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Schwerin: Neue Publikation widmet sich Erfahrungen gehörloser Kinder in der DDR

300 schwerhörige und gehörlose Menschen haben sich seit Einrichtung der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ im Jahr 2017 an die Anlauf- und Beratungsstelle der Landesbeauftragten für MV für die Aufarbeitung der

  • Veröffentlicht März 2, 2021
Coverbild der Publikation „Nicht gehört: Gehörlose Kinder in der DDR“

300 schwerhörige und gehörlose Menschen haben sich seit Einrichtung der Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ im Jahr 2017 an die Anlauf- und Beratungsstelle der Landesbeauftragten für MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur gewandt. Nun erschien die neue Publikation der Landesbeauftragten „Nicht gehört: Gehörlose Kinder in der DDR“ der Landesbeauftragten. Darin stellt Sandra Pingel-Schliemann die Erfahrungen von acht gehörlosen Menschen verschiedener Jahrgänge in sonderpädagogischen Einrichtungen der DDR vor. Sandra Uhlig sorgt zudem mit einem Abriss der bildungspolitischen Entwicklung der Schwerhörigen- und Gehörlosen-Sonderpädagogik in der DDR für die historische Einordnung.

 

Neue Publikation: „Nicht gehört: Gehörlose Kinder in der DDR“

Die Publikation beschreibt dabei Alltag und Methoden in den Einrichtungen. Zudem stellt sie die entsprechenden Sonderschulen in den Nordbezirken kurz vor. Neben einem Exkurs zur Gebärdensprache enthält sie einen Auszug der rechtlichen Regelungen in der DDR. Auch finden sich in der Publikation Auflistungen von Verbänden, Beratungsstellen und Dolmetscherdiensten.

 

Betroffene haben Bedürfnis, dass ihre leidvollen Erfahrungen wahrgenommen werden

„In der Beratung schwerhöriger und gehörloser Menschen für die Stiftung wurde das Bedürfnis der Betroffenen deutlich, in der heutigen Gesellschaft von der Öffentlichkeit und insbesondere von ihren Angehörigen mit ihren leidvollen Erfahrungen in der DDR wahrgenommen zu werden“, weiß die Landesbeauftragte Anne Drescher. „Im Alter von nur drei bis vier Jahren brachte man die Betroffenen in Internaten unter. Sie litten an mangelnder Geborgenheit und daran, sich nicht verständigen zu können.“ Zudem lehrte man zu dieser Zeit die Gebärdensprache nicht. Vielmehr sogar unterband man ihren Gebrauch. Mit belastenden Methoden der Hör- und Sprecherziehung sollte vielmehr eine Vorbereitung auf einen Alltag in der hörenden Mehrheitsgesellschaft erfolgen.

1989 gab es in der DDR sechs Gehörlosenschulen mit insgesamt 819 Schülern. Dazu kamen 10 Schwerhörigenschulen mit insgesamt 1.528 Schülern. In 40 Jahren DDR erlebten etwa 10.000 Kinder und Jugendliche den Unterricht in Schwerhörigen- und Gehörlosenschulen sowie entsprechenden Hilfsschulen.

 

Auch heute besteht noch Handlungsbedarf

„Der Blick zurück macht allerdings auch deutlich, wieviel für eine gleichberechtigte gesellschaftliche Teilhabe gehörloser und schwerhöriger Menschen auch heute noch nicht eingelöst ist. So gibt es selbst im Förderzentrum Hören in Güstrow immer noch keinen Unterricht in Gebärdensprache. Bei den Beratungsterminen für die Stiftung erleben wir, wie wichtig diese aber für die Verständigung mit den Betroffenen ist“, so Anne Drescher.

Noch bis zum 30. Juni 2021 können Betroffene, die als Minderjährige in der DDR in sonderpädagogischen, psychiatrischen oder Behinderteneinrichtungen untergebracht waren, Ansprüche bei der Stiftung anmelden.

 

So ist die Publikation erhältlich

Sandra Uhlig / Sandra Pingel-Schliemann: Nicht gehört: Gehörlose Kinder in der DDR. DDR-Sonderschulwesen. Gehörlosenpädagogik in der DDR. Mit Biographien von Zeitzeuginnen und Zeitzeugen aus Mecklenburg-Vorpommern. ISBN 978-3-933255-62-4. Schutzgebühr 6 Euro.

Online bestellt werden kann die Publikation unter
www.landesbeauftragter.de/publikationen/aktuelle-publikationen/
Das Buch ist auch erhältlich in der Geschäftsstelle der Landesbeauftragten
Tel.: 0385-734006, Fax: 0385-734007, Mail: www.landesbeauftragter.de/publikationen/aktuelle-publikationen/

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der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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