Proteste und Spannung:
Schweriner Stadtvertretung trifft erste Entscheidungen
Die erste Sitzung der neugewählten Schweriner Stadtvertretung war geprägt von hitzigen Debatten, Protesten und entscheidenden Wahlen.
Am gestrigen Abend kam die neugewählte Schweriner Stadtvertretung zum ersten Mal nach der Kommunalwahl zusammen. Es ging vor allem um Wahlen, die an diesem Abend auf der Tagesordnung standen. Die große Frage, die gestern die Sitzung beherrschte: Wie viel Raum erhält die AfD, die bei der Kommunalwahl stärkste Kraft in der Stadt geworden ist, der man aber nach dem Willen der anderen Parteien weder einen Platz im Präsidium der Stadtvertretung, noch einen Vorsitz in einem der Aufsichtsräte der kommunalen Eigenbetriebe geben wollte. Darauf hatten sich die Fraktionsvorsitzenden auf einem gemeinsamen Treffen in der vergangenen Woche, unter Ausschluss der AfD, geeinigt.
Protest und Gegenprotest
Die ersten Proteste bildeten sich schon eine Stunde vor Sitzungsbeginn vor dem Rathaus. Dort trafen etwa 15 Anhänger der “Antifa Jugend Schwerin” auf Anhänger der AfD. Während die Antifagruppe gegen die AfD demonstrieren, wollten die AfD-Anhänger gegen die “Hinterzimmerpolitik” der übrigen Parteien in der Stadt demonstrieren.
Um 17 Uhr eröffnete der langjährige Stadtvertreter der Unabhängigen Bürger (UB) Rolf Steinmüller als der älteste Stadtvertreter die Sitzung und leitete die Wahl zum Stadtpräsidenten der Stadtvertretung ein.
War es bisher immer parlamentarische Gepflogenheit gewesen, dass die stärkste Stadtfraktion den Stadtpräsidenten stellt, sollte dieses Mal mit dieser Gepflogenheit gebrochen werden. Ein AfD-Stadtpräsident war für die anderen Fraktionen keine annehmbare Option. Neben dem AfD-Bundestagsabgeordneten, Leif-Erik Holm, standen gestern Abend der bisherige Stadtpräsident und CDU-Landtagsabgeordnete Sebastian Ehlers und der fraktionslose Stadtvertreter Heiko Steinmüller zur Wahl.
Sebastian Ehlers wird zum Stadtpräsidenten gewählt
Ehlers betonte in seiner Bewerbungsrede, dass es heute an den Stadtvertretern liegt, wer das höchste repräsentative Amt in der Stadt erhält. “Ich habe das Amt schon in den letzten fünf Jahren ausgeübt. Gerne würde ich es wieder machen”, so Ehlers. Zugleich machte der CDU-Politiker deutlich, dass er sein Amt, wie in den letzten Jahren auch, überparteilich ausüben wolle. Allerdings könne man von ihm als Stadtvertreter nicht erwarten, dass er sein Amt unpolitisch ausführe. “In turbulenten Zeiten geht es nun darum, die politische Mitte zu stärken”, betonte Ehlers.
Sein Gegenbewerber Leif-Erik Holm verwies in seiner Rede auf die 38.000 Wähler, die Anfang Juni die AfD in Schwerin gewählt hätten. “Hinter uns stehen 26 Prozent der Wähler in Schwerin”, so Holm. In der Stadt sollten sich alle Schwerinerinnen und Schweriner vertreten fühlen. “Ich kann gut verstehen, wenn Wähler sauer sind, dass 26 Prozent der Stadt hier ausgeschlossen werden”, machte Holm im Hinblick darauf deutlich, dass Absprachen an die Öffentlichkeit gekommen waren, dass man der AfD einen Platz im Stadtpräsidium verweigern möchte. Wenn die stärkste politische Kraft in Schwerin nicht im Präsidium vertreten sei, so sei das ein “Tiefschlag für die Demokratie“, betonte Holm.
Zum Schluss erinnerte der AfD-Bundestagsabgeordnete noch einmal auf die Zeit der Wende, die auch den 53-jährigen geprägt habe. “Es war eine Zeit des Aufbruchs, eine Zeit des Respekts. Wir müssen wieder mehr diskutieren, um das Beste für die Stadt herauszuholen”, so Holm. Die Wahl zum Stadtpräsidenten wäre eine gute Gelegenheit das auszudrücken.
