherlich bewegen ließe, wenn möglichst viele andere ähnlich denken und handeln würden. Und fast „nebenbei“ zahlt sich das Engagement auch wieder aus. Denn „die Menschen reden über das, was man der Gesellschaft zurückgibt. So ist und bleibt man im Gespräch. Aber anders als bei klassischer Werbung, ist dabei jeder in ein gutes Projekt investierte Euro auf jeden Fall sinnvoll eingesetztes Geld“, so Kuchmetzki.

 

Die Coronakrise hat einige Probleme im Bildungssystem verdeutlicht | Foto: Symbolbild

Corona-Lockdown offenbarte eigentlich bekannte Probleme

 

Zum Schluss soll natürlich ein Thema nicht fehlen, wenn wir schon bei einem Bildungsexperten sind. Die Corona-Krise. Selten stand in der jüngeren Vergangenheit das Bildungsthema – abgesehen von großen Wahlkampfversprechen – derart im Fokus der Öffentlichkeit. Denn mit den Schulschließungen über mehrere Monate stand die Frage im Raum, wie die Schüler nun lernen können und sollen. Es zeigte sich, dass das Schulwesen auch in Schwerin eben nicht auf einem entsprechend modernen Stand ist. Lehrkräfte wissen teilweise nicht mit modernen Medien umzugehen. Diese Medien wiederum gibt es allerdings an zahlreichen Schulen auch gar nicht erst. Und – hier stellt sich wieder die soziale Frage – oftmals verfügen auch die Schüler nicht einmal über einen Computer. Zudem gab es nirgends einen Plan für eine derartige Situation.

 

Coronabedingte Defizite werden bald sichtbar

 

Viele Lehrkräfte fühlten sich daher allein gelassen, und agierten so, wie sie es für richtig hielten. Leider nicht immer zielorientiert. „Wir haben hier bei uns in dieser Zeit Hausaufgaben gesehen, die völlig überzogen waren. Da sollten Siebtklässler Dinge lösen, die in Klassenstufe 8 oder 9 gehören. Das konnte nicht funktionieren, denn viele Kinder waren auch zu Hause auf sich allein gestellt. Schnell saßen sie stundenlang vorm Fernseher, so dass mehrere Eltern fragten, ob sie ihre Kinder schon früher als im Plan stehend zu uns schicken können“, erinnert sich Ralf Kuchmetzki. Natürlich fanden er und sein Team Lösungen. Insgesamt aber, da ist sich der Unternehmer sicher, hat Corona die Lernentwicklung gestoppt. „Wir haben in den Ferienkursen gesehen, dass viele im April hängen geblieben sind. Die staatliche Förderung kam zudem deutlich zu spät, so dass wir kaum noch reagieren konnten.“

Aus seiner Sicht werden die Bildungsdefizite, die diese Zeit auslöste, schon in Kürze sichtbar. „Nicht gut, aber lösbar, wenn wir es gemeinsam und zielorientiert angehen“, so Ralf Kuchmetzki. Er und sein Team vom Lernzentrum Schwerin stehen auf jeden Fall auch zukünftig bereit – in der August-Bebel-Straße 3 und in Kürze auch im Campus am Turm. Mit viel Engagement und einem nicht allein auf den Lernstoff sondern auch das Soziale und Gesellschaftliche bezogenen Ansatz.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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