Mi, 23. April 2025
Close

Schwerin: Schreiben der Hoteliers nicht ganz reaktionslos

Am gestri­gen Dien­stag berichteten wir über ein Schreiben von 26 Hote­liers der Stadt Schw­erin. Sie hat­ten sich dabei konkret an die Stadtver­wal­tung und die Frak­tio­nen der Stadtvertre­tung gewandt. Im Kon­text

  • Veröffentlicht April 15, 2020
ANZEIGE
Leere Hotelz­im­mer auf­grund der Coro­na-Krise. Hote­liers in Schw­erin ste­hen am Rand ihrer Exis­tenz. | Foto: Sym­bol­bild

Am gestri­gen Dien­stag berichteten wir über ein Schreiben von 26 Hote­liers der Stadt Schw­erin. Sie hat­ten sich dabei konkret an die Stadtver­wal­tung und die Frak­tio­nen der Stadtvertre­tung gewandt. Im Kon­text der noch immer gel­tenden Maß­nah­men zur Ver­langsamung der Aus­bre­itung des Coro­na-Virus sehen die Unternehmer ihre meist inhab­erge­führten Häuser stark bis mas­siv exis­ten­zge­fährdet. Als ein­er der Unterze­ich­n­er hat­te Raimund Brand­ner, Inhab­er des Bio-Hotels Amadeus, im Nach­gang Stadtver­wal­tung und Frak­tio­nen kri­tisiert. Nie­mand habe auf das Schreiben geant­wortet. Auf Nach­frage unser­er Redak­tion bestätigte er dies am Mon­tag nochmals.

 

Auf der Face­book­seite von Dr. Rico Baden­schi­er, Ober­bürg­er­meis­ter Schw­erin, übte Raimund Brand­ner Kri­tik. | Foto: Screen­shot

Hoteliers hatten sich an Politik und Verwaltung gewandt

Raimund Brand­ner hat­te am Kar­fre­itag mit einem öffentlichen Post diese Sit­u­a­tion auf der Face­book­seite von Ober­bürg­er­meis­ter Dr. Rico Baden­schi­er angeprangert. Nun zeich­net sich aber doch ab, dass das Schreiben dur­chaus die Adres­sat­en erre­icht und auch bewegt hat. Dabei lief eine erste poli­tis­che Reak­tion schein­bar par­al­lel zur Kri­tik des Hote­liers. Und auch die Frage ein­er Reak­tion der Stadtver­wal­tung stellt sich zumin­d­est etwas dif­feren­ziert­er dar, als der Post bis­lang den Anschein machte.

Ganz ohne Reaktion war das Schreiben wohl doch nicht

Mar­tin Neuhaus, Stadtvertreter und Mit­glied der Frak­tion Bünd­nis 90/Die Grü­nen, informierte unsere Redak­tion, dass er sich schein­bar fast zeit­gle­ich zu den kri­tis­chen Darstel­lun­gen u.a. mit ein­er aus­führlichen schriftlichen Antwort an Brand­ner gewandt hat­te. Zudem hat­te Neuhaus, der auch Mit­glied im Wirtschaft­sauss­chuss Schw­erin ist, vorher schon „mit ihm alle The­men mehrfach aus­führlich durchtele­foniert”.  In der schriftlichen Reak­tion teilt Neuhaus den Unterze­ich­n­ern mit, dass die Grü­nen-Frak­tion in Schw­erin die Befürch­tun­gen und Sor­gen der Branche abso­lut erken­nt. Auch die Bedeu­tung der Unternehmen für Schw­erin sei ohne Frage groß. 


