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Proteste und Spannung:
Schweriner Stadtvertretung trifft erste Entscheidungen

Die erste Sitzung der neugewählten Schweriner Stadtvertretung war geprägt von hitzigen Debatten, Protesten und entscheidenden Wahlen.

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  • Veröffentlicht Juli 9, 2024
Erste Sitzung der Schw­er­iner Stadtvertre­tung am 8. Juli 2024. Foto: Dario Rochow

Am gestri­gen Abend kam die neugewählte Schw­er­iner Stadtvertre­tung zum ersten Mal nach der Kom­mu­nal­wahl zusam­men. Es ging vor allem um Wahlen, die an diesem Abend auf der Tage­sor­d­nung standen. Die große Frage, die gestern die Sitzung beherrschte: Wie viel Raum erhält die AfD, die bei der Kom­mu­nal­wahl stärk­ste Kraft in der Stadt gewor­den ist, der man aber nach dem Willen der anderen Parteien wed­er einen Platz im Prä­sid­i­um der Stadtvertre­tung, noch einen Vor­sitz in einem der Auf­sicht­sräte der kom­mu­nalen Eigen­be­triebe geben wollte. Darauf hat­ten sich die Frak­tionsvor­sitzen­den auf einem gemein­samen Tre­f­fen in der ver­gan­genen Woche, unter Auss­chluss der AfD, geeinigt. 

Protest und Gegenprotest

Die ersten Proteste bilde­ten sich schon eine Stunde vor Sitzungs­be­ginn vor dem Rathaus. Dort trafen etwa 15 Anhänger der “Antifa Jugend Schw­erin” auf Anhänger der AfD. Während die Antifa­gruppe gegen die AfD demon­stri­eren, woll­ten die AfD-Anhänger gegen die “Hin­terz­im­mer­poli­tik” der übri­gen Parteien in der Stadt demon­stri­eren. 

AfD-Anhänger vor dem Rathaus. Foto: Dario Rochow

Um 17 Uhr eröffnete der langjährige Stadtvertreter der Unab­hängi­gen Bürg­er (UB)  Rolf Stein­müller als der älteste Stadtvertreter die Sitzung und leit­ete die Wahl zum Stadt­präsi­den­ten der Stadtvertre­tung ein. 

War es bish­er immer par­la­men­tarische Gepflo­gen­heit gewe­sen, dass die stärk­ste Stadt­frak­tion den Stadt­präsi­den­ten stellt, sollte dieses Mal mit dieser Gepflo­gen­heit gebrochen wer­den. Ein AfD-Stadt­präsi­dent war für die anderen Frak­tio­nen keine annehm­bare Option. Neben dem AfD-Bun­destagsab­ge­ord­neten, Leif-Erik Holm, standen gestern Abend der bish­erige Stadt­präsi­dent und CDU-Land­tagsab­ge­ord­nete Sebas­t­ian Ehlers und der frak­tion­slose Stadtvertreter Heiko Stein­müller zur Wahl.

Sebastian Ehlers wird zum Stadtpräsidenten gewählt

Ehlers betonte in sein­er Bewer­bungsrede, dass es heute an den Stadtvertretern liegt, wer das höch­ste repräsen­ta­tive Amt in der Stadt erhält. “Ich habe das Amt schon in den let­zten fünf Jahren aus­geübt. Gerne würde ich es wieder machen”, so Ehlers. Zugle­ich machte der CDU-Poli­tik­er deut­lich, dass er sein Amt, wie in den let­zten Jahren auch, über­parteilich ausüben wolle. Allerd­ings könne man von ihm als Stadtvertreter nicht erwarten, dass er sein Amt unpoli­tisch aus­führe. “In tur­bu­len­ten Zeit­en geht es nun darum, die poli­tis­che Mitte zu stärken”, betonte Ehlers. 

Sein Gegen­be­wer­ber Leif-Erik Holm ver­wies in sein­er Rede auf die 38.000 Wäh­ler, die Anfang Juni die AfD in Schw­erin gewählt hät­ten. “Hin­ter uns ste­hen 26 Prozent der Wäh­ler in Schw­erin”, so Holm. In der Stadt soll­ten sich alle Schw­er­iner­in­nen und Schw­er­iner vertreten fühlen. “Ich kann gut ver­ste­hen, wenn Wäh­ler sauer sind, dass 26 Prozent der Stadt hier aus­geschlossen wer­den”, machte Holm im Hin­blick darauf deut­lich, dass Absprachen an die Öffentlichkeit gekom­men waren, dass man der AfD einen Platz im Stadt­prä­sid­i­um ver­weigern möchte. Wenn die stärk­ste poli­tis­che Kraft in Schw­erin nicht im Prä­sid­i­um vertreten sei, so sei das ein “Tief­schlag für die Demokratie”, betonte Holm. 

