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Ost-IHKs nicht zu weiteren Einschränkungen bereit

Es sind aktuell vor allem die neuen Bundesländer, in denen die Corona-Pandemie unaufhaltsam wütet. Deutlich massiver als in der „ersten Welle“, also im Frühjahr 2020. In Sachsen, Thüringen und auch

  • Veröffentlicht Januar 13, 2021
Während Forderungen nach einem kompletten Lockdown laut werden, kommen entgegengesetzte Aussagen der IHKs in den neuen Bundesländern. | Foto: Symbolbild

Es sind aktuell vor allem die neuen Bundesländer, in denen die Corona-Pandemie unaufhaltsam wütet. Deutlich massiver als in der „ersten Welle“, also im Frühjahr 2020. In Sachsen, Thüringen und auch Sachsen-Anhalt kann von einer kontrollierten Dynamik keine Rede mehr sein. Kliniken und auch Krematorien sind am Anschlag ihrer Möglichkeiten. Inzidenzen fernab der 400 sind keine Seltenheit. Und es scheint, dass die Welle immer wieder Anlauf nimmt, über Brandenburg auch endgültig den Sprung nach MV zu schaffen. Erkennbar ist nämlich, dass mit der mecklenburgischen Seenplatte und Ludwigslust-Parchim die beiden südlichen Landkreise mit den derzeit höchsten Werten zu kämpfen haben.

 

Aktuell viel zu hohes Infektionsgeschehen – Gerade auch in den Neuen Bundesländern

Parallel dazu sind inzwischen seit November verschiedene Branchen geschlossen. Darunter die Gastronomie und Hotellerie, aber auch Kosmetikstudios und andere körpernahe Dienstleistungen sowie die Kultur. Seit Mitte Dezember nun sind auch große Teile des Einzelhandels, Friseure und weitere Unternehmen dicht. Und dennoch ist gerade in den neuen Ländern, aber auch im restlichen Deutschland, bislang ein nachhaltiger Infektionsrückgang nicht erkennbar. Vielmehr droht das Damoklesschwert einer mutierten Virusvariante aus Großbritannien, die eine deutlich schnellere Ansteckung mit sich bringt. Bundeskanzlerin Angela Merkel soll gestern, wie verschiedene Medien übereinstimmend berichteten, davor gewarnt haben, dass dieser Virusstamm den Sprung nach Deutschland schafft. Dann müsse man zu Ostern mit einer zehnfachen Inzidenz rechnen. Nun mögen so manche  von Panikmache oder Wahrsagerei sprechen. Im Rückblick aber wurden Merkels Prognosen, so unglaublich sie manchmal wirkten, eher noch von der Realität überholt. Anders, als es bei den Ministerpräsidentinnen und -präsidenten der Fall war. Einer solchen Entwicklung, das dürfte selbst den größten Skeptikern klar sein, könnte auch das deutsche Gesundheitswesen nicht mehr standhalten. Daher soll die Kanzlerin von noch mehreren Wochen der harten Maßnahmen gesprochen haben. Der 31. Januar als Lockdown-Ende scheint damit zunehmend in Frage zu stehen.

 

Thüringens Ministerpräsident fordert kompletten Lockdown

Genau von dort, wo es derzeit am Schlimmsten ist, kamen zuletzt sehr deutliche Rufe nach mehr Konsequenz – und nach einem möglichst totalen Lockdown. Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow – noch vor gar nicht langer Zeit ein heißer Verfechter schneller Lockerungen und Öffnungen, wie zwischenzeitlich übrigens auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig – setzte sich an die Spitze derer, die einen kompletten Stopp fordern. Anders als andere aber steht er zu seinen damaligen Forderungen. Heute sieht er, dass er damit falsch lag. „Die Kanzlerin hatte Recht, und ich hatte Unrecht.“ Unter anderem verwies er nun zudem auf die Branchen, die derzeit unter großen Schmerzen in Verantwortung genommen seien, während der Rest der Wirtschaft so tue, als wäre nichts. „Alles, was nicht lebensnotwendig ist oder systemisch nicht abgestellt werden kann, hätte vier Wochen lang angehalten werden müssen“, so Ramelow in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung.

