Sa, 8. Februar 2025
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Übergewichtigkeit als Krankheit anerkennen:
Bundestagsabgeordnete im Gespräch mit der Schweriner Selbsthilfegruppe

Die Adipositas-Selbsthilfegruppe Schwerin traf sich mit der Bundestagsabgeordneten Simone Borchardt, um über die Herausforderungen von Übergewichtigen und die dringend notwendige Unterstützung durch Politik und Krankenkassen zu sprechen.

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  • Veröffentlicht September 18, 2024
Die Adipositas Selbsthilfegruppe aus Schwerin trifft sich mit der CDU Bundestagsabgeordneten Simone Borchardt
Vertreter der  Adi­posi­tas-Selb­sthil­fe­gruppe trafen sich mit der Bun­destagsab­ge­ord­neten Simone Bor­chardt. Foto: Ste­fan Rochow

 

Die Adi­posi­tas-Selb­sthil­fe­gruppe Schw­erin disku­tierte am gestri­gen Dien­stag mit der Bun­destagsab­ge­ord­neten Simone Bor­chardt (CDU) über die Her­aus­forderun­gen, mit denen stark übergewichtige Men­schen kon­fron­tiert sind. Schw­er­punk­te des Gesprächs waren die medi­zinis­che Ver­sorgung, die gesellschaftliche Akzep­tanz und die drin­gend notwendi­ge Unter­stützung durch die Poli­tik.  Die Selb­sthil­fe­gruppe hat­te die Bun­destagsab­ge­ord­nete ein­ge­laden. Bor­chardt, die viele Jahre in ver­schiede­nen Führungspo­si­tio­nen bei ein­er Krankenkasse und zulet­zt als  Geschäfts­bere­ich­slei­t­erin Pflege bei einem sozialen Träger gear­beit­et hat, nahm die Ein­ladung zum Gespräch gerne an.

Der Grün­der der Selb­sthil­fe­gruppe, Rajko Sy, schilderte anfangs der Bun­destagsab­ge­ord­neten seine per­sön­liche Geschichte. Geboren 1971 in Schw­erin, ist Sy ver­heiratet, Vater von drei Kindern und arbeit­et als Fahrer in ein­er Reha-Klinik. Seine Gewicht­sprob­leme ent­standen nach einem schw­eren Verkehrsun­fall, gefol­gt von Depres­sio­nen und unkon­trol­lierten Essat­tack­en. Nach langjähriger Auseinan­der­set­zung mit seinem Zus­tand und den damit ver­bun­de­nen gesund­heitlichen Fol­gen ließ er sich im Okto­ber 2020 als erster Patient in den Helios Kliniken Schw­erin ein­er Schlauch­ma­gen-Oper­a­tion unterziehen. Der Wun­sch, diesen Ein­griff vorzunehmen, reifte bei ihm über acht Jahre, in denen er auch seine Depres­sio­nen behan­deln ließ. „Diese Oper­a­tion hat mir geholfen, ein neues Leben zu begin­nen“, betonte Sy.

Die Selb­sthil­fe­gruppe bietet Betrof­fe­nen in der Region eine wichtige Plat­tform. Zu ihren Zie­len zählen offene Grup­penge­spräche, der Erfahrungsaus­tausch, auch über chirur­gis­che Maß­nah­men, und die Unter­stützung im Umgang mit Kos­ten­trägern wie Krankenkassen. Daneben organ­isiert die Gruppe Vorträge von Ärzten und Ther­a­peuten sowie gemein­same sportliche Aktiv­itäten. Rajko Sy betont, dass alle Betrof­fe­nen willkom­men sind, unab­hängig davon, ob sie eine Ther­a­pie oder eine chirur­gis­che Behand­lung anstreben.

Übergewicht endlich als schwere Krankheit anerkennen

Im Gespräch mit Simone Bor­chardt macht­en die Gesprächspart­ner der Selb­sthil­fe­gruppe deut­lich, dass Adi­posi­tas als schwere Krankheit anerkan­nt wer­den muss. Viele Men­schen, die an krankhaftem Übergewicht lei­den, haben bere­its eine lange Lei­dens­geschichte hin­ter sich, geprägt von Diäten und immer wiederkehren­den Gewicht­szu­nah­men. Sy schildert im Gespräch, dass viele Betrof­fene Schwierigkeit­en haben, ihr Gewicht­sprob­lem anzuerken­nen, und oft das Gefühl haben, allein mit ihrer Her­aus­forderung zu ste­hen. „Krankhaftes Übergewicht muss jedoch kein Schick­sal sein – es gibt Möglichkeit­en zur Hil­fe“, so das Faz­it. In den ver­gan­genen Jahren kon­nten sie bere­its viele Men­schen auf ihrem Weg begleit­en und ihnen Mut machen.

