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Schwerin: Schreiben der Hoteliers nicht ganz reaktionslos

Am gestrigen Dienstag berichteten wir über ein Schreiben von 26 Hoteliers der Stadt Schwerin. Sie hatten sich dabei konkret an die Stadtverwaltung und die Fraktionen der Stadtvertretung gewandt. Im Kontext

  • Veröffentlicht April 15, 2020
Leere Hotelzimmer aufgrund der Corona-Krise. Hoteliers in Schwerin stehen am Rand ihrer Existenz. | Foto: Symbolbild

Am gestrigen Dienstag berichteten wir über ein Schreiben von 26 Hoteliers der Stadt Schwerin. Sie hatten sich dabei konkret an die Stadtverwaltung und die Fraktionen der Stadtvertretung gewandt. Im Kontext der noch immer geltenden Maßnahmen zur Verlangsamung der Ausbreitung des Corona-Virus sehen die Unternehmer ihre meist inhabergeführten Häuser stark bis massiv existenzgefährdet. Als einer der Unterzeichner hatte Raimund Brandner, Inhaber des Bio-Hotels Amadeus, im Nachgang Stadtverwaltung und Fraktionen kritisiert. Niemand habe auf das Schreiben geantwortet. Auf Nachfrage unserer Redaktion bestätigte er dies am Montag nochmals.

 

Auf der Facebookseite von Dr. Rico Badenschier, Oberbürgermeister Schwerin, übte Raimund Brandner Kritik. | Foto: Screenshot

Hoteliers hatten sich an Politik und Verwaltung gewandt

Raimund Brandner hatte am Karfreitag mit einem öffentlichen Post diese Situation auf der Facebookseite von Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier angeprangert. Nun zeichnet sich aber doch ab, dass das Schreiben durchaus die Adressaten erreicht und auch bewegt hat. Dabei lief eine erste politische Reaktion scheinbar parallel zur Kritik des Hoteliers. Und auch die Frage einer Reaktion der Stadtverwaltung stellt sich zumindest etwas differenzierter dar, als der Post bislang den Anschein machte.

Ganz ohne Reaktion war das Schreiben wohl doch nicht

Martin Neuhaus, Stadtvertreter und Mitglied der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, informierte unsere Redaktion, dass er sich scheinbar fast zeitgleich zu den kritischen Darstellungen u.a. mit einer ausführlichen schriftlichen Antwort an Brandner gewandt hatte. Zudem hatte Neuhaus, der auch Mitglied im Wirtschaftsausschuss Schwerin ist, vorher schon „mit ihm alle Themen mehrfach ausführlich durchtelefoniert“.  In der schriftlichen Reaktion teilt Neuhaus den Unterzeichnern mit, dass die Grünen-Fraktion in Schwerin die Befürchtungen und Sorgen der Branche absolut erkennt. Auch die Bedeutung der Unternehmen für Schwerin sei ohne Frage groß. 


„Der Einbruch der Hotel- und Gastroszene Schwerins wäre nicht zu verschmerzen – nicht nur, weil Ihr auch für die Lebensqualität in unserer Stadt steht, sondern, weil viele Einzelschicksale mit Euch verbunden sind – sowohl auf Arbeitnehmer wie auch auf Arbeitgeberseite. Eure Arbeit ist ein unverzichtbarer Wirtschaftsfaktor.“ 
(Martin Neuhaus, Fraktion B90/Die Grünen, Schwerin)

 

Martin Neuhaus (Grüne), Stadtvertreter und Mitglied im Wirtschaftsausschuss | Foto: grsn.de / Schwerin

Auch Ältestenrat und Verwaltung berieten die Situation und einige Ideen

Neuhaus schildert in diesem Zusammenhang, dass die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Regina Dorfmann, in Telefonkonferenzen des Ältestenrats der Stadtvertretung die Thematik des Hotel- und Gaststättengewerbes konkret angesprochen habe. Dabei seien im Einzelnen auch die im Schreiben dargestellte Forderungen sowie weitere Ideen zur Sprache gekommen. Eine Stundung beziehungsweise ein Erlass der Gewerbe- und Bettensteuer sei „nach Information der Verwaltung […] – nach Prüfung eines Einzelfalls – möglich.“ Eine gänzliche Abschaffung der Bettensteuer aber müsse dabei definitiv die gesamte Stadtvertretung diskutieren und beschließen. Dies ist derzeit so nicht möglich. 