„Der Ein­bruch der Hotel- und Gas­troszene Schw­erins wäre nicht zu ver­schmerzen – nicht nur, weil Ihr auch für die Leben­squal­ität in unser­er Stadt ste­ht, son­dern, weil viele Einzelschick­sale mit Euch ver­bun­den sind – sowohl auf Arbeit­nehmer wie auch auf Arbeit­ge­ber­seite. Eure Arbeit ist ein unverzicht­bar­er Wirtschafts­fak­tor.” 
(Mar­tin Neuhaus, Frak­tion B90/Die Grü­nen, Schw­erin)

 

Mar­tin Neuhaus (Grüne), Stadtvertreter und Mit­glied im Wirtschaft­sauss­chuss | Foto: grsn.de / Schw­erin

Auch Ältestenrat und Verwaltung berieten die Situation und einige Ideen

Neuhaus schildert in diesem Zusam­men­hang, dass die Frak­tionsvor­sitzende der Grü­nen, Regi­na Dorf­mann, in Tele­fonkon­feren­zen des Ältesten­rats der Stadtvertre­tung die The­matik des Hotel- und Gast­stät­tengewerbes konkret ange­sprochen habe. Dabei seien im Einzel­nen auch die im Schreiben dargestellte Forderun­gen sowie weit­ere Ideen zur Sprache gekom­men. Eine Stun­dung beziehungsweise ein Erlass der Gewerbe- und Bet­ten­s­teuer sei „nach Infor­ma­tion der Ver­wal­tung […] – nach Prü­fung eines Einzelfalls – möglich.” Eine gän­zliche Abschaf­fung der Bet­ten­s­teuer aber müsse dabei defin­i­tiv die gesamte Stadtvertre­tung disku­tieren und beschließen. Dies ist derzeit so nicht möglich. 

 

Steuerstundungen sind möglich, Steuererlass in extremer Notlage ebenfalls

Eine Aus­sage, die Wirtschafts­dez­er­nent Bernd Not­te­baum auf Nach­frage gegenüber der Redak­tion von schw­erin-lokal bestätigte. Dem­nach kön­nten die Hotel­liers und Gas­tronomen der Stadt Schw­erin Anträge auf Stun­dung der bei­den Steuern stellen. Diese „prüft die Ver­wal­tung in jedem Fall defin­i­tiv wohlwol­lend”, sagte der Dez­er­nent sofort zu. Auch sei ein Antrag auf kom­plet­ten Erlass möglich. Dieser aber muss detail­liert begrün­det sein. Die Stadt kann und will diesen Anträ­gen auch entsprechen, wenn tat­säch­lich eine nachgewiesene akute Exis­ten­zge­fährdung vor­liegt. Hin­sichtlich ein­er gän­zlichen Abschaf­fung der Steuer ver­wies Bernd Not­te­baum darauf, dass deren Ein­führung wie auch eventuelle Abschaf­fung let­ztlich eine Entschei­dung der Stadtvertre­tung und somit der Poli­tik ist. 

Blickt man auf die Forderun­gen beispiel­sweise der CDU-Frak­tion von vor weni­gen Wochen, scheint es dur­chaus Befür­worter ein­er solchen Abschaf­fung zu geben. 

Stundung und ggf. Erlass von Gewerbemieten in kommunalen Objekten wohl ebenfalls möglich

In seinem Schreiben an die Absender des Briefes führt Mar­tin Neuhaus weit­er aus, dass die Frak­tion der Grü­nen auch eine Stun­dung bzw. einen Erlass von Gewerbe­mieten in kom­mu­nalen Objek­ten angeregt habe. Dies sei nun in Einzelfällen sog­ar möglich. In Bezug auf schnelle Bear­beitung von Kurzarbeit­ergeldern sowie die 100%ige Absicherung der KfW-Kred­ite ver­weist Neuhaus auf Land und Bund. Denn dort liegt die jew­eilige Zuständigkeit. Den­noch aber wolle man das The­ma weit­er ansprechen. 

