Schwerin: Wird der Klimanotstand ausgerufen?
Stand November 2019 hatten laut Bundesumweltamt deutschlandweit 64 Kommunen den sogenannten „Klimanotstand” ausgerufen (Quelle: DIE ZEIT). Seit her ist eventuell noch die eine oder andere hinzu gekommen. Sehr unterschiedliche Konsequenzen

Stand November 2019 hatten laut Bundesumweltamt deutschlandweit 64 Kommunen den sogenannten „Klimanotstand” ausgerufen (Quelle: DIE ZEIT). Seit her ist eventuell noch die eine oder andere hinzu gekommen. Sehr unterschiedliche Konsequenzen sind in den einzelnen Gebietskörperschaften mit dieser Entscheidung verbunden. Die einen erlegen sich sehr strikte Selbstverpflichtungen und klare Handlungsvorgaben und Entwicklungszeile auf. Andere sehen lediglich eine Prüfung bei Entscheidungen thematisch speziell vorgegebener Bereiche auf Klimaauswirkungen vor.
SPD-Fraktion hatte Antrag zu Klimanotstand eingebracht
Auf Antrag der SPD-Fraktion in der Stadtvertretung soll auch Schwerin diesen Schritt gehen. Bereits im Spätsommer des vergangenen Jahres brachten die Sozialdemokraten den entsprechenden Antrag ein. Dieser wurde dann in verschiedenen Gremien – nicht aber in den Ortsbeiräten – beraten und diskutiert. Herausgekommen sind dabei zwei Anträge, jeweils von mehreren Fraktionen getragen. Sie sollen den Ursprungsantrag ersetzen.
Weitaus ambitionierterer Antrag sieht weiter Ausrufung des Klimanotstands vor
Dabei zeichnet der Antrag der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen, Die Partei.Die Linke, SPD sowie der fraktionslosen Abgeordneten Jana Wolff (ASK) das sicherlich weitreichendere Szenario. Weiterhin ist dort von der Ausrufung des „Klimanotstandes” die Rede. Dieser Schritt wird als „deutliches Zeichen, dass die bisherige städtische Klimapolitik weiterentwickelt werden muss” bezeichnet. Es sind personelle wie organisatorische Bedingungen zur beschlossenen CO2-Reduktion zu schaffen und Schwerin bis 2035 klimaneutral auszurichten. Ferner sollen die beschlossene Umsetzung des Integrierten Klimaschutzkonzepts Schwerin forciert sowie werden. Stadtvertretung und Öffentlichkeit wären „über die Fortschritte und Schwierigkeiten bei der Umsetzung des Integrierten Klimaschutzkonzepts der Landeshauptstadt zu informieren und entsprechende Konsequenzen daraus zu ziehen.”

Zudem gelt es, Bürgerbeteiligungsmodelle unter Einbeziehung von Kindern und Jugendlichen zu installieren. Zudem bezieht dieser Antrag auch die städtischen Beteiligungen – also die zahlreichen Unternehmen der Stadt – mit ein. Auch von ihnen wird ein stärkeres Klimaschutzengagement gefordert. Auch sie sollen jährlich darüber berichten. Die Verwaltung müsste nach diesem Antrag zudem in Beschlussvorlagen Auswirkungen auf die Klimabilanz Schwerins benennen und Entscheidungen bevorzugen, die zugunsten von Klima‑, Umwelt- und Artenschutz ausfallen. Abschließend ist bis Ende 2020 ein Energiekonzept für Schwerin zu erarbeiten. Dieses soll eine 100-prozentige Versorgung der Energieversorgung Schwerins durch erneuerbare Energien im Jahr 2035 als Zielstellung haben.
Offener gehaltener Antrag auch mit weiter mutigen Zielvorgaben
Vermutlich etwas mehr gestalterischen Spielraum lässt der Antrag von CDU/FDP und Unabhängigen Bürgern (UB) zu. Zumindest sieht dieser zwar auch die Darstellung der Klimabilanz-Auswirkungen von Beschlussvorlagen seitens der Verwaltung vor. Es wird aber keine zwangsweise Priorisierung von Klima‑, Umwelt- und Artenschutz festgeschrieben. Damit wählen diese Fraktionen den etwas offeneren Weg, wie ihn eben auch zahlreiche Kommunen in Deutschland bereits erfolgreich gehen. Darüber hinaus fordert auch dieser Antrag die beschlossene Umsetzung des Klimaschutzkonzeptes Schwerins, sowie die jährliche Information von Stadtvertretung und Öffentlichkeit in Bezug auf Schwierigkeiten und Fortschritte der Umsetzung.
Auch CDU/FDP und UB fordern zudem die Einbeziehung und jährliche Berichterstattung der städtischen Unternehmen und Beteiligungen. In Bezug auf die beschlossene Reduktion von CO2 bis zum Jahr 2025 sowie der CO2-Neutralität bis 2035 wird der Oberbürgermeister mit der Prüfung beauftragt, ob und wie dies umgesetzt werden kann. Auch dieser Antrag fordert ein Energiekonzept bis Ende 2020, dass bis 2035 eine 100-prozentige Versorgung der Landeshauptstadt durch erneuerbare Energien realisieren soll.

Hintergrund „Klimanotstand”
Als erste Kommune in Deutschland hatte sich Konstanz im Mai 2019 zur Ausrufung des „Klimanotstands” entschieden. Dort, wie auch in nahezu allen anderen Kommunen, die ähnliche Beschlüsse fassten, sind unterschiedlich weitreichende Zielvorgaben und Eingriffe in bislang weit offene Handlungsspielräume verbunden. Alle gemeinsam eint das Ziel, die gesellschaftlichen Kräfte zu bündeln, um sofort und entschlossen im Sinne des Klimaschutzes zu agieren.
Grundsätzlich entstammt das deutsche Wort „Klimanotstand” dem englischen Begriff „Climate Emergency”. In seiner Herkunftsregion Australien stellte dies allerdings nicht die Begriffsproblematik dar, wie es nun in Deutschland der Fall ist. Denn hier ist der Begriff des „Notstands” durchaus bereits auch rechtlich belegt. Wird ein solcher im herkömmlich geltenden Rahmen auf dem vorgesehenen Weg festgestellt, können Bürgerrechte außer Kraft gesetzt werden. Dies ist im Fall der Ausrufung des „Klimanotstands” nicht der Fall. Dieser Schritt hat eben keine rechtlichen Konsequenzen. Darauf verweist auch der Deutsche Städte – und Gemeindebund ausdrücklich. Es ist genau genommen ein symbolischer Akt.