Der dritte Kandidat, Heiko Steinmüller, verzichtete auf eine Bewerbungsrede.
Mit 20 Stimmen wählten die Stadtvertreter Sebastian Ehlers zum Stadtpräsidenten, wobei deutlich wurde, dass es offenbar Abweichler aus den eigenen Reihen gegeben hat. Rechnet man die Stimmen von CDU (9 Stimmen), SPD (8 Stimmen), Linke (5 Stimmen) und FDP/UB (5 Stimmen), die sich alle im Vorfeld für die Wahl Ehlers ausgesprochen hatten, zusammen, dann wären es 27 Stimmen gewesen. Sieben Stadtvertreter haben Sebastian Ehlers offenbar nicht ihre Stimme gegeben.
Leif-Erik Holm erhielt 14 Stimmen aus der Stadtvertretung. Da gestern elf statt zwölf AfD-Stadtvertreter anwesend waren, erhielt der AfD-Kandidat drei Stimmen von anderen Stadtvertretern.
Für eine Überraschung sorgte gestern auch der fraktionslose Kandidat Heiko Steinmüller, der insgesamt neun Stimmen erhielt.
Nach der Wahl des Stadtpräsidenten diskutierte die Stadtvertretung über die Hauptsatzung. CDU und Linke hatten in einem gemeinsamen Antrag zuvor beantragt, die Sitze in den Ausschüssen von bisher elf auf neun Sitze zu reduzieren. Das hatte im Vorfeld schon für Unmut gesorgt, da der Antrag als eine “Lex AfD” angesehen wurde. Statt drei AfD-Ausschussmitglieder hätte die Partei dann nur noch zwei Mitglieder in die Ausschüsse entsenden können. Weiter wären auch die fraktionslosen Stadtvertreter Anita Gröger und Heiko Steinmüller, die zuvor eine sogenannte Zählgemeinschaft eingegangen waren, in keinem Ausschuss mehr vertreten gewesen.
Es bleibt bei Elfer-Ausschüssen
Am Ende war es das klare Nein der SPD zu diesem Antrag, das eine Verkleinerung der Ausschüsse verhinderte. SPD-Fraktionsvorsitzende Mandy Pfeifer betonte zuvor, dass sich die SPD ganz klar für Elfer-Ausschüsse ausspricht. Diese würden das Wahlergebnis vom Juni “am besten in den Ausschüssen abbilden”. Weiter machte Pfeifer in Richtung AfD deutlich: “Wir haben keine Angst vor drei AfD-Stadtvertretern in den Ausschüssen.” Mit einer knappen Mehrheit von 22 zu 21 Stimmen, fand der Antrag der CDU und der Linken keine Zustimmung.
Im Anschluss fand die Wahl des ersten Stellvertreters des Stadtpräsidenten statt. Neben dem SPD-Stadtvertreter Daniel Meslien kandidierte der AfD-Stadtvertreter Justus Burgdorf.
Justus Burgdorf erhielt 19 Stimmen, während Daniel Meslien 21 Stimmen auf sich vereinen konnte. Es gab keine Enthaltungen. Aufgrund dieses Ergebnisses wurde Daniel Meslien von der SPD zum ersten Stellvertreter des Stadtpräsidenten gewählt.
Im Anschluss fand die Wahl des zweiten Stellvertreters des Stadtpräsidenten statt. Hier standen Cordula Manow von der Linken und erneut Justus Burgdorf von der AfD zur Wahl.
Cordula Manow konnte 27 Stimmen für sich gewinnen, während Justus Burgdorf 15 Stimmen erhielt. Auch bei dieser Wahl gab es keine Enthaltungen. Damit wurde Cordula Manow von der Linken zur zweiten Stellvertreterin des Stadtpräsidenten gewählt.
1 Comment
Die AfD sollte weiterhin mit viel Ruhe und sachlicher Argumentation die Unfairness hinnehmen. Ihre große Stunde kommt sicherlich noch, wenn in der Koalition gegen sie Dissonanzen über Sachfragen entstehen.
Joachim Datko – Ingenieur, Physiker
Ich bin für die Festung Europa als Schutz vor der massiven Einwanderung.