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Schwerin: Sparkassenfusion behält Beigeschmack

Auf der letzten Sitzung der Stadtvertretung Schwerin am 24. August 2020 stand unter Tagesordnungspunkt 43 die Fusion der Sparkassen Mecklenburg-Schwerin und Parchim Lübz zur Abstimmung. Mit 23 zu 17 Stimmen fand

  • Veröffentlicht September 29, 2020
Die Sparkassenfusion beschäftigte die Stadtvertretung Schwerin ein zweites Mal. | Foto: Symbolbild

Auf der letzten Sitzung der Stadtvertretung Schwerin am 24. August 2020 stand unter Tagesordnungspunkt 43 die Fusion der Sparkassen Mecklenburg-Schwerin und Parchim Lübz zur Abstimmung. Mit 23 zu 17 Stimmen fand die Vorlage eine Mehrheit. Wenn auch keine besonders satte. Damit machte die Politik der Landeshauptstadt den Weg frei für die geplante Fusion. Aus Parchim kamen unerwartet andere Signale. Dort sagte man zuerst „Nein“, dann doch „Ja“. Der Landkreis hatte seinerseits zwischenzeitlich und einseitig kleinere Änderungen am eigentlich von allen Partnern in gleicher Form zu beschließenden Vertrag vorgenommen.

 

Kurzfristiger Beschluss erforderlich, daher Dringlichkeit

Spätestens diese Entwicklungen nahm die Fraktion der Unabhängigen Bürger (UB) Schwerin nun zum Anlass, am gestrigen Montagabend mit einem Dringlichkeitsantrag die Thematik nochmals auf die Tagesordnung der Stadtvertretung zu bringen. Schon im August hatten die Unabhängigen Bürger Schwerin gegen die Fusion gestimmt. Dies machte die Fraktion im Nachhinein öffentlich (wir berichteten). Das Ziel gestern: Eine Neuverhandlung des Fusionsvertrags. Die Dringlichkeit war vor allem deshalb gegeben, da heute die entscheidende Verbandsversammlung den Weg für die Fusion ebnen soll. Ein „Nein“ aus Schwerin in letzter Sekunde hätte hier spürbar Sand ins Getriebe gebracht. Ein entscheidendes Problem aus Sicht der UB war, dass der Landkreis unter anderem nach dem Beschluss in Schwerin als neue Vorgabe definierte, welche Filialen herausgehobene Funktionen für Vertrieb und Stabs-/Betriebsbereiche haben sollen oder wer welche Führungsfunktionen übernehmen soll. Danach übrigens stimmte dann auch die Parchimer Stadtvertretung in besagter zweiter Abstimmung zu.

 

„Nach Abstimmung der Stadtvertretung gab es neue Erkenntnisse“

„Jetzt liegen [damit] voneinander abweichende Voten der Träger vor. Offenbar geht man im Landkreis davon aus, dass Schwerin die Fusion nur formal abnicken soll. Wir von der UB-Fraktion sind allerdings anderer Meinung. Die Fusion muss grundlegend nachverhandelt werden und zwar so, dass Landeshauptstadt und Landkreis paritätisch Träger der neuen Sparkasse werden“, so Horn. In der gegenwärtigen geplanten Vertragslage ist Schwerin nur noch mit 40 Prozent, also „nicht auf Augenhöhe“, beteiligt. Über diese Kritikpunkte hinaus stießen auch im Nachhinein bekannt gewordene Planungen zu Veränderungen am Filialnetz auf Verärgerung bei den UB. „Es stehen 6 Filialen zur Disposition, davon 5 im Landkreis und in Schwerin die Filiale am Platz der Freiheit. Unseres Erachtens ist die als Zielstellung ausgegebene ‚Versorgungssicherheit‘ nicht erreichbar, wenn Filialen in nennenswertem Umfang geschlossen oder in SB-Terminals umgewandelt werden“, erklärte Horn.

 

UB-Antrag stieß zumindest auf viele offene Ohren

In der Debatte am Abend zeigte sich, dass die Argumente der UB-Fraktion durchaus auf zahlreiche offene Ohren stießen. So kamen von Seiten des Linken-Politikers Dr. Daniel Trepsdorf kritische Worte hinsichtlich der im Raum stehenden Filialschließungen bzw. -umwandlungen in reine SB-Zentren. Gerade im ländlichen Raum hätten Sparkassen eine zusätzliche soziale Funktion – auch über den reinen Bankbetrieb hinaus. Der ehemalige Oberbürgermeister Schwerins und heutige Stadtvertreter Norbert Clausen (CDU) unterstützte mit einer sehr kritischen und differenzierten Rede, entgegen der Meinung seiner CDU/FDP-Fraktion, den UB-Antrag.

 

Warum ließ Verwaltung im August nicht-öffentlich abstimmen?

Er wies, wie auch Dr. Trepsdorf und andere Redner, zudem auf die Widersprüchlichkeit hin, dass noch im August ein und dasselbe Thema nicht öffentlich behandelt werden musste, nun aber plötzlich eine öffentliche Diskussion möglich war. Schon im August hätte man öffentlich beraten und abstimmen müssen. Da aber fand die Diskussion nach entsprechender Einstufung seitens der Stadtverwaltung ohne Öffentlichkeit statt. Schützenswerte Interessen Dritter würden berührt, so gestern die Begründung von Oberbürgermeister Dr. Rico Badenschier für die vor ein paar Wochen getroffene Entscheidung. Daher blieben die Türen für die Schwerinerinnen und Schweriner im August geschlossen. Dass dies vermutlich im Transparenzgedanken nicht sinnvoll aber vor allem auch nicht notwendig war, wird mit einem Blick auf den Kreistag Ludwigslust-Parchim deutlich. Dort nämlich fanden Debatte und Abstimmung von vorn herein öffentlich statt.

 

Abstimmung wirft Fusion keine Steine in den Weg

Letztlich stimmte gestern Abend dann aber doch wieder eine Mehrheit der Stadtvertretung Schwerin für die Fusion und gegen den UB-Antrag. Mit 18 zu 24 Stimmen mussten sich die Befürworter neuer Verhandlungen geschlagen geben. Nun ist heute der Weg für eine Fusion der beiden Sparkassen frei – eine Fusion mit Beigeschmack.

 

Written By
Stephan Haring

Stephan Haring ist freier Mitarbeiter unserer digitalen Tageszeitung. Er hat ein Bachelor-Studium der Kommunikationswissenschaften an der Universität Erfurt mit den Nebenfächern Sozialwissenschaften & Politik absolviert. Im Nachhinein arbeitete er in leitenden Funktionen der Presse- & Öffentlichkeitsarbeit, im Leitungsbereich eines Unternehmens sowie als Rektor einer privat geführten Hochschule. Zudem entwickelte, organisierte und realisierte er mit der durch ihn entwickelten LOOK ein Fashionevent in Schwerin. Heute arbeitet er freiberuflich als Texter, Pressesprecher und Textkorrektor sowie als Berater in verschiedenen Projekten. In einem Schweriner Ortsbeirat ist er zudem ehrenamtlich als Vorsitzender kommunalpolitisch aktiv.

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