 

Bernd Not­te­baum, Wirtschafts­dez­er­nent in Schw­erin, | Foto: SIS / Christoph Müller

Land sieht keine Möglichkeit für stadteigenen Nothilfefonds – Dezernent erinnert an Gleichbehandlung

Angeregt hat­ten die Hote­liers und Gas­tronomen auch die Ein­rich­tung eines Nothil­fe­fonds der Stadt: Dieser hätte nach Bet­ten- und Platzan­zahl aus­geschüt­tet wer­den kön­nen. Hier sagt Neuhaus, dass das Land die Gewährung eines solchen Fonds durch die Stadt mit Blick auf die hohe Ver­schul­dung von Schw­erin ver­weigert. Dez­er­nent Bernd Not­te­baum aber sieht ein zusät­zlich­es Prob­lem. „Wenn ein solch­er Fonds, dann doch für alle. Also für jedes Unternehmen in Schw­erin, dass dadurch die Coro­na-Maß­nah­men betrof­fen ist.” Dies zu leis­ten, das aber über­steigt in jedem Fall die Mit­tel der Stadt. Hier sind und bleiben der Bund und das Land in der Pflicht. 

Gespräche mit der Branche schon vor dem „Brandbrief” vom 30. März

Eben­so wie Neuhaus ver­weist auch Not­te­baum mit Blick auf Brand­ners Kri­tik darauf, dass es schon im Vor­feld des Schreibens Gespräche zur Sit­u­a­tion der Hotels und Gas­tronomien in Schw­erin in Zeit­en der Coro­na-Maß­nah­men gegeben habe. Ganz konkret seien die im Schreiben der 26 Unterze­ich­n­er benan­nten Punk­te schon im Vor­feld in ein­er Tele­fonkon­ferenz, an der auch Raimund Brand­ner teil­nahm, disku­tiert wor­den. Dabei habe die Stadt Schw­erin ihre Sit­u­a­tion und Über­legun­gen auch schon dargestellt.

Dezernent sagt eine Antwort auf Schreiben vom 30. März zu

Damit ändert sich natür­lich auch ein klein wenig der Blick darauf, dass, wie es Raimund Brand­ner noch Mon­tag erk­lärte, nie­mand auf das Schreiben vom 30. März reagiert habe. Natür­lich ist es abso­lut nachvol­lziehbar, dass die Sit­u­a­tion mit jedem Tag schwieriger wird. Aber der zumin­d­est mitschwin­gend mögliche Ein­druck, Hote­liers und Gas­tronomen in Schw­erin stün­den allein da, bestätigt sich offen­bar nicht. Bernd Not­te­baum sagte gegenüber unser­er Redak­tion von schw­erin-lokal in diesem Zusam­men­hang gestern aber auch zu, dass die Stadt nun den­noch nochmals eine detail­lierte Antwort auf das Schreiben vom 30. März erstellen und den Absendern zukom­men lassen möchte. Und vielle­icht melden sich ja auch die anderen Frak­tio­nen noch dazu bei den Unternehmern. Eventuell haben sie es inzwis­chen ja auch schon getan. 

 

  • Stephan Haring

    Stephan Har­ing ist freier Mitar­beit­er unser­er dig­i­tal­en Tageszeitung. Er hat ein Bach­e­lor-Studi­um der Kom­mu­nika­tion­swis­senschaften an der Uni­ver­sität Erfurt mit den Neben­fäch­ern Sozial­wis­senschaften & Poli­tik absolviert. Im Nach­hinein arbeit­ete er in lei­t­en­den Funk­tio­nen der Presse- & Öffentlichkeit­sar­beit, im Leitungs­bere­ich eines Unternehmens sowie als Rek­tor ein­er pri­vat geführten Hochschule. Zudem entwick­elte, organ­isierte und real­isierte er mit der durch ihn entwick­el­ten LOOK ein Fash­ion­event in Schw­erin. Heute arbeit­et er freiberu­flich als Tex­ter, Press­esprech­er und Tex­tko­r­rek­tor sowie als Berater in ver­schiede­nen Pro­jek­ten. In einem Schw­er­iner Orts­beirat ist er zudem ehre­namtlich als Vor­sitzen­der kom­mu­nalpoli­tisch aktiv.

    Alle Beiträge anse­hen

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert