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Intown-Blocks: Staatsanwaltschaft prüft Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten

Bei der Staatsanwaltschaft Schwerin ist gestern eine Anzeige gegen die Projekt Wohnen Schwerin GmbH eingegangen. Dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Intown Property Management GmbH, die als Vermieter

  • Veröffentlicht Juli 6, 2017

Schwerin, 06.07.2017 (red/sr). Bei der Staatsanwaltschaft Schwerin ist gestern eine Anzeige gegen die Projekt Wohnen Schwerin GmbH eingegangen. Dabei handelt es sich um eine Tochtergesellschaft der Intown Property Management GmbH, die als Vermieter der Intown-Blocks in Mueßer Holz und Krebsförden seit Wochen hier in Schwerin in der Kritik steht. 

Von Stefan Rochow

Wohnblock in der Keplerstraße 10 Foto: Mareike Diestel

Den Stein ins Rollen gebracht hat der Stadtvertreter Stefan Schmidt (Die Linke), der gestern die Staatsanwaltschaft über einen Vorfall informiert hatte, bei dem das Tochterunternehmen von Intown nicht nur völlig überhöhte Mietpreise verlangt, sondern mit offensichtlich sittenwidrigen Formulierungen im Mietvertrag Druck auf Mieter ausübt. Sauer ist der Schweriner Stadtvertreter vor allem auch deshalb, weil gerade erst in der vergangenen Woche das Unternehmen zu einer nichtöffentlichen Präsentation ihrer Sanierungspläne für die von ihnen von der WGS erworbenen Blocks eingeladen hatte. Die hier genannten Mietpreise scheinen nun nicht im Geringsten die Wirklichkeit bei Intown widerzuspiegeln. Für marode Bausubstanz wird schon heute den Mietern höchstmöglich in die Tasche gegriffen.

 

Durch Vertreter der Gesellschaft wurden damals drei verschiedene Stufen von Sanierungsvorhaben vorgestellt und diese mit erwarteten Ziel-Kaltmieten unterlegt. Diese sollen entsprechend der Eignung für die jeweiligen Immobilien in den kommenden zehn Jahren umgesetzt werden, dabei ging es um folgende Modelle:

 

Variante 1: Instandhaltung (Reparatur und Beseitigung der Mängel insbesondere Dach, Fassade, Austausch der technischen Anlagen)
Ziel-Kaltmiete: 4,50 €

 

Variante 2: Modernisierung (Dämmung der Fassade, Austausch der Fenster, Erneuerung Dach, Treppenhäuser, Bäder)
Ziel-Kaltmiete: 6,00 €

 

Variante 3: Sanierung (wie Variante 2 + Ergänzung von Aufzügen, Veränderung von Wohnungsquerschnitten und damit der Statik)
Ziel-Kaltmiete: 8,50 €

 

Höchstmiete für Schrottimmobilie

 

Nun ist ein von der  Intown Property Management GmbH unterzeichneter Mietvertrag (liegt der Redaktion vor) aufgetaucht, in welchem in dem für eine 31 Quadratmeter große in dem Block Keplerstraße 10 befindliche Einraumwohnung eine dem Höchstsatz für die Kosten der Unterkunft entsprechende Kaltmiete von 219,60 Euro vereinbart wird. Das ist eine Kaltmiete von 7,08 Euro pro Quardtratmeter für einen Block, in dem derzeit noch keine der drei vorgestellten Stufen umgesetzt oder auch nur geplant sind. Selbst die bereits mehrere Monate alten Brandschäden in dem Block sind bis heute nicht vollständig beseitigt.

 

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Weiter sieht der Vertrag eine sogenannte „unwiderrufliche Einverständniserklärung“ vor, in dem sich der Mieter  zur Übernahme und direkten Überweisung der Miete durch den Transferleistungsgeber als Bedingung für das Zustandekommen des Mietvertrages verpflichtet. Auch wenn diese Klausel rechtswidrig sein dürfte, lässt Sie doch – was die Geschäftsgebaren des Unternehmens aus Berlin betrifft – tief blicken. Durch die Klausel soll es dem Mieter möglichst schwer gemacht werden, seine ihm rechtlich zustehende Mietkürzung bei Mängeln in der Wohnung, auch durchsetzen zu können. Für Stefan Schmidt ist das Vorgehen der Vermieter ein weiterer Beleg dafür, dass seitens Intown  ganz offensichtlich Druck auf die Mieter ausgeübt werden soll.

 

Stadtvertreter Stefan Schmidt (Die Linke) hat Strafanzeige gegen Intown gestellt

Heute kommt der Ausschusses für Bildung, Sport und Soziales zu seiner Sitzung zusammen und die Fraktion der Linken möchte das Vorgehen nun zum Gegenstand der Beratungen machen. Konkret möchte die Fraktion eine erste Stellungnahme dazu, wie die Stadtverwaltung die vorliegenden Vorwürfe rechtlich bewertet. „Da aus den uns vorliegenden Informationen klar ersichtlich scheint, dass hier eine Notlage von Betroffenen ausgenutzt wird, es sich nach unserer Kenntnis nicht um einen Einzelfall handelt und im Rahmen des Möglichen der Transferleistungsgeber und damit die städtische Kasse im höchstmöglichen Maß belastet wird – und dies mindestens 60% über dem für solche Immobilien ortsüblichen Mieten – haben wir ebenso die Schweriner Staatsanwaltschaft gebeten, die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens insbesondere auch in Bezug auf §138 (Wucher) und §240 (Nötigung) des BGB sowie in Bezug auf die Bereicherung an Sozial-/Transferleistungen zu prüfen.“, sagt Stefan Schmidt.

 

Oberstaatsanwältin Claudia Lange, die Pressesprecherin der Staatsanwaltschaft Schwerin, hat gegenüber Schwerin Lokal den Eingang einer entsprechenden Prüfungsbitte bestätigt. Eine Bewertung möchte sie im Moment noch nicht abgeben. „Die Staatsanwaltschaft Schwerin prüft, ob zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für verfolgbare Straftaten vorliegen.“, so Lange.

 

WGS und Jobcenter wollen Mietern nun schnell helfen

 

Die WGS möchte die Mieter in den Intown-Blöcken nun unterstützen und ihnen im Rahmen ihrer Möglichkeiten Wohnraum zur Verfügung stellen. Auch das Jobcenter Schwerin wird hier einzelfallbezogen bei Umzügen in andere Wohnungen helfen, wenn die Mieter in unzumutbaren Wohnverhältnissen leben. In der Vergangenheit waren solche Umzüge immer abgelehnt worden. Oberbürgermeister Rico Badenschier hat über das soziale Netzwerk Facebook angekündigt, dass die Stadtspitze dieses Ergebnis heute Abend um 18.00 Uhr auf der Sitzung des Sozialausschuss der Schweriner Stadtvertretung mitteilen wird.  So schön diese Nachricht ist, kommt sie trotzdem recht spät.

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Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

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