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Schwerin: Mieter im Mueßer Holz drohten kalte Heizungen und kein Warmwasser

Ein Schreiben der Stadtwerke Schw­erin sorgt aktuell für mas­sive Unruhe in mehreren Wohnge­bäu­den im Mueßer Holz. Darin kündigt der kom­mu­nale Ver­sorg­er die kom­plette Ein­stel­lung der Fer­n­wärmev­er­sorgung ab dem 11. Feb­ru­ar

  • Veröffentlicht Januar 29, 2021
Ein­er der betrof­fe­nen Wohn­blöcke in der Ziolkowskistraße in Schw­erin. | Foto: schw­erin-lokal

Ein Schreiben der Stadtwerke Schw­erin sorgt aktuell für mas­sive Unruhe in mehreren Wohnge­bäu­den im Mueßer Holz. Darin kündigt der kom­mu­nale Ver­sorg­er die kom­plette Ein­stel­lung der Fer­n­wärmev­er­sorgung ab dem 11. Feb­ru­ar 2021 an. Glaubt man aktuellen Wet­ter­prog­nosen, kön­nten damit mit­ten in ein­er möglichen Käl­tewelle mit Minustem­per­a­turen und Schnee damit Heizung und Warmwass­er in den mehrgeschos­si­gen Gebäu­den aus DDR-Zeit­en aus­fall­en.

Fernwärmeabstellung für mehrere Objekte im Mueßer Holz drohte

Die unmit­tel­bare Schuld für diese Sit­u­a­tion nun bei den Stadtwerken zu suchen, wäre allerd­ings gän­zlich falsch. Denn von dieser Seite aus ist in der zurück­liegen­den Zeit schein­bar alles Erden­kliche getan wor­den, um diesen Schritt zu ver­hin­dern. Monate­lang gelang kein Kon­takt zur zuständi­gen Ver­wal­tung und es waren keine Zahlung­se­ingänge zu verze­ich­nen.  Das Unternehmen sitzt daher auf offe­nen Rech­nun­gen für die Objek­te, die sich  in der Ziolkowskistraße und der Marie-Curie-Straßen befind­en. Die Ver­ant­wor­tung liegt also ganz klar auf Eigen­tümer­seite. Die Mieter dort sind ihren Verpflich­tun­gen nachgekom­men. Offen­bar allerd­ings hat die Hausver­wal­tung die vere­in­nahmten Vorauszahlun­gen nicht an die Stadtwerke Schw­erin gezahlt. Diese wiederum haben entsprechend agiert, um das Äußer­ste zu ver­mei­den. Bis gestern Nach­mit­tag aber ohne Erfolg.

 

Sperrungen sind, gerade in der Heizperiode, das absolut äußerste Mittel.”

Aurel Witt, Bere­ich­sleit­er Unternehmen­skom­mu­nika­tion
Stadtwerke Schw­erin

Damit ste­ht nun eine Sper­rung der Fer­n­wärmev­er­sorgung für die Mieter im Raum. „An sich war diese bere­its zum 4. Feb­ru­ar vorge­se­hen“, bericht­en uns Daniela Pauluhn, Eileen Stein­hagen und Krystin Hoitz nacheinan­der und übere­in­stim­mend. Alle drei sind allein­erziehend und wohnen mit ihren Kindern in der Ziolkowskistraße. Dass sie von der geplanten Abstel­lung zum 4. Feb­ru­ar erfuhren, war fast ein Zufall. Denn ein entsprechen­des Hin­weiss­chreiben der Stadtwerke Schw­erin wurde je Hausauf­gang nur in einen beliebi­gen Briefkas­ten gewor­fen. „Wäre genau diese Woh­nung leer oder wären die Mieter nicht da gewe­sen, hät­ten wir gar nichts von der dro­hen­den Gefahr gewusst“, so Krystin Hoitz.

Nun sind die Stadtwerke zwar nicht verpflichtet, die Mieter über­haupt auf diese Sit­u­a­tion hinzuweisen, denn let­ztlich beste­ht das Ver­tragsver­hält­nis mit dem Eigen­tümer bzw. der Ver­wal­tung. Aber da es let­ztlich die Mieter bet­rifft, gehen die Stadtwerke in Schw­erin grund­sät­zlich den Weg der direk­ten Infor­ma­tion. Nie­mand soll unver­mit­telt über­rascht wer­den. Hier war es nun zu ein­er kleinen Panne gekom­men. Denn eigentlich sollte das Schreiben in den Hausaufgän­gen aushän­gen.

 

Viele Mieter mit Kindern wären betroffen 

Krystin hält ihre herzkranke Tochter im Arm. | Foto: schw­erin-lokal

„Nach­dem wir Dien­stagabend nun von der Sit­u­a­tion wussten, ist erst ein­mal eine Welt zusam­menge­brochen. Hier haben viele Mieter Kinder. Das geht nicht ohne Heizung und Warmwass­er“, so Eileen. „Meine Jüng­ste hat einen Herzfehler. Wenn wir keine Wärme mehr haben, ist das für sie lebens­ge­fährlich“, berichtet Krystin. Sie han­delte daher am näch­sten Tag und tele­fonierte sich die Fin­ger wund. Bei den Stadtwerken erre­ichte sie einen Mitar­beit­er, der allerd­ings wenig Ver­ständ­nis zeigte. Es sei nun mal so. Wenn kein Geld käme, würde abgestellt. Sie ver­langte einen Vorge­set­zten, dem sie die Sit­u­a­tion schilderte. Dort stieß sie auf mehr Ver­ständ­nis. Er erre­ichte offen­bar auch die mit der Koor­di­na­tion der Ver­wal­tung vor Ort beauf­tragte Susanne Dime und einigte sich mit ihr auf einen Auf­schub der Sper­rung bis zum 11. Feb­ru­ar. Eine Woche war gewon­nen.

Allerd­ings glaubten die drei allein­erziehen­den Müt­ter gestern Vor­mit­tag nicht daran, dass sich die Sit­u­a­tion ändert. Denn per Face­book-Mes­sen­ger hat­te Krystin Frau Dime schon am Abend angeschrieben und auf die Sit­u­a­tion ange­sprochen. Da hieße es, alles sei geregelt. Es gebe keine Prob­leme. Dass dem ganz und gar nicht so war, zeigte das Tele­fonat mit den Stadtwerken.

 

Mieterin agierte – und erlebte unsensible Reaktion beim Mieterbund

Par­al­lel rief Krystin Hoitz auch bei der Ver­braucherzen­trale an. „Die Dame dort war unglaublich fre­undlich und hat mir wirk­lich etwas Mut gemacht. Auch hat sie mir ein paar Hin­weise gegeben. Das war wirk­lich super.“ Anders hinge­gen ver­lief das Gespräch mit dem Mieter­bund Schw­erin. Auch dort rief sie an. Die Dame am anderen Ende erk­lärte nach kurz­er Schilderung der Sit­u­a­tion lediglich, Krystin solle in den Mieter­bund ein­treten, dann könne man miteinan­der sprechen. „Das kostet 69 Euro.“ Die Mut­ter von vier Kindern schilderte daraufhin ihre drama­tis­che Lage auf­grund der herzkranken Tochter. „Ich habe der Frau erk­lärt, dass die Kleine in Lebens­ge­fahr gerät, wenn ich sie nur kalt duschen kön­nte. Daraufhin meinte sie nur, wenn das so ist, dann ist das so“.

Nun mag man natür­lich nachvol­lziehen kön­nen, dass der Mieter­bund nicht jedem Nicht­mit­glied helfen oder wenig­stens Hin­weise geben kann. In ein­er sich so erkennbar abze­ich­nen­den Not­lage sollte man aber vielle­icht doch anders reagieren.  

Die Geschäfts­führerin des Mieter­bun­des in Schw­erin, Catha­ri­na Möller-Fed­er­au kann sich nicht vorstellen, dass eine Mitar­bei­t­erin so schroff reagieren haben kann. „Natür­lich sitze ich nicht die ganze Zeit dabei. Sollte es sich so zuge­tra­gen haben, dann täte mir das sehr leid und ist nicht der Anspruch unseres Vere­ins.”, so Möller-Fed­er­au. Nur habe man sich schon früh haus­in­tern darauf ver­ständigt, dass auf­grund der Not­lage auch Nicht­mit­glieder eine Erstauskun­ft erhal­ten. Das man aber nur für Mit­glieder eine detail­lierte Rechts­ber­atung vornehmen kann, das liege vor allem am Rechts­di­en­stleis­tungs­ge­setz. „Berat­en und geholfen wer­den darf nur Mit­gliedern der Mieter­vere­ine, so schreibt es das Rechts­di­en­stleis­tungs­ge­setz vor. Uns sind hier die Hände gebun­den”, betont die Geschäfts­führerin. 

 

Auf Ungewissheit folgte die gute Nachricht: Sperrung ist offenbar abgewendet

Eileen hofft, dass die Wärme bleibt

Das war also der Stand gestern Mit­tag: Nie­mand wusste so wirk­lich, wie es weit­erge­ht. Die Dro­hung der Fer­n­wärme-Abschal­tung hing über allen wie ein Damok­less­chw­ert. „Man fühlt sich so hil­f­los, hier als Mieter so abgeschoben zu wer­den. Ich kann mir mit meinen Kindern doch nicht mal eben eine neue 5‑Z­im­mer-Woh­nung suchen“. Diese aber braucht Eileen für sich und ihre fünf Kinder. Sie war für das Tre­f­fen extra in der Mit­tagspause von der Arbeit gekom­men. Denn sie fühlt sich der Sit­u­a­tion schon aus­geliefert. Krystin hat sie motiviert, gemein­sam zu einem Recht­san­walt zu gehen. Sie haben auch bere­its einen im Blick. Denn wie das Kan­inchen vor der Schlange möcht­en sie auch nicht sitzen. Vor allem, da es um die Gesund­heit ihrer Kinder geht.

Diesen Weg kön­nen Sie sich nun ver­mut­lich sparen. Denn am gestri­gen Nach­mit­tag gab es das Gerücht, dass Bewe­gung in die Sache gekom­men sei. Unternehmenssprech­er Aurel Witt bestätigte auf Nach­frage unser­er Redak­tion, dass man Kon­takt zu aktuell zuständi­gen Per­so­n­en habe. Die Entwick­lun­gen ließen die Aus­sage zu, dass die Sper­rung zum 11. Feb­ru­ar vom Tisch sei. 

 

Hier liegt die Verantwortung für die plötzliche Dramtik der Lage

Eigen­tümerin der betrof­fe­nen Gebäude ist übri­gens eine in Berlin ansäs­sige Gesellschaft namens Spree Beteili­gung Ost GmbH. Diese wiederum hat eine Hausver­wal­tung mit der Bewirtschaf­tung der Objek­te in Schw­erin beauf­tragt. Deren Name: GEWINO – Gebäudewirtschaft Nord GmbH mit der Geschäfts­führerin Yuliya Kli­menchuk. Sitz auch in Berlin. Bei­de Gesellschaften haben erst ein­mal etwas gemein­sam: Sie sind fak­tisch nicht erre­ich­bar. Oder zumin­d­est nur sehr schw­er. Unser­er Redak­tion zumin­d­est gelang es den gesamten gestri­gen Tag nicht, Frau Kli­menchuk oder irgendwen von der Eigen­tümer­seite oder auch irgen­deine Per­son von Seit­en der GEWINO zu erre­ichen. Recherchen über die „Tätigkeit­en“ der Frau Kli­menchuk führten uns lediglich zu ein­er Mor­ck Hausver­wal­tung in Frankfurt/Main. Dort erre­icht­en wir auch eine Per­son, die unser Anliegen auf­nahm. „Ich werde es weit­er­leit­en und hoffe, Sie bekom­men einen Rück­ruf.“ Dabei aber blieb es dann auch.

 

Mieterin vermutet: „Sie wollen alle Mieter raushaben.”

Nichts anderes hat­ten wir ver­mutet. Denn so scheint das Dien­stleis­tungs-Ver­ständ­nis der GEWINO und ihrer Geschäfts­führerin Kli­menchuk zu sein. In den Gesprächen mit Eileen, Krystin und auch Daniela kamen näm­lich noch weit­ere Infor­ma­tio­nen zu Tage, die das Gesamt­bild rund machen. So kam es in Krystins Woh­nung zu einem Wasser­schaden. Sie meldete diesen, dann geschah lange nichts. Irgend­wann wurde die Tapete von der Decke geris­sen. Dabei aber blieb es dann tat­säch­lich. Nach eini­gen Wochen des Wartens tapezierte sie selb­st. Schon nach kurz­er Zeit kam wieder Feuchtigkeit durch. Da scheint das Dach undicht zu sein. Geschehen ist nichts. Im Hau­sein­gangs­bere­ich ist das Git­ter im Boden lose und eine echte Ver­let­zungs­ge­fahr. Eileen repari­ert dies nun regelmäßig pro­vi­sorisch. Von der Ver­wal­tung keine Spur.

Die Kette der Prob­leme in den Woh­nun­gen und an den Objek­ten ist noch länger. „Ich bin mir inzwis­chen sich­er, die lassen die Häuser bewusst verkom­men. Es war schon mal angedeutet wor­den, dass sie höhere Mieten wollen. Sie wollen ein­fach alle Mieter raushaben“, sagt Yvonne. Kämpferisch und klar reagiert Krystin darauf, als wie ihr von der Ver­mu­tung bericht­en: „Sie kriegen uns aber nicht raus!“

 

Seit gestern bekannt: Eine neue Hausverwaltung übernimmt ab 1. Februar

Diese dur­chaus kämpferische Ansage der Mieter dürfte auch eine weit­ere Gesellschaft inter­essieren. Denn zur Über­raschung aller lag gestern ein Schreiben der GEWINO in den Postkästen. Darin weist man darauf hin, dass die Ver­wal­tung der Objek­te zum 1. Feb­ru­ar mal wieder wech­selt. Neue Ver­wal­terin ist dann die DIM – Deutsche Immo­bilien­man­age­ment. Anders als die GEWINO hat dieses Unternehmen eine eigene Inter­net­präsenz und scheint neben Berlin noch über sechs weit­ere Stan­dorte in Deutsch­land zu ver­fü­gen. Auch ein Unter­schied: Bei der DIM geht jemand ans Tele­fon. So gelang es unser­er Redak­tion let­ztlich auch, mit jeman­dem aus dem Unternehmen zu sprechen, der/die für die neuen Objek­te zuständig sein wird.

Allerd­ings, so die Infor­ma­tion, habe man noch kein­er­lei Unter­la­gen und könne noch nichts zu dem neuen Auf­trag sagen. Das soll zwar, wie wir aus der Branche wis­sen, ger­ade bei so großen Bestän­den eher sel­ten sein – nor­maler­weise bekommt die neue Ver­wal­tung die Unter­la­gen häu­fig schon im Voraus, um eine naht­lose Weit­er­bear­beitung zu gewährleis­ten. Aber nor­maler­weise kommt es auch nicht zu Andro­hun­gen der Fer­n­wärme­ab­schal­tung wegen Nicht­bezahlung. „Nor­mal“ ist in den Häusern also nicht alles. Wir bleiben daher ganz sich­er dran und wer­den schauen, ob mit neuer Ver­wal­tung auch ein neuer, pos­i­tiv­er Wind im Mueßer Holz weht.

 

+++ Aktualisierung vom 29.01.2021 (13:00 Uhr)

 

Inzwis­chen hat Lutz Ack­er­mann von der DIM Deutsche Immo­bilien Man­age­ment der Redak­tion mit­geteilt, dass die Stadtwerke Schw­erin die ange­dro­hte Sper­rung von Heizung und Warmwass­er nicht durch­führen wer­den. Die offe­nen Forderun­gen aus den Monat­en Dezem­ber und Jan­u­ar wur­den durch den Eigen­tümer beglichen. Die Sper­rung von Heizung und Warmwass­er kon­nte damit abgewen­det wer­den. „Dies soll uns durch die Stadtwerke im Tagesver­lauf auch schriftlich bestätigt wer­den. Als neuer Ver­wal­ter haben wir uns in den ver­gan­genen Tagen inten­siv darum bemüht, die Sper­rung von Heizung und Warmwass­er abzuwen­den. Wir freuen uns, dass uns dies rechtzeit­ig geglückt ist. Wir bedauern es, dass diese Angele­gen­heit kurzzeit­ig zur Beun­ruhi­gung bei den Mieterin­nen und Mietern geführt hat.”, so Lutz Ack­er­mann.

  • Stephan Haring

    Stephan Har­ing ist freier Mitar­beit­er unser­er dig­i­tal­en Tageszeitung. Er hat ein Bach­e­lor-Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften an der Uni­ver­sität Erfurt mit den Neben­fäch­ern Sozial­wis­senschaften & Poli­tik absolviert. Im Nach­hinein arbeit­ete er in lei­t­en­den Funk­tio­nen der Presse- & Öffentlichkeit­sar­beit, im Leitungs­bere­ich eines Unternehmens sowie als Rek­tor ein­er pri­vat geführten Hochschule. Zudem entwick­elte, organ­isierte und real­isierte er mit der durch ihn entwick­el­ten LOOK ein Fash­ion­event in Schw­erin. Heute arbeit­et er freiberu­flich als Tex­ter, Press­esprech­er und Tex­tko­r­rek­tor sowie als Berater in ver­schiede­nen Pro­jek­ten. In einem Schw­er­iner Orts­beirat ist er zudem ehre­namtlich als Vor­sitzen­der kom­mu­nalpoli­tisch aktiv.

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