 

Steuerstundungen sind möglich, Steuererlass in extremer Notlage ebenfalls

Eine Aussage, die Wirtschaftsdezernent Bernd Nottebaum auf Nachfrage gegenüber der Redaktion von schwerin-lokal bestätigte. Demnach könnten die Hotelliers und Gastronomen der Stadt Schwerin Anträge auf Stundung der beiden Steuern stellen. Diese „prüft die Verwaltung in jedem Fall definitiv wohlwollend“, sagte der Dezernent sofort zu. Auch sei ein Antrag auf kompletten Erlass möglich. Dieser aber muss detailliert begründet sein. Die Stadt kann und will diesen Anträgen auch entsprechen, wenn tatsächlich eine nachgewiesene akute Existenzgefährdung vorliegt. Hinsichtlich einer gänzlichen Abschaffung der Steuer verwies Bernd Nottebaum darauf, dass deren Einführung wie auch eventuelle Abschaffung letztlich eine Entscheidung der Stadtvertretung und somit der Politik ist. 

Blickt man auf die Forderungen beispielsweise der CDU-Fraktion von vor wenigen Wochen, scheint es durchaus Befürworter einer solchen Abschaffung zu geben. 

Stundung und ggf. Erlass von Gewerbemieten in kommunalen Objekten wohl ebenfalls möglich

In seinem Schreiben an die Absender des Briefes führt Martin Neuhaus weiter aus, dass die Fraktion der Grünen auch eine Stundung bzw. einen Erlass von Gewerbemieten in kommunalen Objekten angeregt habe. Dies sei nun in Einzelfällen sogar möglich. In Bezug auf schnelle Bearbeitung von Kurzarbeitergeldern sowie die 100%ige Absicherung der KfW-Kredite verweist Neuhaus auf Land und Bund. Denn dort liegt die jeweilige Zuständigkeit. Dennoch aber wolle man das Thema weiter ansprechen. 

 

Bernd Nottebaum, Wirtschaftsdezernent in Schwerin, | Foto: SIS / Christoph Müller

Land sieht keine Möglichkeit für stadteigenen Nothilfefonds – Dezernent erinnert an Gleichbehandlung

Angeregt hatten die Hoteliers und Gastronomen auch die Einrichtung eines Nothilfefonds der Stadt: Dieser hätte nach Betten- und Platzanzahl ausgeschüttet werden können. Hier sagt Neuhaus, dass das Land die Gewährung eines solchen Fonds durch die Stadt mit Blick auf die hohe Verschuldung von Schwerin verweigert. Dezernent Bernd Nottebaum aber sieht ein zusätzliches Problem. „Wenn ein solcher Fonds, dann doch für alle. Also für jedes Unternehmen in Schwerin, dass dadurch die Corona-Maßnahmen betroffen ist.“ Dies zu leisten, das aber übersteigt in jedem Fall die Mittel der Stadt. Hier sind und bleiben der Bund und das Land in der Pflicht. 

Gespräche mit der Branche schon vor dem „Brandbrief“ vom 30. März

Ebenso wie Neuhaus verweist auch Nottebaum mit Blick auf Brandners Kritik darauf, dass es schon im Vorfeld des Schreibens Gespräche zur Situation der Hotels und Gastronomien in Schwerin in Zeiten der Corona-Maßnahmen gegeben habe. Ganz konkret seien die im Schreiben der 26 Unterzeichner benannten Punkte schon im Vorfeld in einer Telefonkonferenz, an der auch Raimund Brandner teilnahm, diskutiert worden. Dabei habe die Stadt Schwerin ihre Situation und Überlegungen auch schon dargestellt.

Dezernent sagt eine Antwort auf Schreiben vom 30. März zu

Damit ändert sich natürlich auch ein klein wenig der Blick darauf, dass, wie es Raimund Brandner noch Montag erklärte, niemand auf das Schreiben vom 30. März reagiert habe. Natürlich ist es absolut nachvollziehbar, dass die Situation mit jedem Tag schwieriger wird. Aber der zumindest mitschwingend mögliche Eindruck, Hoteliers und Gastronomen in Schwerin stünden allein da, bestätigt sich offenbar nicht. Bernd Nottebaum sagte gegenüber unserer Redaktion von schwerin-lokal in diesem Zusammenhang gestern aber auch zu, dass die Stadt nun dennoch nochmals eine detaillierte Antwort auf das Schreiben vom 30. März erstellen und den Absendern zukommen lassen möchte. Und vielleicht melden sich ja auch die anderen Fraktionen noch dazu bei den Unternehmern. Eventuell haben sie es inzwischen ja auch schon getan. 

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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