Leif-Erik Holm in der Stadtvertre­tung. Foto: Dario Rochow

Zum Schluss erin­nerte der AfD-Bun­destagsab­ge­ord­nete noch ein­mal auf die Zeit der Wende, die auch den 53-jähri­gen geprägt habe. “Es war eine Zeit des Auf­bruchs, eine Zeit des Respek­ts. Wir müssen wieder  mehr disku­tieren, um das Beste für die Stadt her­auszu­holen”, so Holm. Die Wahl zum Stadt­präsi­den­ten wäre eine gute Gele­gen­heit das auszu­drück­en.

Der dritte Kan­di­dat, Heiko Stein­müller, verzichtete auf eine Bewer­bungsrede. 

Mit 20 Stim­men wählten die Stadtvertreter Sebas­t­ian Ehlers zum Stadt­präsi­den­ten, wobei deut­lich wurde, dass es offen­bar Abwe­ich­ler aus den eige­nen Rei­hen gegeben hat. Rech­net man die Stim­men von CDU (9 Stim­men), SPD (8 Stim­men), Linke (5 Stim­men) und FDP/UB (5 Stim­men), die sich alle im Vor­feld für die Wahl Ehlers aus­ge­sprochen hat­ten, zusam­men, dann wären es 27 Stim­men gewe­sen. Sieben Stadtvertreter haben Sebas­t­ian Ehlers offen­bar nicht ihre Stimme gegeben. 

Leif-Erik Holm erhielt 14 Stim­men aus der Stadtvertre­tung. Da gestern elf statt zwölf AfD-Stadtvertreter anwe­send waren, erhielt der AfD-Kan­di­dat drei Stim­men von anderen Stadtvertretern.

Für eine Über­raschung sorgte gestern auch der frak­tion­slose Kan­di­dat Heiko Stein­müller, der ins­ge­samt neun Stim­men erhielt. 

Heiko Stein­müller bei der Stim­ma­b­gabe. Foto: Dario Rochow

Nach der Wahl des Stadt­präsi­den­ten disku­tierte die Stadtvertre­tung über die Haupt­satzung. CDU und Linke hat­ten in einem gemein­samen Antrag zuvor beantragt, die Sitze in den Auss­chüssen von bish­er elf auf neun Sitze zu reduzieren. Das hat­te im Vor­feld schon für Unmut gesorgt, da der Antrag als eine “Lex AfD” ange­se­hen wurde. Statt drei AfD-Auss­chuss­mit­glieder hätte die Partei dann nur noch zwei Mit­glieder in die Auss­chüsse entsenden kön­nen. Weit­er wären auch die frak­tion­slosen Stadtvertreter Ani­ta Gröger und Heiko Stein­müller, die zuvor eine soge­nan­nte Zählge­mein­schaft einge­gan­gen waren, in keinem Auss­chuss mehr vertreten gewe­sen. 

Es bleibt bei Elfer-Ausschüssen

Am Ende war es das klare Nein der SPD zu diesem Antrag, das eine Verkleinerung der Auss­chüsse ver­hin­derte. SPD-Frak­tionsvor­sitzende Mandy Pfeifer betonte zuvor, dass sich die SPD ganz klar für  Elfer-Auss­chüsse ausspricht. Diese wür­den das Wahlergeb­nis vom Juni “am besten in den Auss­chüssen abbilden”. Weit­er machte Pfeifer in Rich­tung AfD deut­lich: “Wir haben keine Angst vor drei AfD-Stadtvertretern in den Auss­chüssen.” Mit ein­er knap­pen Mehrheit von 22 zu 21 Stim­men, fand der Antrag der CDU und der Linken keine Zus­tim­mung. 

Im Anschluss fand die Wahl des ersten Stel­lvertreters des Stadt­präsi­den­ten statt. Neben dem SPD-Stadtvertreter Daniel Mes­lien kan­di­dierte der AfD-Stadtvertreter Jus­tus Burgdorf.

Jus­tus Burgdorf erhielt 19 Stim­men, während Daniel Mes­lien 21 Stim­men auf sich vere­inen kon­nte. Es gab keine Enthal­tun­gen. Auf­grund dieses Ergeb­niss­es wurde Daniel Mes­lien von der SPD zum ersten Stel­lvertreter des Stadt­präsi­den­ten gewählt.

Das Prä­sid­i­um der Stadtvertre­tung: Stadt­präsi­dent Sebas­t­ian Ehlers (Mitte), 1.Stellvertreter Daniel Mes­lien (rechts), 2. Stel­lvertreterin Cor­du­la Manow (links) mit Ober­bürg­er­meis­ter Rico Baden­schi­er. Foto: Dario Rochow

Im Anschluss fand die Wahl des zweit­en Stel­lvertreters des Stadt­präsi­den­ten statt. Hier  standen Cor­du­la Manow von der Linken und erneut Jus­tus Burgdorf von der AfD zur Wahl.

Cor­du­la Manow kon­nte 27 Stim­men für sich gewin­nen, während Jus­tus Burgdorf 15 Stim­men erhielt. Auch bei dieser Wahl gab es keine Enthal­tun­gen. Damit wurde Cor­du­la Manow von der Linken zur zweit­en Stel­lvertreterin des Stadt­präsi­den­ten gewählt.