 

Gerade IHKs in den Neuen Ländern nicht zu weiteren Einschränkungen bereit

Während nun also gerade in den Neuen Bundesländern die Pandemie am meisten wütet und täglich mehr Todesopfer fordert, erklären sich die Industrie- und Handelskammern in Ostdeutschland nicht zu weiteren Einschränkungen bereit. Lautstark auch dabei: Die IHKs in Mecklenburg-Vorpommern. „Die Belastungsgrenze ist jetzt erreicht. Gedankenspiele, wie die Wirtschaft weiter eingeschränkt werden könnte, sind kontraproduktiv“, so Dr. Wolfgang Blank, Präsident der geschäftsführenden IHK Neubrandenburg der IHKs in MV. Die heimischen Unternehmen seinen keine Infektionsherde, Hygieneschutzmaßnahmen seien Teil des betrieblichen Arbeitsschutzes. Sie würden konsequent umgesetzt und kontrolliert. Letzteres darf man auch bezweifeln, denkt man an absolut geringe Kontrollen der Regeln in der Gastronomie im vergangenen Sommer zurück.

 

Begriffsdiskussion aber nicht ein Wort zu Toten und Erkrankten

Anstatt auch die „Belastungsgrenze“ des Gesundheitswesens und die damit verbundenen Folgen im Blick zu haben, starten die IHKs lieber eine Definitionsdiskussion der Begrifflichkeit „die Wirtschaft“. In einer realen Pandemie, die gerade die von diesen IHKs vertretenen Gebiete derzeit fest im Griff hat, eine eher wenig hilfreiche Aktion. „Wer verschärfte Maßnahmen in ‚der Wirtschaft‘ fordert, muss definieren: Wer oder was ist ‚die Wirtschaft‘?“ Man dürfe zudem „die Wirtschaft“ nicht gegen „die Gesundheit“ ausspielen. Weigert man sich aber den Realitäten, wie sie Ministerpräsident Ramelow deutlich aufzeigt, ins Gesicht zu schauen, und fordert teilweise in dieser Zeit sogar Öffnungen, ist man es dann nicht selbst, der beide Bereiche gegeneinander ausspielt? Denn in der gesamten Pressemitteilung zu der gemeinsamen Erklärung verlieren die Kammern kein Wort in Richtung der Erkrankten oder gar der Toten.

 

Berechtigte Frage nach Alternativszenarien

Sicherlich nicht zu Unrecht fragen die Kammern nach Alternativszenarien zu flächendeckenden Lockdown-Maßnahmen. Die Frage dabei ist allerdings, ob gerade die ostdeutschen Kammern die richtigen sind. Denn das aktuelle Infektionsgeschehen in den Neuen Ländern dürfte gerade dort keinerlei wirkliche Alternative zulassen. Denn noch immer gibt es zu viele Kontakte. Folgt man Ramelow, trägt die noch geöffnete Wirtschaft daran einen Anteil.

 

IHKs bleiben gesprächsbereit

„Die IHKs in MV sind selbstverständlich bereit, im Dialog mit der Politik die Pandemie weiterhin konstruktiv und zielgerichtet zu bekämpfen. Sie fordern aber zugleich dazu auf, das Gemeinwohl im Blick zu behalten und die Verhältnismäßigkeit der Mittel zu wahren. Am kommenden Donnerstag werden sich dazu u.a. die IHKs mit der Ministerpräsidentin Manuela Schwesig und dem Wirtschaftsminister Harry Glawe verständigen“, so Blank abschließend. Nach den letzten öffentlichen Äußerungen von Ministerpräsidentin Schwesig dürften sich die IHKs bei diesem Treffen eher Fragen gefallen lassen müssen, als Geschenke bekommen. Aber man wird sehen.

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