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Schwerin: Sommermuseum barrierefrei verlängert

Mit klaren Worten hatten die amtierende Vorsitzende des Schweriner Behindertenbeirates, Angelika Stoof, und auch die Fraktion der Unabhängigen Bürger die fehlende Barrierefreiheit im Sommermuseum kritisiert. Die wiederholt groß gefeierte Ausstellung

  • Veröffentlicht August 28, 2019
Das Säulengebäude Schwerin (Foto: LHS)

Mit klaren Worten hatten die amtierende Vorsitzende des Schweriner Behindertenbeirates, Angelika Stoof, und auch die Fraktion der Unabhängigen Bürger die fehlende Barrierefreiheit im Sommermuseum kritisiert. Die wiederholt groß gefeierte Ausstellung im Säulengebäude auf dem Markt ist für die meisten behinderten Menschen nicht nutzbar.

 

Verwaltung mit Versuch einer Rechtfertigung

 

Zuletzt hatte die Stadtverwaltung die Schärfe der Kritik zurückgewiesen. Man wies darauf hin, dass schließlich keinerlei finanzielle Mittel zur Verfügung gestanden hätten. Die gesamte Ausstellung wurde schließlich durch ehrenamtliches Engagement realisiert. Außerdem, so hieß es in der Darstellung der Stadt, handele es sich ohnehin nur um eine befristete Ausstellung für 6 Wochen. Und selbst wenn eine barrierefreie Erreichbarkeit des Eingangs realisiert worden wäre, hätten die behinderten Menschen ohnehin den Ausstellungsteil im Obergeschoss nicht nutzen können. Denn auch dieses ist nicht barrierefrei erreichbar. Zuletzt verwies man darauf, dass der Lift an der Treppenseite des Gebäudes bereits seit 2012 defekt und nicht mehr reparabel sei. Erwähnt werden sollte in diesem Zusammenhang, dass sich das Gebäude im Eigentum der Stadt Schwerin befindet.

Diese Reaktion der Verwaltung klang durchaus so, als müssten die behinderten Menschen Schwerins und auch die gehandicapten Gäste der Stadt halt akzeptieren, dass diese Ausstellung für sie nicht erreichbar ist.

 

Drei barrierefreie Zusatztage

 

Nun plötzlich rudert man im Kulturbüro aber zurück. Aus der Auswahl der im Säulengebäude präsentierten Ausstellungsstücke soll nun eine erneute Auswahl voraussichtlich vom 6. Oktober bis zum 8. Oktober im Schleswig-Holstein-Haus präsentiert werden. Ganze drei Tage also räumt man den behinderten Menschen Schwerins ein, zumindest einen Auszug aus der gefeierten Ausstellung zu sehen. „Begleitend werden täglich mehrere Vorträge zu stadtgeschichtlichen Themen gehalten. Ausgesuchte Objekte werden ausführlich besprochen und in ihren stadtgeschichtlichen Zusammenhang eingeordnet. Es wird die Möglichkeit geben, einige Objekte zu berühren und zu ertasten. Dabei wird natürlich auch die eine oder andere Anekdote aus vergangenen Zeiten erzählt“, so der Leiter des Kulturbüros Dirk Kretzschmar. Ergänzt, das ist ein tatsächlicher Gewinn, werden diese drei Tage von einem Rahmenprogramm. Dieses wird aktuell entwickelt. Begleitet wird die Planung durch die Behindertenbeauftragte Schwerins, Ines Hennings.

 

 

Kommentar 

Aber nun einmal ganz ehrlich: Ja, es ist gut, wichtig und richtig, dass die Verwaltung nach der berechtigten Kritik an der fehlenden Barrierefreiheit ihres diesjährigen Vorzeigeprojektes einlenkt. Das steht außer Frage. Aber ist es nicht eigentlich ein trauriger Umstand, dass erst diese Kritik erforderlich war? Weil man eben nicht an diejenigen dachte, die auf Barrierefreiheit angewiesen sind. Eingeladen zur Eröffnung im Säulengebäude war ganz Schwerin. Nirgends vorab ein Hinweis auf Einschränkungen oder gar mangelnde Barrierefreiheit. Nirgends auch eine Entschuldigung dafür – nicht im Vorhinein und auch bis heute nicht. Dafür äußerst fragwürdige Argumentationsversuche. Natürlich kann im Eifer des Gefechts auch ein Fehler passieren. In diesem Fall zwar einer, der einer Verwaltung nicht passieren darf, aber wir sind alle Menschen. Nur wäre da eine Entschuldigung anstelle im Ergebnis peinlicher Rechtfertigungen nicht das Mindestmaß an erforderlicher Reaktion gewesen?

Und natürlich ist es gut, dass nun für drei Tage im barrierefreien Schleswig-Holstein-Haus für eine zeitliche Verlängerung der Ausstellung geplant ist. Aber das ist kein wirklicher Grund zur Freude – und schon gar nichts, wofür sich jemand feiern lassen sollte. Die gesunden Menschen haben sechs Wochen Zeit, eine vollständige Ausstellung zu sehen und zu erleben. Diejenigen, die es ohnehin schwieriger haben, bekommen drei Tage. Und dann auch nur die abgespeckte Version der Ausstellung. Ja, ergänzt um zusätzliche Programmpunkte. Aber das darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass man ganz offensichtlich in der Euphorie einer Idee diejenigen vergessen hat, die es ohnehin schwerer haben, Beachtung zu finden.

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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