Sa, 20. April 2024
Close

Unerwünschtes Schrifttums oder Entnazifizierung der Bibliotheken

Bei Facebook haben wir den nachstehenden Beitrag von Jens-Uwe Rost aus dem Stadtarchivs Schwerin aufgegabelt. Es geht um die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als in Schwerin auch in den

  • Veröffentlicht Dezember 13, 2013
Bild: Stadtarchiv Schwerin.
Bild: Stadtarchiv Schwerin.

Bei Facebook haben wir den nachstehenden Beitrag von Jens-Uwe Rost aus dem Stadtarchivs Schwerin aufgegabelt. Es geht um die Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg, als in Schwerin auch in den Bibliotheken die Zeit der Entnazifizierung begann. Erstaunlich. Auch kommunistische Klassiker wie Marx und Engels wurden aussortiert:

„Hier seht ihr, dass mit Ende des Zweiten Weltkrieges nicht nur die Entnazifizierung des deutschen Volkes, sondern auch der Bücher begann. Die „Entnazifizierung“ der Bücher erfolgte gemäß Kontrollratsgesetz und eines SMAD-Befehles. Um dem öffentlichen Lesekreis wieder zugänglich zu sein, musste eine beim Kulturamt angesiedelte Kommission, alle Bücher prüfen und die „sauberen“ mit einem Stempel versehen.

Die Kommission zur Bereinigung der Büchereien setzte sich aus Mitgliedern der Parteien und Massenorganisationen zusammen und entschied, ob Bücher eingestampft, zeitweilig aus dem Verkehr genommen oder nur teilweise geschwärzt oder überklebt wurden. Bis September 1945 entfernte die Schweriner Kommission innerhalb von fünf Wochen 9.581 Bücher aus Buchhandlungen und Bibliotheken.

Dass die sowjetische Seite mit Argusaugen wachte, zeigte ein Befehl des Schwerins Militärkommandanten, wonach einige Buchhändler und Büchereibesitzer wegen der Führung nazistischer und militaristischer Literatur eine Geldstrafe erhielten. So wurde die Buchhandlung Olters mit einer Geldstrafe von 2.500 Mark belegt, da unter ihren 18.000 Exemplaren 50 mit unerwünschtem Inhalt waren. 1948 fielen dann sogar kommunistische Klassiker wie Marx und Engels den Säuberungen zum Opfer, da deren Verleger u.a. Bucharin oder Trotzki in Ungnade gefallen waren.

1950 ordnete das Ministerium für Volksbildung nochmals eine Überprüfung der Buchbestände an. Selbst die Landesbibliothek blieb von den Säuberungen nicht verschont. Im Juni 1949 fand eine Revision mit dem Ergebnis statt, dass man dem Direktor Dr. Wilhelm Heeß schwere Fehlentscheidungen vorwarf. Er verteidigte sich mit der Gedankenfreiheit, was ihn kurze Zeit später die Entlassung einbrachte.“

Written By
Redaktion

der digitalen Tageszeitung Schwerin-Lokal. Kontakt: redaktion@schwerin-lokal.de

Kommentiere den Beitrag

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert