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Schwerin: Diskussion um das Abstrichzentrum

Das war durchaus eine Überraschung, mit der Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier gestern am frühen Abend an die Öffentlichkeit ging. Das Abstrichzentrum in Schwerin stehe de facto vor dem Aus. Ganz

  • Veröffentlicht April 29, 2020
Das Abstrichzentrum Schwerin. | Foto: schwerin-lokal

Das war durchaus eine Überraschung, mit der Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier gestern am frühen Abend an die Öffentlichkeit ging. Das Abstrichzentrum in Schwerin stehe de facto vor dem Aus. Ganz anders dagegen klingt eine Stellungnahme aus dem zuständigen Ministerium. Selbst bei der Betreiberfrage gibt es widersprüchliche Aussagen. Droht ein handfester Streit zwischen Stadt und Land?


Stadtverwaltung: Land zieht Personal ab 

Verantwortlich für die eventuell unvermeidbare Schließung des Corona-Testzentrums wäre aber nicht Schwerin, sondern letztlich das Land – wenn alles so kommt, wie es in einer Erklärung der Stadtverwaltung, heißt. Denn nach Darstellungen der Stadt plant die Landesebene ihr „Personal aus dem vom Landesgesundheitsamt (LAGuS) betriebenen Testzentrum“ abzuziehen. Dort, am nördlichen Anfang der Werderstraße,  finden seit dem 12. März die zentralen Corona-Tests für Schwerin und Teile des Umlands statt. Da verwundert es erst einmal nicht, dass die Stadt Schwerin mit Unverständnis und irritiert reagierte.

Dr. Rico Badenschier | Foto: SIS/Christoph Müller

„Damit wird das Abstrichzentrum de facto wieder geschlossen“

„Die Testzentren haben sich bewährt. Sie unterstützen die niedergelassenen Allgemeinärzte bei der Corona-Diagnostik, minimieren den Verbrauch von Schutzausrüstungen und die Infektionsgefahr. Dieses sehr begrüßenswerte Vorgehen haben wir als Stadt und die HELIOS-Kliniken in der Startphase massiv unterstützt. Nach wenigen Wochen des Betriebs durch das Land werden jetzt die Mitarbeiterinnen abgezogen. Darüber bin ich sehr irritiert, denn damit wird das Abstrichzentrum de facto wieder geschlossen“, so Schwerins Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier. Klar adressiert formuliert der Verwaltungschef seine Forderungen: „Ich erwarte, dass das zuständige Wirtschaftsministerium und die Kassenärztliche Vereinigung die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte und erst Recht die Schweriner Bürgerinnen und Bürger nicht im Regen stehen lassen. Eine Schließung des Testzentrums wäre in der gegenwärtigen Situation das falsche Signal.“


Ministerium weist Darstellungen des Oberbürgermeisters klar zurück

Eine Anfrage unserer Redaktion beim zuständigen Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit am gestrigen Abend zeigt allerdings, dass die Verwunderung auf Landesseite nicht minder groß zu sein scheint. So erklärt Ministeriumssprecher Gunnar Bauer: „Von Personalabzug ist uns nichts bekannt. Im Gegenteil: Es laufen gerade die Verhandlungen mit den Abstrichzentren im Land, um diese zu verlängern.“ Damit weist das Ministerium die Darstellungen des Schweriner Oberbürgermeisters recht deutlich zurück.

Auch formal-organisatorisch stellt das Ministerium die städtischen Aussagen anders dar

Auch zu den formalen Darstellungen der Stadtverwaltung bezieht das Ministerium Stellung. So werde das Abstrichzentrum in Schwerin nicht, wie es in der Erklärung der Stadt Schwerin heißt, vom Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS) betrieben. Einigkeit scheint lediglich in Bezug auf die Startphase zu bestehen. Denn hier spricht auch das Land von einem gemeinsamen Handeln seitens des Gesundheitsamtes der Stadt mit den Helios Kliniken Schwerin. Zurückkommend auf das LAGuS heißt es ferner, das Landesamt sei nicht Teil des Abstrichzentrums Schwerin. Es unterstütze vielmehr die Schweriner Behörde wie die Helios Kliniken personell.

Land ist gesprächsbereit bei personellen Problemen seitens der Stadt

Darüber hinaus verweist das Ministerium auf den Umstand, dass Schwerin die einzige Kommune im Land ist, die bezogen auf die Abstrichzentren personelle Unterstützung vom Land bekommt. Sollte die Stadt hinsichtlich der personellen Besetzung des Testzentrums Probleme haben, sei das Ministerium gesprächsbereit.

Kommentar

Da stehen sich tatsächlich zwei komplett entgegengesetzte Aussagen gegenüber. Sowohl in Bezug auf personelle Fragen und daraus resultierende Konsequenzen für den Weiterbetrieb des Abstrichzentrums, als auch auf eine so grundlegende Frage, wer eigentlich das Zentrum betreibt. Die Stadt sagt, das LAGuS sei Betreiber. Davon aber weiß das zuständige Ministerium nichts. Hier spricht man davon, das LAGuS unterstütze lediglich die Stadt und die Helios Kliniken an dieser Stelle.

Was soll man da als Außenstehender denken, wenn scheinbar nicht einmal Einigkeit darüber besteht, wer das Testzentrum betreibt? Und wie kann es sein, dass Stadt und Land in Bezug auf die aktuelle und zukünftige Situation des Abstrichzentrums Schwerin derart komplett entgegengesetzte Darstellungen vertreten? Bleibt zu hoffen, dass hier nicht gerade ein Streit zwischen Stadt und Land entbrennt. Denn es geht um eine sicherlich noch für einige Zeit wichtige Einrichtung im Interesse der Sicherheit und Gesundheit der Menschen in und um Schwerin.

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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