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Schwerin: Politische Schmierereien an Gebäuden

Noch am Mittwochmorgen sah alles nach einer innenpolitisch eher ruhigen Woche in Deutschland aus. Doch bereits wenige Stunden später änderte sich diese Situation dramatisch. Und Auslöser des politischen Erdbebens mittlerer

  • Veröffentlicht Februar 7, 2020
Auch das Wahlkreisbüro von Dietrich Monstadt (CDU) in Schwerin wurde beschmiert. | Foto: Team Monstadt

Noch am Mittwochmorgen sah alles nach einer innenpolitisch eher ruhigen Woche in Deutschland aus. Doch bereits wenige Stunden später änderte sich diese Situation dramatisch. Und Auslöser des politischen Erdbebens mittlerer bis schwerer Stärke war die Wahl des neuen Ministerpräsidenten in Thüringen. Alles deutete darauf hin, dass  der bisherige Amtsinhaber auch der neue ist. Doch dann kam es anders, und im Ergebnis wählte der Thüringer Landtag den FDP-Kandidaten Thomas Kämmerich mit den Stimmen von FDP, CDU und AfD. Schon kurze Zeit später war helle Aufregung bei nahezu allen Parteien – bis in die Bundesspitzen. Nicht, weil ein Kandidat der FDP, die mit 5% nur extremst knapp in den Landtag einzog, die Wahl gewann. Vielmehr deshalb, weil gerade der vom äußersten rechtsaußen gesteuerte AfD-Landesverband Thüringen um Bernd Höcke nun Königsmacher war. Eben derartige Szenarien hatten alle Parteien – natürlich mit Ausnahme der AfD – im Vorfeld ausgeschlossen.

Deutschlandweite Diskussion um Wahl in Thüringer Landtag

Seither lief vor allem in der Bevölkerung in Deutschland die Diskussion, ob es wohl ein im Vorfeld abgemachtes Spiel war, oder ob sich FDP und CDU schlichtweg amateurhaft von der AfD haben überrumpeln lassen. Denkbar scheinen beide Szenarien. Als etwas wahrscheinlicher, wenn auch nicht weniger peinlich, gilt in vielen Kreisen ein „Unfall“. Scheinbar hatten CDU und FDP nicht die Option einkalkuliert, dass die AfD geschlossen ihrem eigenen Kandidaten keine Stimme geben und Thomas Kämmerich wählen würde.

Und seit gestern Mittag ist ja auch klar, dass Thüringen offenbar schon Stunden nach dem Polit-Beben vor Neuwahlen stehen könnte. Ministerpräsident Kämmerich hat seinen Rücktritt angekündigt. Er will so den Weg für entsprechende Wahlen frei machen. Die FDP-Fraktion plant die Auflösung des Thüringer Landtags zu beantragen. Allerdings scheint die Fraktion eben dafür nicht über das erforderliche Antragsrecht zu verfügen. Da parallel die CDU-Fraktion keine Landtagsauflösung möchte, blieb es bis Redaktionsschluss offen, wie es in Thüringen weitergehen könnte. Um 22:30 Uhr war der letzte Stand, dass der angekündigte Rücktritt Kemmerichs noch nicht in die Tat umgesetzt ist. CDU-Chef Mohring befand sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem Gespräch mit der Bundesvorsitzenden Kramp-Karrenbauer. Beide wollten 20:30 Uhr vor die Presse treten. Die bislang zweistündige Verzögerung zeigt, dass sie von einem einheitlichen Weg offenbar weit entfernt sind. Die Linke will ihrerseits einer Landtagsauflösung nur zustimmen, wenn zuvor Bodo Ramelow wieder zum Ministerpräsidenten gewählt wird. 

Debatte erreicht natürlich auch Schwerin

Schmierereien an der Landesgeschäftsstelle der CDU in Schwerin. | Foto: CDU LGS

Als all diese Entwicklungen am Mittwochabend gänzlich noch nicht absehbar waren, kam es an verschiedenen Orten in Deutschland zu ersten Protesten. Menschen brachten ihr Unverständnis verbal zum Ausdruck. Dies ist zweifellos auch ein gangbarer, demokratischer Weg. Definitiv aber nicht hinnehmbar ist, wenn man auf kriminelle Art und Weise durch Sachbeschädigung meint, seine politische Meinung öffentlich machen zu müssen. So geschehen am gestrigen Donnerstag in Schwerin. Es ist durchaus fragwürdig, einerseits politisches Fehlverhalten bei anderen zu kritisieren, selbst aber durch Straftaten zu agieren. 

Das Gebäude, in dem sich die FDP-Landesgeschäftsstelle in Schwerin befindet, wurde ebenfalls beschmiert. | Foto: FDP

Gebäude mit Büros von CDU und FDP in Schwerin beschmiert

Denn in Schwerin waren am gestrigen Morgen die Gebäude, in denen sich die Landesgeschäftsstellen von FDP und CDU befinden, durch großflächige Graffiti beschmiert. Auch traf es das Büro des Bundestagsabgeordneten der CDU, Dietrich Monstadt. Die Polizei spricht von einem „offensichtlich politischen Hintergrund. Und auch Monstadt, an dessen Fenster der Schriftzug „Mitte Extremist FCKCDU“ prangte, kann sich dieses Eindrucks zu Recht nicht erwehren: „Verschiedene politische Ansichten und die Auseinandersetzung um Ideen sind ein wichtiger Teil unserer Demokratie. Inakzeptabel aber ist es, wenn dies durch Sachbeschädigung geschieht.“ Wer mit Hetzparolen Gebäude beschmiert, dem ginge es nicht um Demokratie. „Das sind Straftäter“, so CDU-Kreisvorsitzende Dorin Müthel-Brenncke.

Ähnlich äußerte sich auch Chris Puschmann, Pressesprecher der CDU-Landesgeschäftsstelle in Schwerin gegenüber unserer Redaktion. An deren Gebäude in der Wismarschen Straße war gestern früh der Schriftzug „Nazi Unterstützer“ zu lesen. „Meinungsvielfalt ist ein hohes Gut in unserer Gesellschaft. Gewalt, Hetze oder Sachbeschädigungen sind aber keine Mittel der politischen Auseinandersetzung“, so Puschmann. Am frühen Nachmittag meldete sich dann auch der FDP-Landesvorsitzende MV, René Domke zu Wort. „Wir Liberale diskutieren mit jedem über alles, auch gerne mit harten Bandagen. Aber für feige Sachbeschädigung haben wir kein Verständnis. Ich erwarte, dass auch die anderen Parteien den Konsens der Meinungsvielfalt teilen und sich von derartigen Aktionen im politischen Wettbewerb distanzieren.“

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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