Offener Brief aus der Wirtschaft:
„Nicht nur an der Steuerschraube drehen“ – Unternehmerverband richtet Appell an Stadtvertretung
In einem offenen Brief warnt der Unternehmerverband Schwerin vor Steuererhöhungen und fordert die Stadt auf, Einsparpotenziale zu prüfen und den Standort wirtschaftlich zu stärken.

In einem offenen Brief hat sich die Regionalleitung Schwerin des Unternehmerverbandes Norddeutschland Mecklenburg-Schwerin e.V. eindringlich an die Stadtvertretung gewandt. Hintergrund sind die laufenden Haushaltsberatungen der Stadt sowie die Forderung des Innenministeriums, alle Ertrags- und Einzahlungsmöglichkeiten voll auszuschöpfen. Der Verband fordert jedoch eindringlich, „bei der Konsolidierung des städtischen Haushalts nicht nur auf Steuer- und Abgabenerhöhungen zu setzen“.
Regionalleiterin Monika Brüning warnt davor, die angespannte Finanzlage der Stadt vorrangig durch höhere Belastungen für Bürger und Unternehmen lösen zu wollen. In dem Schreiben heißt es: „Die geplanten und bereits diskutierten Anhebungen der Grundsteuer und der Gewerbesteuer und weiterer kommunaler Abgaben stellen eine erhebliche zusätzliche Belastung für Bürgerinnen und Bürger sowie ortsansässige Unternehmen dar.“ Zudem entstünden daraus „ein Wettbewerbsnachteil gegenüber benachbarten Gemeinden“.
Sparen statt belasten: Forderung nach effizienterer Haushaltsführung
Der Unternehmerverband stellt klar, dass ein ausgeglichener Haushalt zwar notwendig sei, aber andere Wege zur Konsolidierung nicht außer Acht gelassen werden dürften. „Wir fordern daher auf, dass seitens der Verwaltung weitere Maßnahmen zur Verbesserung der Ausgaben- sowie Einnahmesituation geprüft und wenn möglich, umgesetzt werden“, so Brüning weiter.
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Zu den konkreten Vorschlägen gehört unter anderem eine umfassende Effizienzsteigerung in der Verwaltung und bei städtischen Beteiligungen. „Strukturen und Prozesse sind konsequent auf Wirtschaftlichkeit, Synergien und Digitalisierungspotenzial hin zu analysieren und zu optimieren“, heißt es im Schreiben. Auch auf der Ausgabenseite sieht der Verband Handlungsbedarf und kritisiert mangelnde Transparenz: „Wir vermissen Bemühungen und Ansätze, die Einsparpotenziale auf der Ausgabenseite im Haushalt aufzeigen, insbesondere im Rahmen der Personalkosten.“
Ein weiterer Punkt ist das Einnahmemanagement der Stadt. Rückstände bei städtischen Forderungen müssten abgebaut und städtische Vermögenswerte wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt werden.
Standortpolitik statt Steuerdruck
Zusätzlich fordert der Verband eine stärkere Ausrichtung auf wirtschaftspolitische Maßnahmen und Standortentwicklung. Kritisch heißt es dazu: „Auch hiesige Unternehmer und Unternehmerinnen haben Investitionspläne und Interesse an Gewerbeflächen, die jedoch wenig Gehör in der Stadtverwaltung finden bzw. mit ihren Investitionsplänen nicht vorankommen.“
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Besonders kritisch betrachtet der Verband die geplante Erhöhung des Gewerbesteuerhebesatzes. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten sei dies das falsche Signal: „Inmitten der aktuellen Wirtschaftslage und des bereits vorhandenen immensen Kostendrucks in den Unternehmen kann jede weitere Belastung zur Gefahr werden.“ Stattdessen solle ein stabiler Hebesatz Vertrauen in die Wirtschaftspolitik der Stadt schaffen. „Beispiele aus anderen Kommunen zeigen, dass die Senkung der Gewerbesteuer langfristig zur Erhöhung der Einnahmen führte.“
Fördermittel als Chance – Steuererhöhungen als letztes Mittel
Schließlich fordert der Unternehmerverband eine aktivere Nutzung von Fördermitteln aus Landes‑, Bundes- und EU-Programmen, vor allem für Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Klimaschutz.
Abschließend warnt Monika Brüning: „Steuererhöhungen dürfen auch bei einem defizitären Haushalt nur das letzte Mittel sein – nicht der erste Reflex.“ Die bereits umgesetzte Erhöhung der Bettensteuer habe gezeigt, wie sehr einzelne Branchen darunter leiden können. Nun sei es an der Stadtvertretung, ihre Handlungsspielräume verantwortlich zu nutzen, um Schwerin als Wirtschaftsstandort zu sichern und weiterzuentwickeln.