Krankenkassen sollen auch Folgebehandlungen übernehmen

Wichtig sei dabei auch die poli­tis­che Unter­stützung, ins­beson­dere bei der Anerken­nung und Finanzierung von Fol­ge­be­hand­lun­gen. Immer noch sei es eine große Hürde, das Wieder­her­stel­lung­sop­er­a­tio­nen, wie etwa Haut­straftun­gen nach ein­er Gewichtsab­nahme, von den Krankenkassen über­nom­men wer­den. Der oft enorme Hautüber­schuss nach ein­er Gewicht­sre­duk­tion ist für viele Betrof­fene nicht nur eine ästhetis­che Frage, son­dern beein­trächtigt auch die Leben­squal­ität erhe­blich. „Viele Men­schen trauen sich diesen Schritt nicht zu, weil sie wis­sen, dass sie danach mit den Fol­gekosten der Oper­a­tion allein daste­hen“, schildert Sy der Bun­destagsab­ge­ord­neten. Der Grün­der der Adi­posi­tas-Selb­sthil­fe­gruppe wün­scht sich deshalb, dass Haut­straf­fung­sop­er­a­tio­nen nach ein­er Gewicht­sre­duk­tion von den Krankenkassen als medi­zinisch notwendig anerkan­nt wer­den. Solche Ein­griffe wer­den derzeit oft als Schön­heit­sop­er­a­tio­nen bew­ertet und von den Krankenkassen nicht bezahlt.

Simone Bor­chardt äußerte Ver­ständ­nis für die Anliegen der Gruppe. „Die Krankenkassen scheuen die Kosten, aber langfristig gese­hen wäre es für das Gesund­heitssys­tem gün­stiger, kün­ftig umfassende Hil­fen anzu­bi­eten“, so die CDU-Bun­destagsab­ge­ord­nete. „Adi­posi­tas muss als Krankheit ernst genom­men wer­den“, betonte die CDU-Poli­tik­erin im Gespräch. „Wir müssen den Betrof­fe­nen die notwendi­ge Unter­stützung bieten, sowohl präven­tiv als auch im Krankheitsver­lauf“, so Bor­chardt. Sie ver­sprach, den Aus­tausch fortzuset­zen und sich für die Belange der Betrof­fe­nen in der Poli­tik stark zu machen.

Nicht nur gesundheitliche Aspekte berücksichtigen

Der Aus­tausch machte deut­lich, dass es nicht nur um die gesund­heitlichen Aspek­te geht, son­dern auch um psy­chol­o­gis­che Unter­stützung. Viele Betrof­fene lei­den unter den gesellschaftlichen Erwartun­gen und der Stig­ma­tisierung. Eine Teil­nehmerin berichtete von ihrer schwieri­gen Erfahrung mit Ärzten, die ihre Prob­leme lediglich auf psy­chis­che Ursachen reduzierten, ohne die kör­per­lichen Belas­tun­gen aus­re­ichend zu berück­sichti­gen.

Die Adi­posi­tas-Selb­sthil­fe­gruppe Schw­erin, die seit vier Jahren beste­ht, set­zt sich aktiv für eine bessere Unter­stützung von Betrof­fe­nen ein. Ihr Ziel ist es, Betrof­fe­nen aufzuzeigen, dass sie ver­schiedene Wege zur Gewicht­sre­duk­tion ein­schla­gen kön­nen, sei es durch Ernährung­sum­stel­lung, Sport oder chirur­gis­che Ein­griffe. Gemein­sam arbeit­en sie daran, die Leben­squal­ität von Men­schen mit Adi­posi­tas nach­haltig zu verbessern.

 

Gruppenabende der Adipositas Selbsthilfegruppe Schwerin

Die Selbsthilfegruppe trifft sich jeden ersten Freitag im Monat um 18 Uhr. Aktuelle Termine und Informationen finden Sie auf der Website https://shg-new-live.jimdosite.com/

Das nächste Treffen findet am 04.10.2024 statt.

 

 

 

 

 

 

 

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